Wir haben nicht viel zu lachen im Moment. Da haut uns das Coronavirus seit Monaten jegliche Pläne um die Ohren, viele sitzen allein (manche durchaus einsam) daheim im Homeoffice – und insgeheim sehnen wir uns doch alle nach ein bisschen Normalität und Menschlichkeit. Unsere Ansprüche an Normalität haben wir inzwischen vermutlich alle ziemlich runtergeschraubt.
Normalerweise würden wir uns doch gar keine Gedanken über dieses Bild von Präsident Biden und Dr. Jill Biden beim Abschied vor dem Weissen Haus machen. Im Prinzip passiert ja nicht viel: Ein Ehepaar sagt «tschüss» bevor jeder einzelne seines Weges zieht. Doch nach der vierjährigen Rüpel-Präsidentschaft von Donald Trump und «I don’t care do U?»-Melania ist der Anblick des Biden’schen Abschiedsküssens doch irgendwie versöhnlich.
Denn im berühmtesten Haus der Welt (gut, das könnte auch der Buckingham Palace sein, das ist nun Ansichtssache) sind wieder Menschen zuhause, die sich mögen. Denen man im Minimum einen Funken Anstand und Mitgefühl zutraut. Und das ist eine gute Nachricht. Denn wie man gerade im Lockdown immer wieder gerne von allen Seiten zugeraunt bekommt: Es sind die kleinen Dinge im Leben.
Die First Dogs Champ und Major, die mit Familie Biden ins Haus gezogen sind, werden die Probleme der Welt nicht lösen können. Auch der Gemüsekorb, den Jill Biden an Michelle Obama schickte, macht hungrige Kinder und Menschen, die am Existenzminimum oder darunter leben, nicht satter. Das ist vollkommen klar. Es reicht auch für Präsident Biden nicht, seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkindern gegenüber süss zu sein. Er hat viel Arbeit vor sich. Es wird nicht einfach.
Aber (da ist immer irgendwo ein «Aber») diese simplen Dinge, diese stinknormalen Kleinigkeiten, wirken wie die perfekte Antithese zu dem, was wir während der letzten vier Jahre serviert bekommen haben. Selbst wenn wir uns davon auch nichts kaufen können. Das dort an der Schaltzentrale der Macht ein Babybett für den jüngsten Biden-Enkel im Trubel nicht vergessen geht, das ist schlicht nett. Dort lebt jetzt wieder eine Familie, die offenbar das Grundprinzip des Zusammenlebens verstanden hat - man muss nett zueinander sein. Das ist beruhigend. Immerhin ist diese Familie ziemlich mächtig.
Und deshalb ist dieser kleine, flüchtige Abschiedskuss auf dem Rasen vor dem Weissen Haus so wichtig. Ein bisschen Menschlichkeit und Normalität tut uns im Moment allen gut. Selbst wenn wir aus tausenden Kilometern Entfernung wie beim Sturm aufs Kapitol auch nur zuschauen können.