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Vor dem Fussball-WM-Final

Messis grosser Traum

Genial auf dem Rasen, unscheinbar daneben: Argentinien verehrt seinen Lionel Messi. Vergleicht ihn mit Maradona. Und erwartet von ihm endlich den dritten WM-Titel. Das, was ihm noch fehlt.

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DOHA, QATAR - NOVEMBER 19: Lionel Messi of Argentina poses during the official FIFA World Cup Qatar 2022 portrait session on November 19, 2022 in Doha, Qatar. (Photo by David Ramos - FIFA/FIFA via Getty Images)

Der Unvollendete: Bisher fehlt Lionel Messi nur noch der WM-Titel zu einer perfekten Karriere.

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Held oder tragische Figur? Erlöser der Nation oder Unvollendeter? Seit fast 20 Jahren verdreht Lionel Messi (35) Fussball-Enthusiasten aus aller Welt den Kopf, wenn er den Ball am Fuss hat. Auch in Katar wieder. «Ein Marsmensch namens Messi», schreibt die spanische Sportzeitung «As», und der «Guardian» wird sogar poetisch: «Jedes seiner Spiele an dieser WM ist ein Sinnbild für die flüchtige Zerbrechlichkeit der menschlichen Schönheit, den ewigen Lauf der Zeit.»

«Es macht keinen Spass, gegen ihn zu spielen»

Ja, es ist eine aussergewöhnliche Figur, die im Final am Sonntag ihr allerletztes WM-Spiel bestreitet. Aussergewöhnlich genial. Teuer. Treu. Mit seiner brillanten Technik, seinen Dribblings, seinem Schuss kann er im Alleingang ein Spiel entscheiden. SRF-Experte Beni Huggel versuchte auf dem Platz mehrere Male, das zu verhindern. «Auramässig spürst du nicht viel, wenn du neben ihm stehst», sagt der 45-Jährige. «Aber es macht keinen Spass, gegen ihn zu spielen. Er ist einfach zu schnell.»

Lionel Messi

Messis Liebste sind in Katar dabei: Frau Antonella sowie die drei Söhne Thiago, Mateo und Ciro fiebern mit.

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Die Besonderheit seines Werdegangs beginnt bereits nach der Kindheit in seiner Heimat Rosario, der drittgrössten Stadt Argentiniens. Doch so begabt Messi ist, so klein ist er aufgrund einer Wachstumsstörung. Eine Behandlung können sich die Eltern als Fabrikarbeiter und Putzfrau nicht leisten. Auch deshalb verlässt er Argentinien bereits als 13-Jähriger; beim FC Barcelona erhält Messi die nötige Medizin – und einen Vertrag. Die Unterschrift auf der berühmt gewordenen Serviette lagert heute im Safe einer Bank. «Ich verstand nicht wirklich, was es bedeutete, mein Land, meine Leute, meine Freunde zu verlassen und irgendwo anders, so weit weg, ein neues Leben zu beginnen», blickt er kürzlich in der spanischen Sportzeitung «Olé» zurück. «Aber ich habe nicht einmal gezögert.»

 

Lionel Messi

Die Messi-Hochzeit 2017 in Rosario nach acht Jahren Beziehung. Sohn Thiago findet die Knutscherei der Eltern peinlich.

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Bereits damals kennt er seine grosse Liebe Antonella Roccuzzo, die Cousine seines Jugendfreunds Lucas Scaglia. Die beiden sind bis heute skandalfrei zusammen, haben die Söhne Thiago (10), Mateo (7), und Ciro, (4). 2017 heiraten sie mit 260 Gästen in ihrer Heimatstadt. Nach dem WM-Halbfinal gegen Kroatien äussert er sich ungewohnt emotional und privat – er, der sonst vor den Mikrofonen als zurückhaltend, wenn nicht langweilig gilt. «Ich dachte zuallererst an meine Familie. Für mich ist sie das Allerwichtigste im Leben. An meine Frau, sie hat auch schwere Zeiten durchlebt. Sie war immer an meiner Seite.» Und als er nach dem Viertelfinal gegen Holland ein TV-Interview unterbricht und den Spieler Wout Weghorst mit «Was schaust du so, Blödmann?» anschnauzt, drucken die Argentinier tags darauf freudig bereits T-Shirts mit dem Spruch.

Lionel Messi

Teenagerliebe: Für Antonella schwärmt Lionel schon als Neunjähriger; als Jugendliche kommen sie dann zusammen.

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Messis Treue zeigt sich nicht nur in der Liebe, sondern auch im Vereinsleben. Bis 2021 bleibt er in Barcelona – ungewöhnlich im heutigen Fussballgeschäft. Doch dann hat der FC Barcelona so grosse Schulden, dass er sich Messi nicht mehr leisten kann. Bei Paris Saint-Germain soll er pro Jahr immer noch 40 Millionen Euro verdienen. In Paris brilliert er zuerst nicht, doch gefährlich bleibt er in jeder Situation, «weil er kaum Platz braucht für einen Schuss», sagt Huggel. «Früher stand er manchmal unbeteiligt am Rand herum. Dann musste man ihn wie eine Lampe anstellen, indem man ihm den Ball gab, wie Xavi mal sagte.»

 

FUSSBALL: Argentinien, TV Show 'La Noche del Diez' (The Night of Number 10), Buenos Aires, 29.08.2005 Lionel MESSI (FC Barcelona, l.) und Moderator Diego Armando MARADONA © pixathlon

Die beiden Grössten Argentiniens vereint: Lionel Messi und Diego Maradona 2005.

pixathlon / Argenpress

Alles hat «La Pulga», der Floh, gewonnen – ausser den WM-Titel. Das ist sein grösster Traum. Siegt Argenti-nien, wird die ewige Frage neu diskutiert: Ist Lionel Messi besser als der 2020 verstorbene Nationalheld Diego Maradona? Dieser führte Argentinien 1986 zum letzten WM-Titel, unter anderem dank der «Hand Gottes» und seinem Jahrhundert-Tor.

Seit je wird Messi an der Legende Maradona gemessen, dessen Leben allerdings ebenso viele tragische Momente produzierte wie geniale auf dem Rasen. Und Messi? Bindet den Unvergessenen ein: «Diego sieht uns vom Himmel zu und pusht uns. Ich hoffe, dass dies bis am Ende so bleibt.»

Von Eva Breitenstein am 17. Dezember 2022 - 08:00 Uhr