Der 17. Mai 2007 war in Zürich ein besonderes Datum. Es war der Tag, als der einzige europäische Kaiser höchstpersönlich an den Wurstgrill trat: Franz Beckenbauer briet hoch über Zürich auf der Terrasse des Restaurants Sonnenberg anlässlich der Einweihung des legendären «Wurscht Corner» Bratwürste und verteilte sie an die Gäste. An seiner Seite: Fifa-Präsident Sepp Blatter, Stadtrat Martin Vollenwyder und Gastgeber Jacky Donatz. Mehr als Cervelat-Prominenz.
Beckenbauer bewies bei dieser Gelegenheit seine Volksnähe – und die kulinarische Bodenhaftung. Er brauchte kein Chateaubriand, um glücklich zu sein. Der damalige «Sonnenberg»- Wirt Donatz sagte: «Franz gehörte zu den unkompliziertesten Gästen. Er war auch mit einem Wurstsalat glücklich.» Bescheiden, freundlich, zuvorkommendend und höflich, so wurde Franz Beckenbauer auch bei seinen Besuchen im Fifa-Hauptquartier beim Zoo wahrgenommen – nicht unbedingt Qualitäten, die man allen Protagonisten im Fussballgeschäft zuordnet.
Raclette und Weisswein
Denselben Eindruck hinterliess er bei seinen diversen Gastspielen im Wallis – am Sepp-Blatter-Turnier in Ulrichen. Zwar reiste er auch schon mal mit Privatjet und Helikopter an, doch im Umgang mit Fans und Besuchern zeigte er immer Bodenhaftung. Er setzte sich zu den anderen Gästen auf die Holzbänke – und passte sich den lokalen Gepflogenheiten an: Beckenbauer schwärmte von Raclette und Weisswein.
Einen denkwürdigen Auftritt hatte der Kaiser 1983 im Zürcher Hallenstadion. Als Gastspieler lief er damals für GC auf – und trug massgebend dazu bei, dass an zwei Tagen die Rekordkulisse von 16'000 Zuschauern ans Hallenturnier strömte. Der Chronist im GC-Kluborgan war vom damals 37-jährigen Bayern sichtlich beeindruckt und schwärmte vom Ballvirtuosen: «Unnachahmlich in seiner Weise, auch den extrem unpräzise zugespielten Ball sofort unter Kontrolle zu bringen, ihn auf dem Spann leicht aufspringen zu lassen, ihn direkt weiterzuleiten oder zu dribbeln.»
Selbst die sonst für ihre Zurückhaltung bekannte «Neue Zürcher Zeitung» berichtete von einer «nach wie vor über alle Zweifel erhabenen Technik», mit «Pässen aus dem Fussgelenk, die Zuschauer manchmal ebenso wie die Mitspieler verblüfften». Und: «Seinem Gesichtsausdruck nach zu schliessen, hatte der Deutsche durchaus Spass am Geschehen, auch wenn er in härteren Zweikämpfen meist der Unterlegene blieb.» Fazit von Beckenbauers Auftritt im GC-Trikot: fünf Matches, 150 Minuten Spielzeit, zwei Tore, ein Assist und Schlussrang 2 hinter Dinamo Zagreb. Und Erinnerungen für die Ewigkeit.