Google feiert mit seinem Pixel Fold eine Foldable-Premiere mit Ups and Downs. In fast allen der üblichen Bewertungskriterien für Smartphones haben die Android-Macher bereits unter Beweis gestellt, dass sie es ein kleines bisschen besser können. So entsteht, gemessen am Flaggschiff Pixel 7 Pro, immer wieder der Eindruck, dass man für den stolzen Preis mehr erwarten könnte. Der Test verrät, warum das Pixel Fold trotzdem ein tolles Stück Technik ist.
Dass sich der Markt für faltbare Smartphones diversifiziert, ist eine gute Voraussetzung dafür, dass irgendwann auch die Preise nachgeben. Denn aktuell sind die faltbaren Flip- und Foldable-Geräte im Vergleich zu herkömmlichen Smartphones sehr teuer. Google steigt in Deutschland mit dem Pixel Fold zu einem Preis von 1.899 Euro (256 GB Speicher; die Variante mit 512 GB Speicher kostet 2.019 Euro) ein und liegt damit in etwa auf Augenhöhe mit dem Konkurrenten Galaxy Z Fold 4 von Samsung (derzeit ab 1.529 Euro). Zu nennen ist auch das äusserst vielversprechende, aber in Europa nur über Umwege mit Apps versorgbare Mate X3 von Huawei, das bei etwas mehr als 2.000 Euro einsteigt.
Solche für Smartphones ungewöhnlich hohen Preise erzeugen in ihren Besitzern eine gewisse Erwartungshaltung. Diese bedient Google mit dem Pixel Fold an mehreren Stellen gekonnt. Besonderes Lob verdienen der im Power-Button platzierte und äusserst präzise Fingerabdruck-Sensor sowie das innovative Scharnier, das es erlaubt, das Gerät bündig zu schliessen. Samsung hatte dies in seinen ersten vier Foldable-Generationen nicht hinbekommen, in geschlossenem Zustand bildete sich am Falz immer eine kleine Lücke. Das Pixel Fold macht vor, wie es geht und punktet zusätzlich damit, dass sich das Scharnier stufenlos bis zum völlig geöffneten Zustand in jedem Winkel positionieren lässt. Wer möchte, kann das Gerät dadurch sogar als eine Art Micro-Laptop benutzen, bei dem die eine Bildschirmhälfte die Tastatur und die andere die entsprechende Office-App ist.
Im Handumdrehen vom Smartphone zum Tablet oder Micro-Laptop
Im Inneren wartet ein 7,6 Zoll grosses Display mit einer Auflösung von 1.840 x 2.208 Pixeln und einer Bildwiederholfrequenz von 120 Hz. In aufgeklapptem Zustand wirken die 283 Gramm Gewicht überzeugend ausbalanciert und die Dicke von lediglich 5,8 Millimetern stünde auch vielen regulären Smartphones gut zu Gesicht. Darin verbaut ist unter anderem ein rund 4.800 mAh grosser Akku, der insbesondere dann für den ganzen Tag reicht, wenn nach etwa zehn Tagen die Batterieoptimierung von Android zu greifen beginnt. Der Falz in der Mitte des Screens ist zwar wahrnehmbar, fällt aber vergleichbar mit der Konkurrenz aus. Spürbar mehr ins Gewicht fällt, dass das Pixel Fold nicht mit Stylus-Stiften kompatibel und in Sachen Multitasking bei zwei Anwendungen im Splitscreen das Maximum erreicht ist.
Letzteres dürfte wohl damit zusammenhängen, dass Google sich für seinen Tensor-Chip der zweiten Generation als Prozessor entschieden hat. Der liefert zusammen mit den zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher zwar in aller Regel butterweiche Ergebnisse und hat auch mit anspruchsvollen Aufgaben, wie dem Streamen eines HD-Videos in der einen und dem Spielen eines anspruchsvollen Games in der anderen Bildschirmhälfte, keine Schwierigkeiten. Weil aber Googles dritte Prozessorgeneration bereits in den Startlöchern steht, hatten einige darauf gehofft, den Tensor G3 bereits früher als mit dem voraussichtlich im Oktober anstehenden Pixel 8 erleben zu können.
In Sachen Design ist das Pixel Fold ein Spitzen-Newcomer
Schliesst man das Pixel Fold, sollte man auf jeden Fall darauf achten, nicht aus Versehen etwas einzuklemmen. Die Plastikoberfläche des inneren Displays wirkt im Vergleich zum Rest des Geräts am verletzbarsten, insbesondere in Sachen Kratzer und Druckstellen. Wesentlich robuster ist dagegen der äussere Bildschirm: Das von Gorilla Glas Victus geschützte 5,8 Zoll grosse und mit 1.080 x 2.092 Pixeln auflösende Cover-Display ist breit genug, um auch in geschlossenem Zustand zu einer regulären Smartphone-Nutzung einzuladen. Hier hebt sich das Pixel Fold auch am deutlichsten von der Konkurrenz ab: Der von Google angebotene Formfaktor erfuhr bereits, zu Recht, viel Lob und dürfte Massstäbe für die Zukunft faltbarer Smartphones setzen.
Wichtig ausserdem: die Kameras. Insgesamt fünf Stück hat Google im Pixel Fold untergebracht. Drei stecken in der Pixel-typischen Haupt-Kameraleiste auf der Rückseite des Geräts: eine 48-Megapixel-Hauptkamera, eine 10,8-Megapixel-Tele- sowie eine 10,8-Megapixel-Weitwinkelkamera. Sie alle liefern, unterstützt durch Googles nach wie vor sehr starken Fotoalgorithmus, ebenso überzeugende Ergebnisse wie die beiden Selfie-Kameras unter dem Cover-Display (9,5 Megapixel) sowie im Rahmen des inneren Bildschirms (8 Megapixel). Äusserst praktisch ist die Foldables vorenthaltene Möglichkeit, das Gerät aufzuklappen, umzudrehen und so die 48-MP-Hauptkamera für Selfies zu nutzen.
Fazit
Das Pixel Fold macht bei Design und Software-Erfahrung vieles richtig. Die hochwertige Verarbeitung und die bereits vorhandene Foldable-Optimierung einiger Apps bereitet in der Anwendung schlicht und ergreifend viel Freude. Insbesondere im Arbeitskontext sind die Multitasking-Fähigkeiten im Tablet-Format eine grosse Erleichterung. Allerdings dürften manche Besitzer trotzdem mit dem Gefühl zurückbleiben, dass für den stolzen Preis an der ein oder anderen Stelle etwas mehr drin gewesen wäre. Teils hat Google dies bereits an seinen eigenen Geräten bewiesen.
So lässt sich das Pixel Fold zwar kabellos laden, doch die in der aktuellen Pixel-7-Serie enthaltene Funktion, kabellos Strom zur Verfügung zu stellen, fehlt im neuesten Gerät des Pixel-Line-ups. Ähnliches gilt für die nicht vorhandene Makrofunktion der Kameras oder die fehlende Kompatibilität zu Stylus-Stiften. Was Google davon bis zur zweiten Generation als Software-Update nachreicht bzw. nachreichen kann, bleibt derzeit abzuwarten. Bis dahin dürften die meisten Nutzer dennoch viel Freude am in Europa nur in Deutschland und England erhältlichen Pixel Fold haben.