Chur
«Cola, Ginger Ale und ab und zu einen Baileys»
Seit 22 Jahren ist Iris Peng Präsidentin der Fasnachtsvereinigung Chur GR – und damit die höchste Fasnächtlerin der Kantonshauptstadt. Als ihr diesjähriges Outfit hat sie Barbie gewählt. «Ich habs gern bunt!» Und so wird die 63-jährige Theaterschaffende den samstäglichen Umzug mit dem scheidenden Stadtpräsidenten Urs Marti als Ken anführen. Der Stadtschlüssel war ihr am 11. 11. von Marti in der Rathaushalle übergeben worden. Peng mit einem Augenzwinkern: «So haben wir Narren bis am Aschermittwoch die Macht über die Stadt.» An zehn Anlässen tritt sie als Ober- fasnächtlerin auf. «I wünscha mir a tolli, farbafrohi und gwaltfreii Zit.» Ihr Lieblingsgetränk an den närrischen Tagen? «Cola, Ginger Ale und ab und zu einen Baileys.»
25'000 Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Deutschschweiz kommen an den Umzug. Auch die grösste Basler Guggemusig schränzt mit. Eines der Mottos: das Venda-Ticketsystem der Churer Stadtbusse. Peng: «Dieses ist nicht selbsterklärend, wie der Nachhilfeunterricht für Seniorinnen und Senioren zeigt.»
Olten
Singende Politiker am Kopiergerät
Nein, ein Schreibfehler ist das nicht in der Oberzeile. In Olten wird der Obernaar tatsächlich mit zwei «a» statt zwei «r» geschrieben. Was da- hintersteckt? «Das Doppel aa ist angelehnt an die Aare, welche durch Olten fliesst», sagt der diesjährige Obernaar Andreas Widmer (53). Wenn sich da jemand auskennt, dann er. Seit seiner Kindheit brennt der Senior Key-Account-Manager aus Wangen bei Olten SO für die Fasnacht. Nun steht er erstmals in deren Mittelpunkt. «Ein Star bin ich aber nicht», hält er fest. Das Motto der diesjährigen Fasnacht ist analog zu seinem Obernaaren-Namen: Andi dr 1. am Sax. Gross zum Musizieren wird er in diesen Tagen nicht kommen. Über 35 offizielle Termine stehen an. Am Mittwoch (7. Februar) um 16 Uhr fand die Schlüs- selübergabe der Stadt Olten statt. Über die Fasnachtstage regiert Widmer. Während seiner «Amtszeit» gelten neue Regeln in der Stadt- verwaltung: «Beim Kopieren müssen sie Schnitzelbänke singen.»
Die Fröschenweid Zunft wurde 1953 von Mitgliedern des Turnvereins Olten gegründet. Aktuell zählt sie 53 Mitglieder. Alles Männer.
Seit ihrer Gründung stellte die Zunft sieben Obernaaren.
Luzern
«S werd eifach nur rüüdig schön!»
Sechs Jahre Arbeit im Lozärner Fasnachtskomitee, zwei Jahre Määrt-Komitee-Chef, ein Jahr Vizepräsident – und nun für diese Fasnacht Präsident. «Schon schön, mal so im Rampenlicht zu stehen», sagt Stephan Bucher (50) Inhaber einer Weinhandlung. Sein Programm ist «ziemlich getaktet», 80 Termine hat er zu absolvieren, immer in Beglei- tung seines Weibels Urs Lenherr – da kommen einige Holdrios (Hagebuttentee mit Zwetschgenschnaps) und Kafi Huerenaff (mit Apfel- oder Birnenträsch) zusammen. «Dazwischen viel Wasser trinken! Abschiessen werde ich mich nicht. Wichtig sind auch bequeme Schuhe.» No-Gos für den Oberfasnächtler? «Sexistische Witze. Und auch sonst alles, was im Alltag nicht geht.» Bucher lacht: «Wegen unserem spiessigen Ornat bezeichnen uns viele als Köfferli-Fasnächtler.» Seine High- lights: am Schmutzigen Donnerstag auf dem Nauen in der Seebucht den Urknall erleben, die Umzüge mit seiner Familie auf der Kutsche geniessen. «Es wird rüüdig schön!»
Bucher gehört zur Maskenliebhaber- Gesellschaft der Stadt Luzern. Sie besteht aus 119 Maskenbrüdern. «Die Maskenschwestern sind alle angeheiratet, jedoch nicht in der Gesellschaft.»
Basel
Ein Waggis darf nicht fehlen
Er trägt das unspektakulärste Kostüm an der Basler Fasnacht: einen Anzug, einen schwarzen Mantel und einen Hut. Die Rede ist von Robi Schärz (56) dem obersten Fasnächtler in Basel. «Ich trage dieses schlichte Outfit nur während der Umzüge, der sogenannten Cortèges», präzisiert der technische Verkaufsberater, vor dem Basler Rathaus stehend. Während der Cortèges wird er mit seinem Hut die Fasnächtler grüssen. Am Morgestraich oder wenn er mit seiner Clique auf der Gasse ist, trägt er ein Kostüm. Was gleich bleibt, ist sein Lieblingsgetränk während der «drei scheenschte Dääg». Er geniesst gern einen Waggis (1⁄2 dl Weisswein, 1⁄2 dl Tonic Wasser, mit einem Schnitz Zitrone). Vom Basler Fasnachts-Comité wurde er im Frühjahr 2023 zum Obmann gewählt. Das diesjährige Motto ist «vogelfrei», da auf der vom Fasnachts-Comité ausgesuchten Plakette ein Vogel im Käfig zu sehen ist.
Robi Schärz gehört zur Fasnachtsgesellschaft Dupf-Club Basel. Sie hat rund 150 Mitglieder. Einen Frauen- anteil gibt es nicht. Es handelt sich um eine Männerclique.
Brig VS
Feuer von unten, Manna von oben
Arsène Jossen (50) ist Verwaltungsdirektor der Fernfachhochschule Schweiz. Unter dem Namen Hassan Halli Gialli amtet er zudem als Grossvezier des Türkenbunds Brig-Mekka, ist oberster Fasnächtler und erhält den Schlüssel zur Stadt. Während der Fasnacht nimmt er an bis zu 40 Anlässen teil und spricht oft vor Publikum. Halli Giallis Weg an die Macht beginnt vor einem Tribunal. Es folgt das «Feuer von unten»: Kerzen erwärmen eine Stahlbank, auf der die Anwärter sitzen, getauft wird mit Wein und Mehl. Der Grossvezier ist allmächtig. Vor dem Briger Stockalperschloss sagt Jossen: «Ich sehe mich nicht als Star, sondern als Bruder unter Brüdern.»
Der Türkenbund Brig-Mekka existiert seit 1903. Er wurde als Reaktion auf einen politischen Zwist gegründet und ist die älteste Fasnachtsgesellschaft im Oberwallis. Die Bruderschaft zählt 110 Mitglieder. Zu den Höhepunkten gehört das dreitägige Kasbahfest in der Briger Altstadt mit 25 000 Besucherinnen und Besuchern sowie die Nationalversammlung und das Beiramsmahl.
Wil SG
Die Steuern bleiben unantastbar
Am Gümpelimittwoch (7. Februar) haben Philipp Guldimann (41) und Carmen Mettler (32) die Regierung der Stadt Wil übernommen. Sie sind das Prinzenpaar und für zwei Jahre gewählt. Die Lehren aus ihrer Premiere haben sie gezogen. «Wir haben diesmal beide Ferientage eingeplant», erzählen Prinz Philipp I. und Prinzessin Carmen I., wie sie offiziell heissen. Trotz hochrangiger Titel bleibt ihr Einfluss gering. «Die Steuern werden leider hoch bleiben.» Während der Fasnachtszeit sind sie mit ihrer Entourage unterwegs. Zuerst treten die Fanfaren in Aktion, gefolgt vom Prinzen- paar, im Anschluss der Herold, der Hofnarr und die Prinzen- begleitung. In dieser Formation besuchen sie rund 20 Lokale. «Es hat etwas vom Mittelalter, das gefällt uns.» Der Wert ihrer prunk- vollen Kleider bleibt geheim.
Die Fasnachtsgesellschaft Wil hat 105 Mitglieder. Eine Mehrheit davon sind Männer. Diesen gegenüber stehen 13 Frauen.