Eine schlichte schwarze Marmorplatte, darauf die Inschriften «Elizabeth II. 1926-2022» und «Philip 1921-2021». So sieht also der endgültige Schlusspunkt einer der grössten Liebesgeschichten des 20./21. Jahrhunderts aus.
Hier in der königlichen Gruft der St.-Georgs-Kapelle von Schloss Windsor wurden die Königin von England und ihr Prinzgemahl, der Herzog von Edinburgh, zur letzten Ruhe gebettet und im Tod wiedervereint. Am 20. November feiern Millionen königstreuer Engländer den 75. Hochzeitstag des Paares.
Schon als 13-Jährige verliebt
Dass sich die Begegnung dieser beiden Menschen zu einer königlichen Lovestory entwickeln konnte, ist einer anderen epochalen Liebesgeschichte zu verdanken: Elizabeths Onkel König Edward VIII. (1894-1972) verliebte sich 1936 in die zweifach geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson (1896-1986). Eine Hochzeit war nicht möglich, weil Edward als Oberhaupt der anglikanischen Kirche eine Ehe mit einer geschiedenen Partnerin untersagt war. Edward dankte nach nur elf Monaten Amtszeit zugunsten seiner Liebe ab, Elizabeths Vater wurde neuer König, seine älteste Tochter Kronprinzessin.
1934 sah die damals achtjährige Elizabeth bei einer Hochzeit zum ersten Mal Philip, ihren fünf Jahre älteren Cousin dritten Grades. Da waren beide noch Kinder.
Fünf Jahre später muss es dann gefunkt haben, zumindest bei der mittlerweile 13-jährigen Elizabeth. Sie besuchte mit der Familie das Royal Naval College, der Marine-Kadett Philip war zur Bespassung der Damenriege - die Königsgemahlin Elizabeth (1900-2002) und die beiden Prinzessinnen Elizabeth und Margaret (1930-2002) - abkommandiert. Elizabeth hat sich angeblich sofort in ihn verliebt, er blieb zurückhaltend, immerhin begannen die beiden eine Brieffreundschaft.
Bedenken unter den Royals
Inzwischen hat der Zweite Weltkrieg begonnen, Philip dient als Offizier in der Royal Navy. Beim Briefwechsel mit der Kronprinzessin wird auch er sich seiner Liebe bewusst. In einem Brief beschreibt er sein «intensives Glücksgefühl» und stellt die Frage, ob er «all die guten Dinge verdient habe», die ihm passiert seien, insbesondere «sich völlig und vorbehaltlos verliebt zu haben»?
König George VI. (1865-1952) mag den gutaussehenden jungen Mann, den sich seine Tochter ausgesucht hat. Elizabeths Mutter hingegen hat wie weite Teile der britischen Aristokratie Bedenken: Für sie ist Philip ein vermögens- und heimatloser Habenichts mit einer abenteuerlichen Vorgeschichte, der zudem eine «deutsche Vergangenheit» hat.
Er entstammt zwar den königlichen Familien Griechenlands und Dänemarks und wurde auf Schloss Mon Repos auf Korfu geboren, doch seine Mutter Alice von Battenberg (1885-1969) war auch Deutsche, sein Vater, Andreas von Griechenland (1882-1944) kam aus dem deutschen Adelshaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, einer Seitenlinie des Hochadelsgeschlechts Oldenburg, das mit griechischen, dänischen und norwegischen Herrscherdynastien sowie mit der russischen Zarenfamilie Romanow verwandt war. Nach einem Militärputsch verlässt Philips Familie Griechenland und zieht nach Frankreich, das heisst der Vater wohnt mit einer Geliebten in Monte Carlo, die Mutter lebt mit den Kindern (Philip und seine vier älteren Schwestern Margarita, Theodora, Cecilia und Sophie) in Paris.
Philips Mutter wird psychisch krank. Der Vater will den Jungen nicht bei sich aufnehmen, das Kind kommt zu Verwandten nach Deutschland und besucht das Internat Schloss Salem. 1933 wird Philip nach der Machtübernahme der Nazis nach England geschickt. Seine vier Schwestern bleiben in Deutschland und heiraten deutsche Adelige, die sich teilweise bei den Nazis engagieren. So ist Sophies Mann SS-Oberführer.
Hochzeit 1947
Diese Umstände machen sich nicht gut in der Vita eines künftigen Gemahls der künftigen Königin von England. Andererseits hat der Prinz von Griechenland und Dänemark während des Zweiten Weltkriegs auf dem englischen Schlachtschiff HMS Valiant tapfer gegen die Deutschen gekämpft. Für Elizabeth verzichtet Philip 1947 auf seinen Titel «Prinz von Griechenland und Dänemark», er ändert seinen Nachnamen Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und nennt sich nach seiner Mutter Battenberg, allerdings in der englischen Version: Mountbatten. Und er nimmt die englische Staatsangehörigkeit an.
Am 9. Juli 1947 geben Elizabeth und Philip, der neben Englisch auch fliessend Deutsch und Französisch spricht, ihre Verlobung bekannt. Und am 20. November 1947 wird das Paar in der Londoner Westminster Abbey getraut. Bei der Zeremonie liefert die Kronprinzessin ihrem Bräutigam einen besonderen Liebesbeweis: Sie verspricht Philip feierlich, ihm als Ehefrau «zu gehorchen», was etliche Höflinge geradezu entsetzt, weil eine Monarchin niemand verpflichtet sein darf. Doch Elizabeth will mit dem Versprechen «ihre Hingabe an ihren Ehepartner und ihr Wohlempfinden mit den traditionellen Pflichten als Ehefrau» («Time») klarstellen.
Sie weiss, dass diese Ehe Philip viel mehr abverlangen wird. Da ist das Rauchverbot nur das Geringste. Elizabeths Vater ist Kettenraucher und leidet an Lungenkrebs. Deshalb verlangt sie von Philip, der täglich eine Schachtel Zigaretten konsumiert haben soll, das Rauchen aufzugeben. Er fügt sich.
Kinder tragen ihren Namen
Wesentlich schlimmer ist für ihn ihre Verfügung, dass ihre Kinder nicht Mountbatten, sondern nach ihr Windsor heissen. «Ich bin der einzige Mann, der seinen Namen nicht an die eigenen Kinder weitergeben darf», schimpft er angeblich unter Freunden. 1948 verkünden Böllerschüsse die Geburt von Prinz Charles (74), keine zwei Jahre später kommt seine Schwester Prinzessin Anne (72) zur Welt. Philip soll auf Dinnerpartys zum Besten geben, seine Frau lasse ihn «kaum noch aus dem Bett». Später freut sich das Paar noch über die Söhne Prinz Andrew (62) und Prinz Edward (58).
Das Ehepaar lebt zunächst auf Malta, wo Philip stationiert ist. Elizabeth gibt in der Villa Guardamangia die pflichtbewusste Offiziersgattin. Es heisst, dass diese zwei Jahre (1949-1951) die glücklichste Zeit in ihrer Ehe sind. 1952 geht es zurück nach England: Elizabeths Vater ist seinem Krebsleiden erlegen, sie wird Königin - und damit ändert sich auch für Philip alles.
Der Platz dieses stolzen Mannes wird 69 Jahre lang bis zu seinem Tod am 9. April 2021 zwei Schritte hinter seiner Frau sein. Erniedrigt fühlt er sich nicht, im Gegenteil: Philip entwickelt aus dieser ihm zugewiesenen Position, die auch seiner bedingungslosen Loyalität gegenüber seiner Frau und Königin entspricht, eine respektable Haltung, für die ihn England verehrt.
Zuhause hatte er das Sagen
Wesentlich schwerer dürfte ihm der Verzicht auf eine weitere Karriere in der Marine gefallen sein, denn die Royal Navy ist für ihn wie ein Zuhause. Auch seine Söhne Charles, Andrew und Edward müssen nach den Vorstellungen des Vaters in der Marine dienen, lediglich Prinz Edward bricht seine Ausbildung bei den Royal Marines vorzeitig ab, was Philip sehr verstimmt haben soll.
In den königlichen Privatgemächern des Buckingham Palasts - und nur dort! - gilt Philip als Familienoberhaupt. Er bestimmt die Erziehung der Söhne, er sagt unumwunden seine Meinung, er frozzelt die Queen mit Kosenamen wie «Cabbage» (Kohlkopf) oder «Sausage» (Würstchen).
In einer so langen Ehe gibt es natürlich nicht nur Höhen. Boulevardblätter wie der britische «Express» berichteten etwa von einem Vorfall, bei dem eine «wütende» Queen einen Tennisschläger und Schuhe ihrem Mann hinterhergeworfen haben soll.
Zu den Gerüchten über angebliche Seitensprünge sagte Philip seinem Biografen Gyles Brandreth: «Wie hätte ich das anstellen sollen? Seit 1947 folgt mir Tag und Nacht ein Sicherheitsbeamter.»
«Mein Fels in all den Jahren»
Zärtliche Liebesbeweise haben die beiden der Öffentlichkeit nie geliefert. Dagegen sah man oft ein verschwörerisches Lächeln der Queen, wenn sie ihren Mann anblickte. «Er bringt sie zum Lachen mit einigen der Dinge, die er sagt, und wie er sie sagt und auf das Leben schaut», verriet ihr Enkel Prinz William (40) vor Jahren.
«Philip ist ganz einfach meine Stärke und mein Fels in all den Jahren», sagte Elizabeth zu ihrer Goldenen Hochzeit. «Ich selber, meine Familie und viele Länder schulden ihm eine grössere Dankesschuld, als er je für sich reklamieren würde oder wir je begreifen können.»
Und ihr kantiger Gemahl, der sich nur ungern von anderen was sagen liess, aber seiner Frau stets ein verlässlicher Partner war, sagte, er habe seine wichtigste Aufgabe als Ehemann der Königin stets darin gesehen, «ihr zu dienen, so gut ich konnte». So wurde Philip zum engsten Vertrauten der Königin, mehr noch: zu ihrem Lebensmenschen. Als er 2021 starb, sah Elizabeth auf einmal einsam und zerbrechlich aus. 17 Monate später ist sie der Liebe ihres Lebens gefolgt.