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Oscar-Gewinnerin

Jessica Chastain – die Frau, die vorausgeht

Rothaarig, bleich und klein – lange lässt Hollywood Jessica Chastain links liegen. 2011 explodiert die Karriere der Schauspielerin. Jetzt, elf Jahre später, holt sie einen Oscar. Ausgezeichnet ist auch ihr Einsatz für Diversität, Lohngleichheit und Kinderbetreuung im Filmbusiness.

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Paris, France, le 18 juin 2018 --- séance photo avec Jessica CHASTAIN posant en longue robe bleue griffée Missoni à l'hôtel Shangri-La. L'actrice de 41 ans est venue assister au lancement de la nouvelle collection de bijoux de Piaget - dont elle est est ambassadrice internationale - au Palais d'Iéna. Jessica Chastain 

Auf der Sonnenseite des Lebens: Jessica Chastain (sie trägt als Künstlerin den Geburtsnamen ihrer Mutter) boxte sich in Hollywood durch.

VINCENT CHAPMAN / PARIS MATCH / SCOOP

Jessica Chastain, 45, glaubt seit je fest an sich. Sie tut früh, was ihr gefällt – und worin sie gut ist. Schliesst sich als Teenie erst einer Tanztruppe an, spielt später Theater. Die Liebe zur Bühne pflanzt die Grossmutter ihrer schüchternen Enkelin ein, sie nimmt die Siebenjährige mit zur Musicalaufführung «Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat». «Da stand ein Mädchen auf der Bühne. Und ich dachte: Das bin ich. Von dem Tag an wusste ich, was ich mein Leben lang tun würde: auf der Bühne stehen», sagt Chastain.

Durch die Schule mogelt sich die Einzelgängerin mehr schlecht als recht, sie schliesst die Highschool nicht ab. «Ich dachte, ich sei keine intelligente Person, weil meine Noten schlecht waren.» Ihr Appell: «Es gibt Kinder da draussen, die nicht gut sind in der Schule – ich hoffe, sie denken nie, dass sie dumm sind. Es kommt nur darauf an herauszufinden, wo deine Interessen liegen und worin du gut bist.»

Ihre Eltern, so verrät sie ihren Kolleginnen Kristen Stewart und Jennifer Hudson einmal, wären nie auf die Idee gekommen, sich zu wünschen, dass sie Ärztin werden könnte. Sie hätten die Haltung gehabt: «Was immer du machen möchtest, versuche es.» Chastain glaubt, dass sie nicht zuletzt auch deshalb Schauspielerin geworden ist, weil sie aus einer «sehr armen» Familie stammt.

HOLLYWOOD, CALIFORNIA - MARCH 27: Jessica Chastain, winner of the Oscar for Actress in a Leading Role for “The Eyes of Tammy Faye”, poses in the press room during the 94th Annual Academy Awards at Hollywood and Highland on March 27, 2022 in Hollywood, California. (Photo by Jeff Kravitz/FilmMagic)

Glanzvoller Auftritt: Zweimal schon war Chastain für einen Oscar nominiert. Jetzt hat sie ein Goldmännchen.

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Robin Williams bezahlt ihr Studium

Geboren 1977 als Jessica Michelle Howard im kalifornischen Sacramento, wächst Chastain mit vier Geschwistern und ihrer Mutter auf. Die Köchin Jerri Renee trennt sich von ihrem Mann und Jessicas Vater, dem 2013 verstorbenen Rockmusiker Michael Monasterio. Er zahlt nie Unterhalt, sein Name taucht nicht einmal in der Geburtsurkunde auf. Das Verhältnis zu ihm beschrieb Jessica als «distanziert». Grossgezogen wird sie von ihrem Stiefvater Michael Hastey, einem Feuerwehrmann. «Er war einer der ersten, der mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben hat.»

Nach einem Auftritt als Julia in «Romeo und Julia» wird Jessica ermutigt, bei der berühmten Juilliard School in New York vorzusprechen. Als sie angenommen wird, sind ihre Eltern entsetzt, denn sie haben fünf Kinder, aber kein Geld. Dank einem Stipendium von Hollywood-Star Robin Williams für mittellose Schauspielstudenten packt Jessica ihre Siebensachen in einen gebrauchten Toyota Prius und bricht nach New York auf. Sie arbeitet hart, ihre Lehrer fordern sie sogar auf, mal einen Tag nicht zu büffeln. «Mich interessierte aber nichts anderes», sagt Chastain. Ihr Stiefvater erzählt bis heute stolz, dass sie nie auch nur einen einzigen Cent von ihm verlangte.

LOS ANGELES, USA - MARCH 27, 2022: Jessica Chastain arrives on the red carpet outside the Dolby Theater for the 94th Academy Awards in Los Angeles, USA. (Photo credit should read P. Lehman/Future Publishing via Getty Images)

Lange wissen die Hollywood-Caster nichts mit ihr anzufangen: «Ich sah zu untypisch aus. Klein, rothaarig, blass.»

Future Publishing via Getty Imag
«Ich wollte kein Filmstar werden»

Der Anfang ihrer Karriere verläuft schleppend. Werbespots halten Chastain über Wasser, einem lokalen TV-Sender steht sie auf Abruf für kleine Nebenrollen zur Verfügung. «Die meisten Casting-Directors wussten nichts mit mir anzufangen. Ich sah zu untypisch aus. Klein, rothaarig, blass.» Sie bleibt trotzdem gelassen. «Ich wollte kein Filmstar werden.» Sie hat kleine Rollen in «Dark Shadow», einem Remake der gleichnamigen Soap aus den 1960er Jahren, sowie in der TV-Serie «Law & Order: Trial by Jury» und steht auf Theaterbühnen. Als sie mit Al Pacino Oscar Wildes Drama «Salomé» spielt, ist der Schauspielstar von ihr so angetan, dass er überall begeistert von ihr erzählt. Auch der britische Regisseur Ralph Fiennes schwärmte: «Ihre Emotionen sind auf ihrer Haut. Sie schauspielert nicht, alles fliesst durch ihren Körper, vollkommen mühelos.» 2011 explodiert Chastains Karriere, als sie in gleich sieben Spielfilmen zu sehen ist. Terrence Malicks «The Tree of Life» macht sie schlagartig berühmt.

Vor der Kamera brilliert sie in Action- und Horrorfilmen, dahinter setzt sie sich in ihrer eigenen Produktionsfirma für mehr Diversität und gleiche Bezahlung von Frauen und Männern im Filmgeschäft ein. In der #MeTooDebatte meldet sie sich von Beginn an zu Wort, gründet die Initiative Time’s Up, um Geld für Opfer sexueller Übergriffe zu sammeln. Im Interview mit dem «Tagesspiegel» sagt sie 2018, sie wolle mindestens einmal im Jahr mit einer Regisseurin drehen, weil so andere Geschichten erzählt würden.

BEVERLY HILLS, CALIFORNIA - MARCH 27: Jessica Chastain and Gian Luca Passi de Preposulo attend the 2022 Vanity Fair Oscar Party Hosted by Radhika Jones at Wallis Annenberg Center for the Performing Arts on March 27, 2022 in Beverly Hills, California. (Photo by Daniele Venturelli/WireImage)

Er gibt ihr Halt: Seit 2017 ist Chastain mit dem italienischen Grafen Gian Luca Passi de Preposulo verheiratet. Sie haben eine Tochter.

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Sie pfeift auf den Adelstitel ihres Mannes

Bezüglich Privatleben hält sie es mit ihrem Idol, der französischen Schauspiel-Ikone Isabelle Huppert. «Ich will niemandem sagen, was ich frühstücke. Dieser Teil von Ruhm interessiert mich nicht.» Chastain begeistert sich für Kunst, Architektur, Mode und Ballett, ist Veganerin, trinkt keinen Alkohol und macht sich ebenso wenig aus Süssigkeiten wie aus dem Adelstitel ihres Mannes. Ihre Hochzeit mit Gian Luca Passi de Preposulo, 40, Manager der italienischen Edelmarke Moncler, feiert sie 2017 mit Gästen wie Al Pacino, Anne Hathaway und Emily Blunt in der schlossartigen Villa Tiepolo in Carbonera (I). Seit 2018 hat das Paar eine Tochter, Giulietta, 3. Bei Drehs, die Chastain als Produzentin betreut, gibts seither einen Wohnwagen für die Kinderbetreuung – eine ziemliche Ausnahme in der Filmwelt.

Von René Haenig am 2. April 2022 - 18:09 Uhr