Boris Becker (54) ist wegen Insolvenzverschleppung am vergangenen Freitag zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Der ehemalige Tennisspieler wurde direkt nach dem Urteilsspruch ins Wandsworth Prison in London gebracht und hat dort bereits die ersten Nächte verbracht. Was ihn dort erwarten könnte, hat ein Ex-Häftling nun der «Bild»-Zeitung erzählt. Der britische Filmemacher Chris Atkins (geb. 1976) sass wegen Steuerbetrugs im gleichen Gefängnis ein: Zwischen Juli 2016 und März 2017 verbüsste er einen Teil seiner fünfjährigen Haftstrafe im Wandsworth Prison.
Wenn Boris Becker «Glück» habe, «sind die Wärter Tennis-Fans und gehen milde mit ihm um», sagt Atkins der «Bild». «Sicher kennen sie ihn aus den Nachrichten.» Das Personal würde einem ansonsten «jede Würde» nehmen. «Du musst dich ausziehen, du wirst durchsucht, und wirst in einen stinkenden Gefängnisanzug gepackt, wo du noch den Schweiss anderer Häftlinge riechen kannst. Er wird gefragt, ob er Drogenprobleme oder psychische Probleme hat», erzählt der Filmemacher weiter.
Chris Atkins erinnert sich an seine eigene Zeit im Wandsworth Prison zurück. Der Weg in seine «winzige» Zelle sei «grausam» gewesen. «Die Leute haben geschrien und geschrien und die Türen eingeschlagen. Es sind meist Menschen dort, die psychisch krank oder drogenabhängig sind», erklärt er. In den Zellen werde es ausserdem «sehr kalt, denn in dem Gefängnis wird nicht grossartig geheizt».
In der Zelle gebe es einen Fernseher, einen Schreibtisch, eine Toilette und ein Telefon, mit dem man täglich fünf Minuten telefonieren dürfe. Eine Dusche gebe es laut Atkins nicht. «Man duscht etwa alle zwei Tage oder so. Das ist wirklich schlimm, und du musst dir diesen einen Duschraum mit etwa 100 anderen Leuten teilen, was ekelhaft ist. Geduscht wird in Gemeinschaftsduschen», erzählt der Filmemacher. Immerhin werde niemand Boris Becker nackt sehen: «Alle tragen eine Badehose.»
Atkins' Tipp für Becker: Der Ex-Tennisspieler solle sich «entspannen und mal tief einatmen und alles auf sich wirken lassen». Die Zeit im Gefängnis könne er «auch für neue Kontakte nutzen».
Das Wandsworth Prison klingt nicht unbedingt nach einem Spaziergang, wenn es um das Absitzen einer Gefängnisstrafe geht. Immerhin soll die Einrichtung über zwei Fitnessstudios und eine Sporthalle verfügen – eine Tatsache, die den Ex-Tennisstar unter den gegebenen Umständen ein wenig erfreuen könnte. Doch auch einen Galgen gibt es im zweitgrössten Gefängnis Grossbritanniens. Da die Todesstrafe allerdings inzwischen abgeschafft wurde, dient der ehemalige Hinrichtungsraum den Angestellten nun als Speisesaal.
Das Gefängnis, in dem Becker vorerst, oder möglicherweise die für die gesamte Dauer seiner Haftstrafe einsitzen wird, hat auch den Beinamen «Screws Jail», was übersetzt so etwas wie «Wärterknast» bedeutet. Dieser Spitzname rührt wahrscheinlich noch aus der Zeit der Viktorianischen Ära her, als Gefangene noch gefoltert wurden. Der Begriff «Screw» ist ein Slang-Ausdruck für einen Gefängniswärter.
Einen Sonderstatus erhält Becker zwar trotz seines Promi-Daseins nicht, aber immerhin wird er wohl nicht mit Sexualstraftätern im gleichen Gefängnistrakt sitzen, da das Wandsworth Prison aus zwei Gebäudekomplexen besteht – einem mit Sexualstraftätern, einem mit Drogenkriminellen und Insassen mit psychischen Problemen. Besuche sind beschränkt und dürfen nur unter der Woche durchgeführt werden, jedoch nicht am Wochenende.