Der am 21. März 1958 in London geborene Gary Oldman (65) ist unzweifelhaft einer der grössten Schauspieler seiner Generation. Seine lange und profilierte Karriere wird der Star wohl demnächst an den Nagel hängen, wie er selbst erst im vergangenen Jahr gegenüber der «London Times» erklärte. «Ich will nicht mehr aktiv sein, wenn ich 80 bin», sagte Oldman, der am heutigen Tag seinen 65. Geburtstag feiert.
Das Schauspiel-Chamäleon fügte hinzu: «Ich habe eine beneidenswerte Karriere gehabt, aber Karrieren schwinden, und ich habe andere Dinge abseits der Schauspielerei, die mich interessieren». Oldman-Fans müssen jedoch nicht sofort verzagen, denn noch ist der faszinierende Darsteller in der Agenten-Serie «Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb» auf dem Streamingdienst Apple TV+ zu sehen.
Die «Slough House»-Buchreihe von Vorlagenautor Mick Herron (59) kommt auf insgesamt sieben Einträge. Der Streamingdienst Apple TV+ hat bereits eine dritte und vierte «Slow Horses»-Staffel bestellt. Angesichts der Buchvorlage könnte Oldman also noch eine ganze Weile Hauptfigur Jackson Lamb verkörpern, einen – wie der Star selbst sagte – «rohen, furzenden, trinkenden, rauchenden, nicht politisch korrekten, übergewichtigen, schlecht angezogenen» Mann mit «fettigem Haar und schlechten Zähnen».
«Er ist grossartig», befindet Oldman über seine womöglich letzte Rolle.
Abonniert auf Schurken-Figuren
Oldman ist ein Kind der britischen Arbeiterklasse. Der Vater war Alkoholiker und verliess die Familie früh. Nach einem schwierigen Karriereanfang - er arbeitete unter anderem als Schuhverkäufer und in einem Schlachthaus, um sich sein Schauspielstudium zu finanzieren - etablierte sich Oldman als Theaterdarsteller und war schliesslich ab 1985 für ein Jahr Mitglied der renommierten Royal Shakespeare Company.
Zum Star wurde Oldman als Punk-Legende Sid Vicious (1957-1979) im kultigen Biopic «Sid & Nancy» (1986) von Regisseur Alex Cox (68). Die ikonische Rolle hätte der Schauspieler nach eigener Aussage um ein Haar nicht angenommen – und sie bot bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das folgende Jahrzehnt, als Oldman in grossen Filmproduktionen auf die Figur des psychotischen Bösewichts abonniert schien.
Jene häufig von ihm verkörperten Schurken-Figuren, so Oldman einmal gegenüber der «New York Times», würden «vom ersten Takt an brennen, sie sind wie Rock'n'Roll».
Nach seiner Übersiedlung in die USA zu Beginn der 1990er Jahre wirkte Oldman in einer ganzen Reihe wunderbarer Filmprojekte mit wie etwa «State of Grace» (deutscher Titel: «Im Vorhof der Hölle», 1990), «JFK: Tatort Dallas» (1991), «Bram Stokers Dracula» (1992) oder «True Romance» (1993).
Oldmans wohl bekannteste Rollen aus den Neunziger Jahren sind jedoch wohl die des drogensüchtigen DEA-Agenten Norman Stansfield aus Luc Bessons (63) Filmklassiker «Léon - Der Profi» (1994) sowie des Bösewichts Jean-Baptiste Emanuel Zorg aus Bessons fulminantem Sci-Fi-Feuerwerk «Das fünfte Element» (1997). Gerade die Verkörperung der zwei letztgenannten Schurken schien dem auch für sein Overacting bekannten Darsteller geradezu diebischen Spass zu machen.
«Früher habe ich Wodka ausgeschwitzt»
Sein Privatleben hält der bisher fünf Mal verheiratete Oldman nach Möglichkeit aus der Presse – und ist damit eher untypisch für Hollywood. Unter anderem war er von 1990 bis 1992 mit Uma Thurman (52) verheiratet, und hat drei Kinder in die Welt gesetzt.
Daneben führte Oldman einen langen Kampf gegen den Alkoholismus. «Früher habe ich Wodka ausgeschwitzt», verriet der Star der «Los Angeles Times», um hinzuzufügen: «Während ich trank, arbeitete ich und konnte mich an meine Dialogzeilen erinnern, also fühlte ich mich, als würde ich damit durchkommen, aber tief in mir drin, unter dem Nichtwahrhabenwollen, wusste ich Bescheid».
Seit 1997 ist Oldman nach eigener Aussage trocken.
«Harry Potter», Batman und der überfällige Oscar
In den 2000er Jahren war Oldman vermehrt in Franchises und ganz grossen Hollywood-Blockbustern zu sehen. So verkörperte er in insgesamt vier «Harry Potter»-Filmen von 2004 bis 2011 die Figur Sirius Black, und spielte in der zwischen 2005 und 2012 erschienenen «Dark Knight»-Trilogie von Meister-Regisseur Christopher Nolan (52) Commissioner Gordon.
Für seine Verkörperung von Hauptfigur George Smiley in dem Agentenfilm-Meisterwerk «Tinker Tailor Soldier Spy» (deutscher Titel: «Dame, König, As, Spion», 2011) war Oldman im Jahr 2012 zum ersten Mal für einen Oscar nominiert. Die vorherige jahrzehntelange Nichtberücksichtigung durch die Oscar-Academy stellt rückblickend geradezu einen Skandal dar, und wirkt «unbegreiflich», wie Oldmans Landsmann und Schauspielkollege Colin Firth (62) befand. «Ich denke, er sollte inzwischen schon sieben Mal gewonnen haben», erklärte Firth im Jahr 2011.
Im Jahr 2018 klappte es dann endlich mit dem ersehnten Oscar. Oldman wurde als «Bester Hauptdarsteller» für seine Darstellung von Winston Churchill (1874-1965) im Historienfilm «Die dunkelste Stunde» ausgezeichnet. Eine weitere – wieder erfolglose – Nominierung folgte im Jahr 2021 für den sehr sehenswerten Netflix-Film «Mank» von David Fincher (60), in dem Oldman mit Herman J. Mankiewicz (1897-1953) den schwer trinkenden Drehbuchautor von «Citizen Kane» spielt.