Sie trägt Lack und viel Leder, farbenfrohe Federn, viel Nude und das alles gerne in XS. Nein, Kim Kardashian, 39, ist nicht gerade für ihre zurückhaltenden Looks bekannt.
Auch an der Met Gala von vergangenem Jahr sorgt sie mit ihrem Aufzug für Furore. Ihr fleischfarbenes Thierry-Mugler-Kleid mit Wassertropfen-Applikationen geht in die Geschichtsbücher der legendärsten Looks der an sich schon legendären Gala ein. Denn die Sanduhr-Silhouette, die sie da präsentierte: next level.
Doch auf einem ebenso hohen Niveau ist auch der Leidensweg gelegen, den sie für ihren Wespentaillen-Look in Kauf nehmen musste. Gegenüber dem «WSJ Magazin» offenbarte Kim: «Noch nie hatte ich in meinem Leben solche Schmerzen.»
Das erstaunt kaum, vergleicht man mal Kims natürliche Silhouette (wobei das Adjektiv durchaus infrage zu stellen ist) mit den Umrissen, die sie in ihrem Gala-Look präsentierte. Doch trotz aller eingesteckten Auas und Benachteiligungen – der Reality-Star konnte in dem Dress nicht einmal aufs Hüsli! – ist Kim weit weg davon, ihren Look zu bereuen.
Das hat die Unternehmerin jetzt in einem Spiegel-Video unter Beweis gestellt. In diesem präsentiert sie voller Stolz ein Korsett, wie es bereits an der Met Gala für Furore gesorgt hat. Und: Auch ein Jahr, nachdem die Aufnahme entstanden ist, hat die Korsage noch immer das Zeug, Unruhe zu stiften.
Ihre Fans nämlich sind Kims Killer-Taille nicht unbedingt positiv gestimmt. «Eine unsägliche Darstellung der Frau und des Körperbilds», meckert etwa einer. «Das sieht nicht mal gut aus, sondern kränklich und unnatürlich», findet ein anderer. Ein weiterer sorgt sich um Kinder und junge Mädchen, die das Video sehen. «Das ist einfach nur krank.»
In uns schreit es: Body Positivity! Lasst die arme Kim doch tun und lassen, was sie möchte. Recht machen kann sie es eh nie allen, so sehr sie sich auch anstrengt.
Doch andererseits ist da auch die innere Mutti in uns, die vor lauter Panik nicht wegsehen kann. Und da geht es gar nicht um das unnatürliche Körperbild, das Kim mit ihrer XS-Taille womöglich jungen Mädchen vermittelt. Viel eher sorgen wir uns um sie selbst. Denn gesund – das haben die Fans richtig erkannt – ist der Look beim besten Willen nicht.
Das Gefährliche am Eingezwängt-Sein ist schnell erklärt. Ein bisschen Biologie-Unterricht in jungen Jahren oder ein Nachschlagewerk zur Anatomie der Frau reicht da völlig aus. Damit eine solch unnatürlich schmale Taille überhaupt möglich ist, wird die Korsage (zu) eng geschnürt. Das hält zwar äusserlich alles im Zaum, innerlich aber bringt es den Körper ziemlich durcheinander.
So sind die Langzeitfolgen von zu eng geschnürten Korsagen drastisch: Durch die künstliche Verengung des Brustkorbs werden die Organe verschoben. Dadurch können sie gequetscht und verletzt werden. Auch die Wirbelsäule wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Und auch die Muskulatur bildet sich bei regelmässigem Tragen zurück, stützt das Korsett doch den Oberkörper von allein und muss dieser damit nicht von Rücken- und Bauchmuskulatur gehalten werden.
Doch seit das Korsett 2000 vor Christus von den Minoerinnen erstmals getragen wurde, hat es immer mal wieder eine Renaissance gefeiert. Als Inbegriff der Sanduhrfigur gilt auch heute noch Marie Antoinette (1755-1793), die mit Monsterröcken, üppig beladenem Derrière und einer Wespentaille zu ihrer Zeit den Schönheits-Takt vorgegeben hat.
Obschon sich das Idealbild der Frau immer mal wieder verändert hat – erinnern wir uns an die kurvige Marilyn Monroe in den 50ern oder die knochige Kate Moss in den 90ern –, wird das möglichst grosse Verhältnis zwischen Taille und Hüfte auch heute noch als schön empfunden. Nicht umsonst hat sich etwa Reality-TV-Sternchen Sophia Vegas, 32, zwei Rippen auf jeder Seite entfernen lassen. Die als «Real Life Barbie» bekannte Valeria Lukyanova tat es ihr gleich, um ihrem grossen Puppen-Idol nachzueifern.
Natürlich kann man infrage stellen, ob man der Schönheit willen, dient es denn wirklich dieser, den Körper umbauen lassen muss. Rippen sind bekanntlich nicht zur Deko da. Doch auch bei Vegas und Lukyanova gilt die einfache Regel: ihr Körper, ihre Entscheidung.
Auch Kim Kardashian dürfte herzlich egal sein, was ihre Follower von ihrem Wespen-Wunder halten. Und das darf es ihr auch. Solange sie sich wohlfühlt, ist alles gut. Da geht es uns schlichtweg nichts an, wenn wir uns beim besten Willen nicht vorstellen können, dass sie das so eingequetscht auch wirklich tut.