Der öffentlich ausgetragene Gerichtsprozess zwischen Johnny Depp (59) und Amber Heard (36) hat über Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Nun berichtet ein Geschworener über die Sicht der Jury auf den Fall und den Prozess.
Heards Tränen während der Anhörung bezeichnete der Geschworene in der Sendung «Good Morning America» als «Krokodilstränen»: «Es kam nicht glaubwürdig rüber. Es wirkte, als wäre sie in der Lage bei ihren Emotionen einen Schalter umzulegen. Sie beantwortete eine Frage und weinte dabei und zwei Sekunden später wurde sie wieder eiskalt. Es wirkte nicht natürlich.»
Der Geschworene ist bisher der erste und einzige, der sich zu dem Prozess äussert, will seinen Namen aber nicht in den Medien sehen. Seiner Darstellung nach litt Heards Glaubwürdigkeit nicht nur unter ihrem Verhalten während der Aussagen.
«Es war unaufrichtig»
«Tatsache ist, dass sie überhaupt nicht viel preisgegeben hat», sagte der Geschworene. «Es war unaufrichtig.» Er beschuldigte auch Heards Anwaltsteam, ihr schlechte Ratschläge gegeben zu haben - zum Beispiel, die Jury bei der Beantwortung der Fragen direkt anzuschauen. «Wir alle fühlten uns sehr unwohl», sagte er.
Heard war von der Mehrheit der Jury als Aggressor in der Beziehung angesehen worden, erzählte das Jury-Mitglied. So frage er sich, warum sie Depp, den sie als aggressiv darstellte, ein Messer geschenkt habe. Oder: «Wenn sie Johnny Depp wirklich dabei helfen wollte, von den Drogen loszukommen, warum nahm sie dann in seiner Nähe Drogen?»
Skepsis im Umgang mit Zeugenaussagen
Der Geschworene erklärte auch, dass die Jury sehr skeptisch mit den vorgelegten Beweisen und Zeugen umgegangen sei. Alle Aussagen von Angestellten, Verwandten oder Freunden hätte die Jury verworfen. Genau wie die Einschätzungen von Experten, die von einer der beiden Parteien bezahlt worden waren.
Der Geschworene berichtet weiter, dass keiner in der Jury Fan von den beiden Schauspielenden war. Auch stritt er ab, von Social Media beeinflusst worden zu sein. «Es waren sehr schwere Anschuldigungen und es ging um viel Geld. Also haben wir es nicht auf die leichte Schulter genommen.»
10,35 Millionen Dollar Strafe für Heard
Heard hatte 2018 in der «Washington Post» einen Beitrag veröffentlicht, in dem sie davon schrieb, Opfer häuslicher Gewalt geworden zu sein. Zwar hatte sie Depps Namen damals nicht erwähnt, der Hollywood-Star verklagte sie trotzdem auf 50 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 46,7 Mio. Euro) Schadensersatz. Durch die Veröffentlichung des Artikels soll seine Karriere seiner Meinung nach stark gelitten haben.
Die Jury sprach Amber Heard der Verleumdung schuldig. Als Strafe waren 15 Millionen Dollar (etwa 14 Mio. Euro) vorgesehen, wegen geltender Gesetze in Virginia, wo der Prozess stattfand, wird Heard jedoch nur mit 10,35 Millionen US-Dollar (etwa 9,66 Mio. Euro) belastet. Auch Depp wurde eine Strafe in Höhe von zwei Millionen Dollar (etwa 1,9 Mio. Euro) auferlegt. Ein früherer Anwalt Depps habe die Schauspielerin verleumdet, stellte die Jury fest.