Könnte man Melodien, die man im Ohr hat, niederschreiben – es hätten sie alle erkannt. Die Tonfolge der Titelmusik von «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» ist fast schon legendär. Und wenn sie auf gefühlt allen Sendern ertönt, ist auch dem hinterletzten Sommer-Anbeter klar: Weihnachten auf zwölf Uhr!
Der Film nämlich, den die Musik untermalt, steht für viele wie der Glühwein, die Baumkugeln und die Guetsli für die Feiertage. Wer den Klassiker von 1973 als Kind Jahr für Jahr gesehen hat, wird wohl auch seinen eigenen Nachwuchs in die magische Märchenwelt des Aschenbrödels einführen. Gelegenheit dazu gibt es ja genug, der Film flimmert während der Weihnachtszeit unzählige Male über die Mattscheibe. Und macht im Wissen um die folgenden zehn Fakten gleich noch mehr Spass – denn einige davon dürften nicht mal den alteingesessensten Brödel-Beobachtern bekannt sein.
1. Der Film sollte im Sommer spielen
Es ist absolut unmöglich, sich Aschenputtel im T-Shirt und kurzen Hosen über eine grüne und mit Blumen übersäte Wiese reitend vorzustellen. Doch: Genau das war ursprünglich der Plan! Denn das Drehbuch für den Film war eigentlich für den Sommer geschrieben worden. Weil die Filmproduktionsfirma DEFA allerdings sofort mit dem Drehen beginnen wollte und zudem die Studios in Prag im Sommer bereits ausgebucht waren, hat der Regisseur Václav Vorlícek kurzerhand umdisponiert.
2. Doubles im Einsatz
Für diverse Szenen im Film standen Doubles im Einsatz. So wurden etwa die Reitszenen zu einem Grossteil von jemand anderem gedreht. Das Aschenbrödel selbst, Libuše Šafránková, hatte schon Erfahrung mit Pferden und war so bei den allermeisten Sequenzen selber als Reiterin zu sehen. Doch als sie in einer Szene auf dem Rücken ihres Pferdes über einen Baumstamm springen sollte, musste auch sie passen und liess ein Double vor.
Was viele Fans weniger freuen dürfte: Die Schauspielerinnen der bösen Stiefmutter und der Stiefschwester von Aschenbrödel fielen nicht in den Teich. Auch sie konnten sich auf die Kälteresistenz von ihren Doubles verlassen. Doch die Szene war auch so herausfordernd. Das erzählte Daniela Hlaváčová, die die Stiefschwester spielte, in einem tschechischen Interview. «Wir beide standen im Wohnwagen, haben zugeschaut, wie sie ins Wasser springen, und gebetet, dass es sofort klappt», sagte sie. Denn der Teich war auch in Wirklichkeit zugefroren. «Den ganzen vorangehenden Tag hatten die Techniker die Eisdecke aufbrechen müssen, damit man Wasser sieht.» Der Winter sei «grässlich» gewesen.
3. Ein umwerfender Duft
Im Winter 1972/1973 lief in Sachen Filmproduktion vieles noch anders ab, als es das heute tut. Am Set nämlich gab es nicht überall viel Schnee – entsprechend musste etwas nachgepudert werden. Kunstschnee kam zum Einsatz. Heute wird solcher meist auf Papier-, Stärke- oder Kunststoffbasis hergestellt. Früher allerdings war alles anders. Aber definitiv nicht besser.
Denn in jener Zeit wurde als Kunstschnee Fischmehl verwendet. Wie das riecht, können wir uns alle vorstellen, auch wenn wir das wohl lieber nicht täten. Entsprechend streng soll es am Set gerochen haben. En Guete!
4. Das Aschenbrödel ist gestorben
Seit fast 50 Jahren gehört der Kult-Film zum Weihnachts-Programm so vieler öffentlich-rechtlicher TV-Sender. Doch wenn er jetzt über die Mattscheibe flimmert, ist seit 2021 dennoch etwas anders. Aschenbrödel-Darstellerin Libuše Šafránková ist nämlich im Sommer 2021 verstorben. Am Morgen des 9. Juni 2021 erlag sie den Folgen ihrer Lungenkrebserkrankung in einem Prager Krankenhaus, nur zwei Tage nach ihrem 68. Geburtstag. Sie hatte sich am Vorabend noch einer Operation unterzogen.
5. Aschenbrödel war nicht die erste Wahl
Ein Aschenbrödel ohne die Darstellerin Libuše Šafránková ist heute kaum vorstellbar – so charakteristisch ist ihr Wirken im Film. Doch fast wäre sie gar nicht das Aschenbrödel geworden, und der Film hätte entsprechend ihre Paraderolle nicht hervorbringen können. Denn eigentlich war Jana Preissová, 73, beim Regisseur erste Wahl für die Rolle. Doch dann wurde die Tschechin schwanger, weshalb Šafránková überhaupt erst nachrücken konnte.
6. Film- als Hochzeitskulisse
Es ist der Ort, an dem sie ihren Schuh verliert – und damit ihr Herz, wie sich später herausstellen wird. Das Schloss ist im Film ein absolutes Symbol für Liebe und Romantik – und nicht nur da. Denn das Schloss Moritzburg, das als Kulisse diente, ist auch im echten Leben ein absoluter Märchen-Magnet. Das ursprünglich als Jagdschloss errichtete Gebäude ist heute sehr beliebt als Hochzeitskulisse. Gleich mehrere Säle und Räume können gemietet werden, sind aber sehr beliebt. Um einen Termin sollte man sich entsprechend frühzeitig bemühen.
7. Melodie als Hochzeitsmusik
Apropos Heiraten: Von «Drei Nüsse für Aschenbrödel» kann sich nicht nur die Kulisse abgeschaut werden, sondern auch die Musik. Denn die charakteristische Filmmelodie von Karel Svoboda wurde 2009 von Ella Endlich neuinterpretiert. Sie machte aus der Melodie ihren Song «Küss mich, halt mich, lieb mich», der heute sehr beliebt ist bei Hochzeitspaaren. Die Walzermelodie im Dreivierteltakt ist für die Sängerin «ein Teil meiner Geschichte geworden», sagte sie. Der Song erreichte in Deutschland Platz 12 der Charts.
8. Das Kleid war weg
Es gehört zum Film wie die Kugeln an den Baum: das Kleid, das Aschenbrödel am Ball trägt – und damit den Prinzen völlig aus dem Häuschen bringt. Doch beinahe wäre die Nachbildung des Filmoriginals für immer weg gewesen. Denn im Februar 2014 wurde es bei einer Ausstellung auf Schloss Moritzburg gestohlen! Doch zum Glück gibt es Überwachungskameras: Diese filmten ein Paar, das mit leerer Tasche die Ausstellung betreten hatte und mit voller Tasche wieder herauskam. In der Folge wurden Aufnahmen der beiden Langfinger veröffentlicht.
Und das zeigte Wirkung. Offenbar hatten der Mann und die Frau ein Bild von sich gesehen und kalte Füsse gekriegt. Sie schickten das Kleid reumütig per Post zurück.
9. Drehbuchautor unter falschem Namen
Bis heute erscheint als Drehbuchautorin Bohumila Zelenková im Vorspann. Dabei war sie für das Skript gar nicht verantwortlich. Viel eher war es der tschechische Schriftsteller František Pavlíček. Doch dieser hatte sich 1968 im «Prager Frühling» gegen die Kommunisten aufgelehnt, woraufhin ihm ein Berufsverbot auferlegt worden ist. Dementsprechend konnte sein Name nicht im Vorspann erscheinen, Zelenková nahm eine Ghostwriter-Funktion an.
10. Märchenfilm des Jahrhunderts
Für ihre Karriere, die mit der Darstellung des Aschenbrödels so richtig Fahrt aufgenommen hatte, wurde Libuše Šafránková 2015 mit der tschechischen Verdienstmedaille ausgezeichnet. Und auch der Film selbst konnte einige Preise gewinnen, so unter anderem den Goldenen Eisvogel, den tschechischen Filmpreis. Und ebenfalls in Tschechien wurde «Drei Nüsse für Aschenbrödel» zum Märchenfilm des 20. Jahrhunderts gekürt.
Wenn es denn nicht der bedeutendste Weihnachts-Märchenfilm aller Zeiten ist, der 1973 erschienen ist. Denn das Aschenbrödel gehört für viele Schweizerinnen und Schweizer wie selbstverständlich zu den Weihnachtstagen. Und zum Glück muss man sich dafür keinen bestimmten Zeitrahmen freihalten. Denn der Film wird so oft im Fernsehen gezeigt, dass man an den Festtagen zu fast jeder Tageszeit zufällig einschalten kann und ihn irgendwo im Programm findet. Und da es ja gleich mehrere Weihnachtstage gibt, ist es entsprechend gut möglich, mehrmals beim Film hängen zu bleiben. Aber wie sagt man so schön? Doppelt hält besser!
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel läuft am 24. Dezember um 15:05 Uhr und am 26. Dezember um 13:10 Uhr auf SRF 1.