«Sag was, Schatz, sag was», flüstert Janet Jackson, 54, ihrer Nichte Paris zu und führt sie zum Mikrofon. «Ich wollte nur sagen, dass ich dich so sehr liebe.» Die Worte der weinenden Elfjährigen an der offiziellen Trauerfeier für ihren verstorbenen Vater Michael Jackson, †50, berühren. Es ist der 7. Juli 2009. Danach schweigt Paris jahrelang.
«Ich war ein in der Öffentlichkeit gefangenes Mädchen»
«Seither ging ich durch die Hölle», meldet sich Paris Jackson jetzt mit klaren Worten zurück. «Ich war ein in der Öffentlichkeit gefangenes Mädchen. Die Leute vergassen, dass ich ein Mensch bin.» Die Worte der 22-Jährigen sind verletzlich wie damals, aber zugleich stark.
Die Tochter der Musiklegende und der Krankenschwester Debbie Rowe, 61, tritt jetzt selbstbestimmt in die Öffentlichkeit. «Wenn ich nicht über meinen Schmerz spreche oder ihn in meine Musik packe, wird es mein Leben ruinieren, mich besitzen, und ich wäre für immer Sklavin dieses Schmerzes», sagt sie in der Dok-Serie «Unfiltered: Paris Jackson and Gabriel Glenn» auf Facebook.
Nach dem King of Pop gibt es wieder einen Musiker in ihrem Leben: Band-Kollege und Lebenspartner Gabriel «Gabe» Glenn, 31. «Er versteht meinen Schmerz.» Als sie den Amerikaner im April vor zwei Jahren in einem T-Shirt ihrer Lieblingsband Mötley Crüe in West Hollywood erblickt, gibts für sie nur ein Wort: «Wow!» Auch er sagt: «Sie hat mich gleich umgehauen.» Eine Woche später zieht sie bereits zu ihm in seinen Van. Gabriels Nomadenleben erinnert Paris an ihre Kindheit. «Das einzige Daheim, das ich bisher je kannte, war mein Dad. Und jetzt habe ich Gabe.»
«In der Black Community ist Homosexualität ein Tabu. Also habe ich es versteckt»
Dass sie in einem «Dude» ihr Liebesglück fand, überrascht Paris, die zuvor viele «Chicks» wie Topmodel Cara Delevingne, 27, datete. Und auch einen Mann mit einer Vagina. «Es geht nicht darum, was in deiner Hose ist, sondern wen du als Person magst.» Michael Jackson hat früh gemerkt, dass seine Tochter sich auch für Mädchen interessiert, und sei natürlich damit umgegangen. Dieses Verständnis änderte sich, als Paris und ihre Brüder Prince Michael, 23, und Prince Michael II, 18, nach Jackos Tod in die Obhut von Grossmutter Katherine, 90, kamen. «In der Black Community ist Homosexualität ein Tabu. Also habe ich es versteckt.»
Mit ihren blauen Augen und den hellen Haaren fühlt sich Paris Jackson oft etwas fremd in der Familie. «Doch sie liessen es mich nie spüren – im Gegenteil.» Doch öffentlich wird sie ständig beurteilt: «Als man schrieb, ich sei fett, begann ich mich selbst zu verletzen, mich zu ritzen und mich zu brennen.» In die Kamera sagt sie: «Ich bin noch weit davon entfernt, mich selbst zu lieben.»
Dabei ist Paris Jackson als Model gefragt, zierte das «Vogue»-Cover und lief bei Jean Paul Gaultiers Show über den Laufsteg. Und neben Charlize Theron spielte sie im Film «Gringo». Doch abseits des Scheinwerferlichts dominieren die dunklen Stunden. Paris leidet an wellenartigen Depressionen, versuchte sich sogar mehrfach das Leben zu nehmen. Heute verzichtet sie auf Medikamente. Lieber will sie den Schmerz spüren, als nichts zu fühlen.
«Was möchtest du mal sein?», fragte Michel Jackson in einem Video seine Prinzessin an ihrem vierten Geburtstag. «Ich möchte das tun, was du machst.» – «Und was mache ich?» – «Du tanzt und singst.»
Das musikalische Erbe ihres Vaters ist gross, sein Schatten riesig. Lange wollte sich Paris nicht eingestehen, Musikerin zu sein. «Gabe half mir zu realisieren, dass Singen das ist, wozu ich geboren wurde. Und dass Musik das Gesündeste für mich ist.» Paris Jackson hat ihre Stimme wieder gefunden. Und sie singt – «schliesslich bin ich eine Jackson».