Am Ostersonntag und -montag richteten sich die Augen des US-Fernsehpublikums gespannt auf den Sender CBS News, wo Hunter Biden, 51, in einem zweiteiligen Interview unter anderem über das sprach, was die Nation nicht erst seit der Wahl seines Vaters Joe Biden, 78, zum Präsidenten beschäftigte: seine Drogensucht, seine Affären und sein Verhältnis zu seiner Familie. Der Grund: Hunter Biden hat seine Memoiren verfasst. «Beautiful Things» - zu Deutsch «Schöne Dinge» - erscheint heute.
Das Schwierigste sei es gewesen, über seine Crack-Abhängigkeit zu schreiben, so Hunter. Irgendwann sei es so schlimm gewesen, dass seine Töchter ihn daran hindern wollten, aus dem Haus zu gehen, indem sie sich ihm in den Weg stellten. Biden beschreibt auch die Reaktion seines Vaters. «Er umarmte mich und weinte. Er sagte: «Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich weiss es einfach nicht. Bitte.» Und ich dachte nur daran, dass ich ihm irgend etwas sagen musste, damit er mich loslässt und ich gehen und mir den nächsten Schuss besorgen kann.»
Mittlerweile glaube er, dass die traumatischen Erfahrungen in seiner Vergangenheit viel mit seiner Sucht zu tun haben, sagt der Anwalt und Wirtschafts-Lobbyist. 1972 verlor er seine Mutter und seine kleine Schwester Naomi bei einem Autounfall. Hunter und sein älterer Bruder Beau, der 2015 an einem Hirntumor starb, waren mit im Auto. Man habe in der Familie nie wirklich über diese Verluste gesprochen, so der Präsidenten-Sohn. «Ich weiss nicht, warum uns das so schwerfiel. Wir hätten es tun sollen.»
Als er seine jetzige Frau Melissa Cohen, eine südafrikanische Filmemacherin, kennen lernte, stellte sie ihn vor die Wahl: «Ich oder die Drogen.» Da habe er gewusst, dass dies seine letzte Chance ist, sagt Hunter Biden, der mittlerweile dem Crack abgeschworen hat.
Ein weiteres Thema, das für Aufruhr sorgte, war Hunters Affäre mit seiner Schwägerin Hallie nach dem Krebs-Tod seines Bruders Beau, der mit 46 starb. Er verstehe, dass die Leute dies als störend empfunden hätten, so Hunter. Für ihn sei es allerdings nicht schwer zu erklären. «Wir teilten diese unfassbare Trauer um den selben Menschen. Aus dieser Trauer entstand so etwas wie die Hoffnung auf eine Liebe, die vielleicht ersetzen könnte, was wir beide verloren haben.» Trotzdem habe er wohl zu dieser Zeit viele falsche Entscheidungen getroffen. «Auch wenn die Leute, die mich liebten, mich immer verstanden haben.»
So auch sein Vater. Heute telefonieren die beiden jeden Abend. «Er ruft mich immer an. Wissen Sie, warum? Weil er weiss, wie es sich anfühlt, wenn man nicht mehr mit dem eigenen Sohn sprechen kann.» Und weiter: «Ich kenne keine stärkere Kraft als die Liebe meiner Familie – ausser die Sucht.»
Papa Joe Biden hat die Memoiren seines Sohnes bereits gelesen. «Ich habe endlich das Gefühl, mein Junge ist zurück», sagte er gegenüber CBS.