Frank Elstner wird 80 – und das deutsche Fernsehen beschenkt ihn so reich wie kaum einen anderen lebenden Deutschen.
Am Karfreitag huldigten illustre Gäste wie Anke Engelke (56), Jean-Claude Juncker (67), Barbara Schöneberger (48), Jan Böhmermann (41), Günther Jauch (65), Michelle Hunziker (45) und Thomas Gottschalk (71) dem Urgestein des deutschen TV-Entertainments in «Frank Elstner – noch eine Frage!». Der SWR, so etwas wie der Heimathafen von Frank Elstner, strahlte ab Ostersonntag mehrere vergangene Sendungen des Fernsehmoderators aus, darunter seine Talksendungen und diverse Ausgaben von bekannten Formaten wie «Die Montagsmaler» und «Elstners Reisen».
Angesichts dieser Flut von Ehrfurchtsbezeugungen wundert man sich schon ein wenig, dass ausgerechnet das ZDF nichts Ähnliches stemmt. Schliesslich geht es um Frank Elstner, der für den Mainzer Sender die erfolgreichste Sendung überhaupt erfunden hatte: «Wetten, dass..?»
Die Show war ein Strassenfeger am Samstagabend, bei sich dem die ganze Familie vor dem Fernseher versammelte und Thomas Gottschalk zum Superstar machte. Frank Elstner selbst moderierte «Wetten, dass..?» von 1981 bis 1987 39 Mal. Das Konzept hat er laut eigenen Angaben in einer schlaflosen Nacht in zwei Stunden entwickelt. Er grübelte, warum im Fernsehen nicht gewettet wird. Dann setzte er sich mit einer Flasche Rotwein an den Küchentisch und fing an, zu schreiben. Als die Flasche leer war, stand das Konzept für «Wetten, dass..?»
Das war 1981, da war er schon ein alter Hase. Zuvor war er Sprecher, Chefsprecher und Programmdirektor von Radio Luxemburg, hatte die europäische TV-Show «Spiel ohne Grenzen» moderiert und dem ORF-Chef Gerd Bacher in Wien beim Aufbau des legendären Rundfunksenders Ö3 geholfen. Auf Südwest 3 präsentierte er die Spielshow «Die Montagsmaler».
Eigentlich heisst Frank Elstner Timm Franz Maria Elstner, geboren 1942 in Linz. Die Mutter, eine Schauspielerin, entstammte einer grossbürgerlichen Berliner Familie, der Vater war Österreicher und ebenfalls Schauspieler und Operettenbuffo. Der Sohn zog mit den Eltern durch die Lande, je nach Engagement. Sesshaft wurde die Familie in Baden-Baden, wo Mama Hilde Sprecherin beim Südwestfunk wurde und Papa Erich die Operettenbühne leitete und nach deren Aus ebenfalls beim Funk einstieg.
Auch der kleine Timm kam zum Radio, zum Kinderfunk. Er wirkte bei Hunderten von Sendungen mit. «Der Südwestfunk wurde mein zweites Zuhause. Und ich – neben Volker Lechtenbrink und Andreas von der Menden – eines der meistbeschäftigten Funkkinder der Bundesrepublik», schrieb er später in seinem Buch «Wetten Spass. Mein Leben, meine Gäste, meine Shows».
Mit zehn Jahren lieh er in einem Hörspiel dem Bambi seine Stimme. Danach klopfte ihm ein Herr, der in Begleitung des Intendanten ins Studio gekommen war, auf die Schulter und lobte ihn: «Das hast du ganz toll gemacht.» Jahre später hat er erfahren, dass dieser Herr der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Hermann Hesse (1877-1962) war.
Elstner hätte gern Theaterwissenschaft studiert, doch leider ging das nicht, da er durch die Abitur-Prüfungen gefallen war. Also bewarb er sich mit 21 Jahren als Sprecher bei Radio Luxemburg – und wurde genommen. Da wurde auch aus dem Timm ein Frank, weil ein anderer Moderator Tom hiess und man befand, dass «Tim und Tom klang wie Fix und Foxi», wie er dem «Spiegel» sagte. Also nannte er sich Frank, wie übrigens auch sein älterer Bruder heisst.
In Luxemburg legte er den Grundstein für seine einzigartige Unterhaltungskarriere – trotz des Augenleidens Mikrophthalmie, durch das er sein rechtes Auge verlor und mit 20 ein Glasauge bekam. Und obwohl er unter wahnsinnigem Lampenfieber litt, welches ihn schon donnerstags nicht mehr schlafen liess, wenn er eine Samstagabendshow zu moderieren hatte. Er glaubt, dass er dies von seinem Vater vererbt bekommen hat, der sei vor Lampenfieber nämlich einmal auf der Bühne in Ohnmacht gefallen.
Nach dem grandiosen «Wetten, dass..?» moderierte Elstner mit wechselndem Erfolg Shows wie «Verstehen Sie Spass?» (Das Erste), «Menschen der Woche» (SWR), «Nase vorn» (ZDF), «Die besten im Südwesten» (SWR), «Das unglaubliche Quiz der Tiere», «Einfach Millionär» (ARD), «Jeopardy!» (RTL) oder «Aber Hallo» (RTL). Und in seiner Sendung «Die stillen Stars» (ZDF) interviewte Elstner in 113 Folgen 138 Nobelpreisträger, was er noch immer als seinen «grössten Triumph» empfindet. In seinen Shows ging es ihm als Moderator vor allem immer darum, seine Gäste im Mittelpunkt glänzen zu lassen, er selbst stellte sich eher in den Hintergrund.
Frank Elstner ist in dritter Ehe verheiratet und Vater von insgesamt fünf Kindern. Eine Tochter ist Schauspielerin, ein Sohn führt eine Berliner Produktionsfirma. Elstner ist seit vielen Jahren Vegetarier und beschreibt sich selbst als tierlieb.
Nach wie vor entwickelt seine Baden-Badener Ideenfabrik «Elstnertainment» Medienkonzepte der Unterhaltung. Er selbst präsentierte auf Netflix die Talkshow «Wetten, das war's..?», für die er 2021 den Nachwuchs-Bambi erhielt – zwei Jahre nach dem Bambi fürs Lebenswerk. Dort gab er 2019 auch seine Parkinson-Erkrankung bekannt.
Seit acht Jahren leidet er an dem langsam fortschreitenden und unheilbaren Verlust von Nervenzellen. Da habe er Jahrzehnte gesund gelebt, sich gesund ernährt, viel Sport getrieben und alles für ein langes Leben getan. Und dann das! «Hoppla», habe er sich gedacht, «du bist jetzt nicht auf der Siegerseite.»
In einem Interview mit der «Zeit» sagte Elstner, dass er «eigentlich fürs Fernsehen gar nicht gemacht» sei. «Ich habe den Frank Elstner immer nur gespielt. Vielleicht hat mich das krank gemacht.» Er sei eben kein 1,85 Meter grosser blonder Kerl, dem alle hinterherrennen. «Ich musste immer kämpfen», ergänzte er bei seinem Freund Markus Lanz (53). «Ich musste mehr tun als andere. Ich wusste immer wahnsinnig viel arbeiten.»
Es gehe ihm aber relativ gut, er habe, verglichen mit anderen Patienten, kein Parkinson, sondern ein «Parkinsönchen». Er nimmt Medikamente, die sein Zittern dämpfen, er treibt Sport im Fitnessraum im Keller seines Hauses, tobt sich am Boxsack aus, schwitzt auf der Rudermaschine.
Vor seinem 80. Geburtstag habe er «höllischen Respekt», sagte er dem «Spiegel». Sein eigentliches Ziel im Leben ist ihm gut geglückt: «Satt zu werden». Und beim zweiten stehen die Chancen auch nicht schlecht: «Ich möchte in den Himmel kommen.»