Das Welterbekomitee der UNESCO hat im Jahr 2024 zahlreiche neue Kulturstätten in die Liste des Welterbes aufgenommen. Diese Stätten bieten wertvolle Einblicke in die Geschichte und Kultur verschiedener Regionen und Völker. Die Bandbreite der Neuaufnahmen reicht von antiken Städten über religiöse Stätten bis hin zu modernen Kunstwerken. Eine Übersicht der bedeutendsten neuen Weltkulturstätten weltweit.
Afrika: Tradition und Architektur im Wandel der Zeit
In Afrika wurde der Königshof von Tiébélé in Burkina Faso ausgezeichnet, der für seine kunstvoll verzierten Lehmhäuser und die einzigartige Sozialarchitektur der Kassena bekannt ist. Diese traditionelle Siedlungsform spiegelt die kulturelle Identität und Lebensweise dieser Bevölkerungsgruppe wider. Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel afrikanischer Geschichte ist die Ruinenstadt Gedi an der Ostküste Kenias, ein bedeutendes Zeugnis der Swahili–Kultur. Zwischen dem 10. und 17. Jahrhundert blühte die Stadt als Teil eines ausgedehnten Handelsnetzes im Indischen Ozean.
Naher Osten: Antike Städte und bedrohtes Erbe
Im Nahen Osten wurde die antike Stätte Hegmataneh im Iran als Welterbe anerkannt. Die Stadt blickt auf eine mehr als 3.000–jährige Geschichte zurück und war ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und kulturellen Austausch im persischen Reich. Eine weitere Neuaufnahme in der Region ist das Hilarion–Kloster im Gazastreifen, das durch den anhaltenden Konflikt bedroht ist. Diese frühchristliche Stätte wurde aufgrund ihrer historischen Bedeutung und der aktuellen Bedrohung in die Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen.
In Jordanien wurde die antike Siedlung Umm Al–Jimāl ausgezeichnet, die ein wertvolles Zeugnis römischer und byzantinischer Architektur in der Region Hauran darstellt. Die gut erhaltenen Ruinen geben Einblick in das Leben und die Architektur einer ländlichen Siedlung der Antike.
Asien: Archäologische Schätze und beeindruckende Ingenieurskunst
Auch China und Indien, Länder mit einer reichen Geschichte und Kultur, wurden in die Welterbeliste aufgenommen. Die zentrale Achse Pekings, die sich von der Verbotenen Stadt bis zum Platz des Himmlischen Friedens erstreckt, ist ein bedeutendes Beispiel konfuzianischer Stadtplanung. Sie symbolisiert das Ideal von Symmetrie und Harmonie, das die chinesische Architektur seit Jahrhunderten prägt.
Im Nordosten Indiens wurden die Moidams, die Grabhügel der Ahom–Dynastie, als bedeutendes Kulturerbe anerkannt. Diese Grabhügel sind nicht nur Ausdruck einer einzigartigen Bestattungstradition, sondern auch ein Beispiel für die harmonische Einbettung von Grabstätten in die natürliche Umgebung.
Japan verzeichnet mit den Goldminen auf der Insel Sado eine weitere bedeutende Aufnahme in die Liste des UNESCO–Welterbes. Die Stätte spiegelt die Entwicklung des japanischen Goldabbaus vom 12. bis ins 20. Jahrhundert wider. Besonders brisant ist die Zusage Japans, die Geschichte der Zwangsarbeit koreanischer Arbeiter in diesen Minen während der Kolonialzeit aufzuarbeiten.
In Malaysia wurde der Höhlenkomplex des Niah Nationalparks als Welterbe anerkannt. Archäologische Funde, die bis zu 50.000 Jahre alt sind, geben wertvolle Einblicke in die prähistorische Besiedlung Südostasiens.
Europa: Historische Architektur und künstlerische Meisterwerke
Auch Europa ist in der Liste der neuen Welterbestätten stark vertreten. In Deutschland wurde das Residenzensemble Schwerin in Mecklenburg–Vorpommern ausgezeichnet. Das Ensemble mit dem Schweriner Schloss und weiteren bedeutenden Bauten gilt als herausragendes Beispiel des Historismus und spiegelt die Architektur des 19. Jahrhunderts in Deutschland wider. Auch die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine, die sich länderübergreifend in Dänemark, Deutschland, den USA und Grossbritannien befinden, wurden von der UNESCO als Welterbe anerkannt. Diese Siedlungen repräsentieren die Ideale der Religionsgemeinschaft durch eine schlichte und funktionale Architektur.
In Italien wurde die Via Appia, eine der wichtigsten Strassen des Römischen Reiches, in die Liste aufgenommen. Diese wichtige Handels– und Militärstrasse führt von Rom nach Brindisi und zeugt von der Ingenieurskunst und dem Einfluss der Römer im Mittelmeerraum.
Rumänien verzeichnet zwei Neuzugänge. Zum einen wurden die Grenzen des Römischen Reiches in Dakien, dem Gebiet des ehemaligen Römischen Reiches nördlich der Donau, ausgezeichnet. Zum anderen wurde mit dem Brâncusi–Skulpturenensemble in Târgu Jiu ein herausragendes Werk der modernen Kunst in die Welterbeliste aufgenommen. Die Skulpturen des Künstlers Constantin Brâncuși gelten als Meilensteine der öffentlichen Kunst im 20. Jahrhundert.
Südafrika: Vermächtnis des modernen Menschen und des Kampfes gegen die Apartheid
Auch in Südafrika wurden zwei neue Stätten in die UNESCO–Liste aufgenommen. Zum einen handelt es sich um archäologische Stätten, die den Übergang vom frühen Menschen zum modernen Verhalten dokumentieren. In Höhlen wie dem Diepkloof Rock Shelter wurden bis zu 162.000 Jahre alte Zeugnisse der Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Technologien gefunden. Zum anderen würdigt die UNESCO Stätten, die eng mit dem Leben und Vermächtnis von Nelson Mandela (1918–2013) verbunden sind. Orte wie der Constitution Hill in Johannesburg, ein ehemaliger Gefängniskomplex, erinnern an den Kampf gegen die Apartheid und die Versöhnungsarbeit nach deren Ende.
Von Thailand bis Saudi–Arabien: Noch mehr religiöse Tradition und Kulturlandschaften
In Thailand wurde die Kulturlandschaft von Phu Phrabat als Weltkulturerbe anerkannt. Hier befinden sich die weltweit bedeutendsten Sammlungen von Sīma–Steinen, die in der buddhistischen Tradition zur Markierung heiliger Gebiete verwendet werden. Die Stätte geht auf die Dvaravati–Periode zurück und spiegelt die religiöse und kulturelle Geschichte des Landes wider.
In Saudi–Arabien wurde die Kulturlandschaft von Al–Faw ausgezeichnet. Die archäologische Stätte zeigt die Besiedlungsgeschichte der Region von der Steinzeit bis in die späte vorislamische Zeit und zeugt von einer hochentwickelten Oasenwirtschaft.
Auch in der Russischen Föderation wurde mit der Kulturlandschaft am Kenosero–See eine weitere Region ausgezeichnet. Diese ländliche Region im Nordwesten Russlands ist geprägt von volkstümlicher Holzarchitektur, die seit dem 12. Jahrhundert bewahrt wird.