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«Paardiologie» für alle

Charlotte Roches Podcast könnte eure Beziehung retten

Fast alles, was bisweilen nervt, ist auch für irgendetwas gut. Denken wir nur mal an Eltern, Physiotherapeuten oder Lehrer. Von allen haben wir etwas gelernt. Ähnlich ergeht es unserer Redaktorin auch beim Hören des Podcasts von Charlotte Roche und ihrem Mann Martin Kess. In «Paardiologie» analysiert das Paar seine Beziehung. Trotz Reizfaktor, wer offen zuhört, kann richtig profitieren.

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COLOGNE, GERMANY - JULY 19: Actress Charlotte Roche attends the Koelner Treff TV Show at the WDR Studio on July 19, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Marc Pfitzenreuter/Getty Images)

Autorin, Moderatorin und Podcasterin Charlotte Roche nervt so sehr. Was sehr gut ist.

Getty Images

Die News zuerst: Charlotte Roche will ausserehelichen Sex. Die 41-Jährige und ihre Ehemann Martin Kess sind in der aktuellsten Folge ihres Podcastes «Paardiologie» wegen Roches Wunsch nach einer offenen Beziehung aneinander geraten. 

Allerdings ist das nichts wirklich Neues. Denn das Paar diskutiert schon seit Folge eins, nein, sagen wir, seit Minute eins, darüber, wie sie die Form der Ehe umsetzen können. Roche wünscht sich «frei zu sein». Sie möchte, dass beide Partner mit anderen schlafen können. Ihr Mann sieht das anders. Er bittet: «Lass den Scheiss!»

Jetzt haben natürlich viele Mitleid mit dem armen Martin und wenig Mitleid mit der bösen Charlotte. Wie immer ist es aber wahnsinnig einfach, schnell sein Quartier auf einer jeweiligen Seite zu beziehen. Widmet man sich dem Podcast aber etwas genauer, reflektiert, dann könnte die Roche-Kess-Show auch echt zum Beziehungsretter werden und das Leben bereichern. Versprochen.

Lehnen wir uns also zurück und schauen, was uns der Podcast bringen kann, wenn wir in bunten Farben, statt nur schwarz und weiss malen. 

Lernen vom Extrem

Charlotte Roche und ihr Mann Martin Kess sind sich während jedes Gesprächs konstant und immer über ihren Umgang mit Themen wie Gleichstellung, Klima- und Tierschutz bewusst. Ständig korrigieren sie sich, achten auf ihre Terminologie und ihre Intentionen. 

Das mag zu viel des Guten sein und kann auch echt anstrengend werden. Aber es ist verdammt nötig und wichtig. Es braucht Extremisten wie die Roche-Kesses, damit wir, während wir uns aufregen, wenigstens einen Dialog über diese wichtigen Themen führen. Denn wenn «Paardiologie» eines klarmachen will, dann, dass man über seine Gedanken und sein Handeln frei entscheiden sollte. 

Andere Beziehungen sind mindestens genauso schlimm wie unsere

So ziemlich jeder, der eine langjährige Beziehung führt, kennt die Querelen, die man so im Alltag und darüber hinaus mit sich schleppt. Zu wenig oder keinen Sex, zu viel Sex, verschiedene Wünsche beim Sex. Aufräumen, nicht aufräumen, verschiedene Wünsche beim Aufräumen. Die kleinen und grossen Molotowcocktails, die sich Paare so entgegenwerfen. 

Einem Paar wie Charlotte Roche und Martin Kess dabei zuzuhören, wie sie brutal ehrlich darüber reflektieren, wie beschissen eine Ehe manchmal sein kann, ermöglicht eine ganz neue Perspektive auf die eigene Beziehung. Und mit ein bisschen Mut inspirieren die beiden einen sogar dazu, auch endlich mal (wieder) ein offenes Gespräch mit der Partnerin oder dem Partner zu führen.

Keine Angst vor Krassheit

Otto Normalverbraucher will und muss nicht sein wie Charlotte Roche — denn die Deutsche ist extrem: mit ihrer Erscheinung, ihrer Sexualität, in der Art, ihre Ehe zu führen. Was man sich aber notieren sollte, ist, dass Furchtlosigkeit in einer Beziehung sehr wichtig ist. 

Unangenehme Themen, unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse ohne Angst anzusprechen, kann nie schlecht sein. Vielleicht hilft das nicht immer der Partnerschaft, aber dem Selbst auf jeden Fall. Und das wiederum kann nicht schlecht für die Beziehung sein.

Noch wichtiger: keine Angst vor einer Paartherapie. Roche und Kess sprechen ganz offen darüber, dass sie schon seit Jahren die Hilfe einer Therapeutin, der legendären Dr. Amalfi, in Anspruch nehmen. Die Momente, in denen sie Einblick in ihre Sitzungen geben, nehmen dem grossen T-Wort so richtig gut den Schrecken.

Stereotypen sind sinnlos - Selbstschutz ist wichtig

Charlotte Roche ist Oberfeministin. Sie kämpft konstant gegen das klassische Geschlechterdenken. Das macht sie oft zur bösen Machofrau, die fremdgehen will und ihre Familie vernachlässigt. Martin Kess ist mindestens genauso feministisch und lässt seine Frau gewähren. Gerne sogar, wie es scheint. Dadurch bekommt man schnell das Gefühl, dass er der überangepasste und unterjochte Ehemann ist, der so gar nichts zu melden hat. 

Wir sprechen hier von einem erwachsenen Mann, der für sich die Entscheidung getroffen hat, mit einer starken Frau zusammenzuleben. Auch wenn es nervt, wie Roche stets ihre Grenzen austestet und Kess versucht, seine Frau einzusammeln, so lernen wir doch, dass jeder Teil einer Beziehung Verantwortung für sich übernehmen muss. 

Seit 15 Jahren sind Martin Kess und Charlotte Roche ein Paar, seit 10 verheiratet. Sie haben je ein Kind von anderen Partnern, sind beide trockene Alkoholiker, hatten Sex ausserhalb ihrer Beziehung, leben komplett verschiedene Leben und kommen trotzdem recht gut miteinander zurecht. Nehmt es also wie mit euren Eltern. Sie nerven zwar manchmal, aber sind doch irgendwie verdammt wichtig für euch.

Alle Folgen von «Paardiologie» sind auf Spotify zu hören.

Berit-Silja Gründlers
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Von Berit-Silja Gründlers am 22. Januar 2020 - 21:24 Uhr