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Comeback von Lindsey Vonn

Die Rückkehr des Superstars

Glanz, Gloria und grosse Klasse. Nach sechs Jahren gibt die US-Amerika­nerin Lindsey Vonn, 40, in St. Moritz ihr Comeback im Skiweltcup. Ihr ehemaliger Trainer Stefan Abplanalp traut ihr viel zu.

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Im Visier des ­Superstars: ­Lindsey Vonn befördert am kommenden Wochenende St. Moritz zum ­globalen Medien-Hotspot.

Im Visier des Superstars: Lindsey Vonn befördert am kommenden Wochenende St. Moritz zum globalen Medien-Hotspot.

Joerg Mitter / Limex Images

Sie veredelt selbst Bad Gastein zum kleinen Hollywood, sie bringt Glanz und Gloria nach Lauterbrunnen und macht jede Alphütte zu einer grossen Bühne: Lindsey Vonn (40), Diva des Pulverschnees, Speed-Queen des 21. Jahrhunderts, Olympiasiegerin, Weltmeisterin, 82-fache Weltcupsiegerin. Ihre Liaison mit Golf-Ikone Tiger Woods hielt den medialen Boulevard einst monatelang im Ausnahmezustand. Ihre Inszenierungen auf Instagram versetzen 2,1 Millionen Follower in Verzückung, ihr Vermögen (14 Millionen US-Dollar) machte alle anderen Schneesportler zu Bettlern.

Die Kannibalin des Skisports

Als Vonn, geboren am 18. Oktober 1984 in Saint Paul bei Minnesota, vor sechs Jahren zurücktrat, freute dies vor allem die Konkurrenz. Denn Vonn war quasi eine sportliche Kannibalin. Sie gewann in allen Disziplinen den Weltcup – und die Gesamtwertung sogar viermal.

Hauptprobe: In Beaver Creek überzeugt Vonn als Vorfahrerin: «Ein grosses ­Gefühl – total anders als vorher.»

Hauptprobe: In Beaver Creek überzeugt Vonn als Vorfahrerin: «Ein grosses Gefühl – total anders als vorher.»

Getty Images via AFP

Und nun kehrt sie zurück – und dies an einem Ort, der ihr die perfekte Bühne bieten kann: St. Moritz, Edelkurort auf 1800 Metern über Meer, Parkett der Schönen und Reichen, Sportbühne für die grössten Stars. Vonn befördert das Engadin zum globalen Medien-Hotspot. Sogar in den USA, wo der alpine Skirennsport ungefähr so populär ist wie Rodeo am Nordkap, werden die Menschen die Fernseher einschalten. Schliesslich bringt Lindsey Vonn die beiden wichtigsten Eigenschaften mit, die das amerikanische Publikum liebt: Sie ist Olympic Champion – und eine Frau der Rekorde.

Vonns Coach ist ein Berner Oberländer

Stefan Abplanalp coachte Vonn einst nach einer Verletzung zurück an die Weltspitze. Der 50-jährige Berner Oberländer kennt die Amerikanerin besser als die meisten. Als SRF-Experte war er in den vergangenen Wochen in Nordamerika, sah Lindsey Vonn beim Training und traf sie zum Kaffee. Und er hat einen durch und durch positiven Eindruck erhalten: «Sie ist glücklich, dass sie wieder rennmässig Ski fährt, sie wirkt optimistisch und entspannt – es machte Spass, sie wiederzutreffen und mit ihr zu plaudern. Ich glaube, sie hat den Wettkampf und das Tempo vermisst.»

Ein Vertrauensverhältnis, das über den Pistenrand ­hinausgeht: Stefan Abplanalp (mit Einhorn) und Vonn.

Ein Vertrauensverhältnis, das über den Pistenrand hinausgeht: Stefan Abplanalp (mit Einhorn) und Vonn.

imago/Eibner Europa

So bestätigte sich der Eindruck, den Abplanalp auch auf der Piste bekommen hatte: «Wenn alles passt, zeigt Lindsey beeindruckend schnelle Schwünge. Einzelne Abschnitte bewältigt sie schon fast auf früherem Niveau. Die Kunst wird es sein, alles aneinanderzureihen und während 100 Sekunden auf konstant hohem Niveau zu fahren.» Dass Vonn ihr Comeback in St. Moritz gibt, sei auch für die Schweiz ein Segen: «Die Sportwelt wird gebannt ins Engadin blicken.» Für Vonn selber hätte er sich aber auch ein anderes Szenario vorstellen können: «Weil in St. Moritz nur Super-G gefahren wird, gibt es keine Trainings. Vielleicht wäre es kontrollierbarer gewesen, wenn sie ihr Comeback bei einer Abfahrt gewagt hätte.» Gleichzeitig sagt Abplanalp: «Lindsey weiss genau, was sie macht. Nur sie kann ihr Leistungsvermögen richtig einschätzen.»

Vorteile gegenüber Marcel Hirscher

Und was sagt der Fachmann zum missglückten Comeback des Österreichers Marcel Hirscher? Müsste diese Episode für Lindsey Vonn nicht die ultimative Warnung darstellen?

«Nein», so Abplanalp bestimmt – und liefert die Erklärung nach: «Im Slalom sind Schnellkraft und Schnelligkeit wichtiger als in den Speed-Disziplinen. In Super-G und Abfahrt tickt die biologische Uhr weniger schnell als in den reinen Technikdisziplinen: «Dazu kommt, dass Lindsey physisch in einer Topverfassung ist.»

Künstliches Kniegelenk macht Comeback möglich

Ausserdem habe sie als Vorfahrerin bei den Weltcuprennen in Beaver Creek auf einer der anspruchsvollsten Abfahrtsstrecken der Welt bewiesen, dass sie bereits wieder mit der erweiterten Weltspitze mithalten kann. Dass das künstliche Kniegelenk zum Problem werden könnte, glaubt der Trainer nicht: «Diesem Implantat verdankt es Lindsey schliesslich, dass sie wieder schmerzfrei Ski fahren kann.»

So darf man gespannt sein, was an diesem Wochenende auf der Corviglia geschieht. Kommt es zum spektakulärsten Comeback seit Muhammad Ali, der im Oktober 1974 in Kinshasa George Foreman den WM-Gürtel entriss?

Fest steht: In St. Moritz wird am Wochenende Sportgeschichte geschrieben. Mit Jubel oder mit Tränen. Spektakel ist garantiert. So oder so.

Von Thomas Renggli vor 6 Stunden