Die Marke schreit Luxus, doch der Name sagt Mord: Gucci! Am 27. März 1995 wurde Maurizio Gucci († 46) ermordet. Ein Auftragskiller erschoss den Modeschöpfer auf offener Strasse. Die Auftraggeberin? Seine Ex-Frau, Patrizia Reggiani (73). Ausgerechnet die Mutter von Guccis zwei Töchtern, Allegra (41) und Alessandra (45), soll dafür verantwortlich gewesen sein, dass die Mädchen ihren Vater im Teenageralter verloren. Eine Tragödie, wie sie aus der Feder Hollywoods stammen könnte. Mit dem Blockbuster «House of Gucci» verfilmte die Traumfabrik in Los Angeles das Drama rund um die Mode-Dynastie Gucci – und feierte mit einer Starbesetzung grosse Erfolge.
Doch hinter all dem Glanz und Luxus, den die Marke Gucci mit sich bringt, verbergen sich hinter dem Namen echte Personen, Personen wie Allegra Gucci. Sie war gerade einmal 14 Jahre alt, als ihr Vater aus dem Leben gerissen wurde – nie im Traum hätte die Gucci-Erbin damit gerechnet, dass ausgerechnet ihre eigene Mutter dafür verantwortlich sein sollte. Heute, 27 Jahre später, hat Allegra mit ihrer Mutter gebrochen, obwohl sie bis heute nicht wirklich begreifen kann, was Patrizia Reggiani dazu trieb.
Allegra Gucci hat das Trauma der Ermordung ihres Vaters nun in einem Buch verarbeitet und spricht erstmals in der italienischen «Vanity Fair» über das dramatische Erlebnis. «Ich bin in meinem Zimmer, ich hatte in jener Nacht nicht gut geschlafen. Meine Mutter, Patrizia Reggiani, kommt in mein Zimmer und sagt mir hastig, dass mein Vater tot ist», erinnert sich die heute 41-Jährige.
Lange haben Allegra und ihre Schwester Alessandra an die Unschuld ihrer Mutter geglaubt, vermuteten sogar einen Gehirntumor, der die Ex-Frau von Maurizio zu dieser Tat trieb. Inzwischen ist Patrizia nach einer 18-jährigen Gefängnisstrafe wieder auf freiem Fuss, doch ihre Kinder haben mit ihr gebrochen. Doch bis heute können die Gucci-Erbinnen nicht verstehen, wie ihre Mutter zu so etwas fähig sein konnte, sie können in ihren Herzen nicht akzeptieren, dass die Frau, die ihnen das Leben schenkte, ihrem Vater dieses nehmen liess.
Ihr Buch «Tutto su mio padre», zu deutsch «Alles über meinen Vater» schrieb Allegra nach eigener Aussage jedoch nicht nur für sich, sondern auch für ihre eigenen Kinder. Diese sollen die Wahrheit über ihren verstorbenen Grossvater erfahren, was für ein Mensch er war, was damals wirklich passierte. Ausserdem wurde die Geschichte um Gucci durch den Film «House of Gucci» für die ganze Welt aufgerollt mit einer Story, die sich noch besser verkauft, als die Marke Gucci selbst. Doch handelt es sich dabei trotzdem noch um Fiktion, der Allegra nun entgegensteuern möchte, auch, um ihre eigenen Kinder. zu schützen.
«Als ich die Furore mitbekam, die der Film auslöste, wollte ich, dass meine Kinder die Wahrheit über unsere Familie erfahren. Ich habe deshalb meine Erinnerungen Stück für Stück, Dokument für Dokument niedergeschrieben. Manchmal fühlte ich dabei Schmerzen, manchmal fühlte ich, dass mir ein Stein vom Herzen fällt», erklärt die Gucci-Erbin im Interview. Aber sie kritisiert in dem Buch, das am 15. März erscheinen wird, auch ihre Familie mit dem grossen Namen, vorneweg ihre Mutter, in die sie am Ende jegliches Vertrauen verlor, nachdem sie jahrelang für deren Unschuld gekämpft hatte, diesen Kampf aber letztlich verlor und einsehen musste, dass Patrizia Reggiani nicht die Frau ist, die sie zu kennen glaubte.
Die beiden Gucci-Schwestern Allegra und Alessandra leben heute in der Schweiz, wie diverse Medien berichten, sind verheiratet und haben eine eigene Familie gegründet. Während Alessandra in die Fusstapfen ihres berühmten Vaters stieg und eine eigene Handtaschenkollektion veröffentlichte, zieht es Allegra mit dem Segelboot aufs Wasser – eine Leidenschaft, die sie, abgesehen von ihrem Nachnamen, von Maurizio Gucci erbte.
Die Gucci-Töchter haben aber, wie es scheint, nicht nur das Segeltalent und Modeinteresse von Seiten ihres Vaters geerbt, sondern auch einen Teil der kriminellen Energie ihrer Mutter – so unschön das auch klingen mag. Im Gegensatz zu Patrizia Reggiani haben Allegra und Alessandra allerdings kein Menschenleben auf dem Gewissen, sondern wurden lediglich wegen Steuerhinterziehung angeklagt – aber freigesprochen. Auch hier unterscheiden sie sich also von ihrer kaltblütigen Mutter. Trotzdem liegt durch die Anklage der Schwestern ein weiterer Schatten auf dem Familiennamen, haben sie doch angeblich zwischen 2004 und 2010 rund 5.3 Millionen Schweizer Franken an Steuern hinterzogen haben. Aufgrund einer zu geringen Beweislage wurden die Schwestern allerdings freigesprochen.
In den 1990er Jahren kam unter Umständen die Frage auf, ob auf den italienischen Modehäusern ein Fluch liege, denn ein gutes Jahr nach der Ermordung von Maurizio Gucci ereilte den Modeschöpfer Gianni Versace († 50) beinahe das gleiche tragische Schicksal. Auch er wurde auf offener Strasse, auf den Stufen seiner Villa in Florida erschossen – nicht jedoch von einem Auftragsmörder, sondern einem Serienkiller, dessen Motive bis heute ungeklärt sind.