Wieso trennt sich ein Paar wie Bill und Melinda Gates nach 27 Jahren?
Wir wissen nicht genau, was der Grund war – aber ich habe vernommen, dass sie an ihrer Beziehung arbeiteten. Das klingt, als hätten sie bei einer Therapie gemerkt, dass sie besser getrennte Wege gehen. Aus paartherapeutischer Sicht ist damit das Wichtigste gegeben: Sie haben es probiert.
Aber die Therapie ist gescheitert?
Nein, eine Therapie kann auch hilfreich sein, um sich zu trennen. Eine Scheidung muss keine Niederlage sein. Sie kann auch unglaublich gut sein, weil beide unterdessen andere Bedürfnisse haben.
Welche Gründe führen Ihrer Erfahrung nach zu einer Trennung nach so langer Zeit?
Oft gibt es das «Projekt Kinder» oder das «Projekt Arbeit». Man steht strenge Zeiten durch, arbeitet aber nicht an der Beziehung, macht die Faust im Sack und hinterfragt vieles nicht.
Zum Beispiel?
Die eigenen Bedürfnisse. Die gehen vergessen, weil man als Paar im Funktionier-Modus ist.
Was steckt hinter den häufigen Rosenkriegen?
Die verletzten Gefühle werden über das Materielle abgehandelt. Doch dem kann man vorbeugen.
Wie?
Sich bewusst werden, dass es um Gefühle geht und nicht ums Geld. Und in guten Zeiten über eine mögliche Scheidung sprechen. Für viele ist die Trennung wie Voldemort – ein unaussprechliches Wort. Wer darüber redet, kann es nüchterner betrachten.
Ist eine Trennung nach so langer Zeit egoistisch?
Vielleicht. Aber was ist daran schlecht? Und wem gegenüber ist es egoistisch?
Den Kindern. Selbst die erwachsenen wünschen sich doch, dass die Eltern zusammenbleiben.
Na und? Es geht um die Perspektive. Mein Anliegen als Therapeutin ist, dass es jedem Individuum so gut wie möglich geht. Erwachsene Kinder müssen ihr eigenes Leben haben und für ihr Wohl sorgen können. Und was ist das für ein Vorbild, wenn die Eltern ihren Kindern eine unglückliche Beziehung vorleben?