Die Kugeln am Christbaum leuchten im Sonnenschein, der die Wohnstube flutet. «Schön, gäu?», fragt Mark Streit, 43, seine Frau Fabienne. Die 35-jährige Kommunikationsfachfrau nickt: «Das habt ihr wunderbar gemacht!» Den Baum haben Mark und die bald vierjährige Tochter Victoria geschmückt. Auch violette Zuckerstangen hängen an den Ästen – Mitbringsel aus den USA, wo Streit bis 2017 als Schweizer NHL-Rekordspieler in der dortigen Eishockey-Profiliga im Einsatz stand. Seit der Baum geschmückt ist, fragen Victoria und ihre Schwester Josephine, 2, mehrmals am Tag: «Wann endlich gibts Geschenke?»
«Solche Hilfe ist gerade jetzt nötiger denn je»
Mark Streit
Eine Kartonschachtel liegt jetzt schon auf dem Stubentisch, Mark Streit packt ein: Mehl, eine Flasche Olivenöl, Papiertaschentücher. Der Berner ist Botschafter des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) und wird an diesem Tag den Weihnachtsmann machen – im Rahmen der vom SRK organisierten Aktion «2× Weihnachten». Diese ruft dazu auf, für notleidende Menschen in der Schweiz Pakete mit Grundbedarf-Artikeln zusammenzustellen. Verschickt werden können die Pakete bis zum 11. Januar portofrei per Post. «Solche Hilfe ist nötiger denn je, jetzt in dieser pandemiegeprägten Zeit», sagt Streit, «Armut bleibt nun oft nicht mehr im Verborgenen.» Seine Frau: «Mark macht gern Geschenke.» Als dieser die Schöggeli in den Karton legt, zwinkert er Fabienne zu. «Erst seitdem ich dich kenne, hab ich Schoggi gern.»
So, die Sachen sind verstaut, Mark schneidet das Geschenkpapier zurecht, packt das Paket fein säuberlich ein. «Er ist ein Handyman», lobt Fabienne. Dann trägt Streit das Paket ins Auto, ab gehts nach Belp BE. Familie Christen ist in corpore zur Stelle, als es klingelt und der prominente Weihnachtsmann vor der Tür steht: Myriam, 30, Tochter Amélie, 2, Ehemann Christian, 36, Monteur. SC Bern steht auf dem Pulli der Mutter. Sie und Christian sind leidenschaftliche Fans des Berner Eishockeyklubs, bei dem Streit nun auch zum erweiterten Trainerteam gehört. «Henne geil, dich mal von so nah zu sehen!», freut sich Myriam und bittet in die kleine Stube.
«Warum bist du im Rollstuhl?», erkundigt sich Streit bei Myriam. Die gelernte Hufschmiedin erzählt, dass sie nach einem Reitunfall im Januar eine Bandscheiben-Operation hatte. Dabei wurde ihr Rückenmark durchtrennt – als Querschnittgelähmte wird sie zeitlebens auf den Rollstuhl angewiesen sein. Seither ist die Familie im nicht rollstuhlgängigen Haus auf Unterstützung angewiesen: Dreimal in der Woche kommt eine SRK-Betreuerin, kocht, macht die Wäsche, hilft Amélie beim Anziehen, geht mit ihr spazieren.
Ab Ende Jahr geht Amélie in eine Kindertagesstätte. «Dafür müssen wir Ergänzungsleistungen in Anspruch nehmen, unser Budget ist sonst schon sehr eng», sagt die Mutter und schaut in das Paket, das Amélie schon ausgepackt hat. «Das können wir gut brauchen, Mark. Merci viu mau!»
Christian erinnert sich, wie er bei SCB-Heimspielen nach dem Einspielen der Teams jeweils die Pucks eingesammelt hat – wegen Corona geht das nun nicht mehr. «Ich wünschte, ich könnte dich ab und zu auf die Zuschauertribüne zaubern», sagt seine Frau, «diese Abwechslung würde dir guttun.»
Auch Myriam war bei jedem Heimspiel, «als ich noch Fussgängerin war». Ob auch er Hockey spiele, will Mark von Christian wissen. Dieser schüttelt den Kopf: «Meine Familie konnte sich keine solche Ausrüstung leisten.» Eine Stunde fachsimpelt Streit mit den Christens über den SCB – bescheiden und herzlich, wie er ist. Ein Bild mit Gast hat Myriam auf ihr Instagram-Profil «zombinchen90» gestellt. «Aues Guete, Amélie», schreibt der Hockeystar auf die Autogrammkarte. «Hoffentlich können wir uns bald wieder im Stadion sehen.» – «Schöni Feschttäg, häbed Sorg!»