Es ist die Woche des Eurovision Song Contest 2019! Bereits zum dritten Mal beherbergt Israel den ESC. Die Stadt hat zehntausende Eurovision-Touristen aus aller Welt erwartet. Und diese gehören mit ihrer überschwänglichen Euphorie und ansteckend guter Laune zu den angenehmsten.
Dass das Gastgeberland auf einen Rekord-Umsatz hofft, ist nichts Neues. Jedes Jahr schiessen die Hotel- und Flugpreise dort in die Höhe, wo die Eurovision stattfindet. Aber wie bei fast allem hat Tel Aviv auch hier übertrieben: Am Schluss werden wohl bloss 5'000 Touristen kommen. Warum?
Wer während dem ESC in Tel Aviv nächtigen möchte, musste zunächst tief in die Tasche greifen. Zwei- bis viermal so viel wie sonst wollten die Hoteliers für ihre Betten. Und in Tel Aviv bewegt man sich auch sonst schon auf teurem Pflaster. Ein durchschnittliches Hotelzimmer kostet um die 250 Franken pro Nacht. Alles andere als ein Schnäppchen.
Dazu kommen die wohl teuersten Eurovision-Tickets überhaupt: Zwischen 210 Franken und 550 Franken für das Finale. Damit war schnell klar: Das wird für die Besucherinnen und Besucher die vielleicht teuerste Eurovision überhaupt. Und weil wirtschaftlicher Optimismus Teil der israelischen Kultur ist, gingen die Verantwortlichen von ausgebuchten Hotels aus. Und organisierten gar ein Kreuzfahrtschiff, das in Tel Aviv hätte anlegen sollen, um den Bedarf an Unterkünften zu decken. Dazu kam es nicht: Freie Hotelzimmer gibt es noch viele, sogar Tickets für die Show sind noch verfügbar. Tel Aviv war wohl vielen dann doch zu teuer.
Auch die Preise für Airbnb-Unterkünfte – die in Tel Aviv ohnehin schon zu den teuersten der Welt gehören – schossen in die Höhe: Viele junge Tel Avivis haben sich bereits im Winter entschieden, ihre Wohnung für die ESC-Woche zu vermieten und während dieser Zeit zu ihren Eltern zu ziehen. Wer einen Untermieter gefunden hat, verdient innert weniger Tage eine oder gar zwei Monatsmieten. Wer jedoch jetzt noch Untermieter sucht, spielt ein weniger lukratives Spiel.
Glück haben hingegen all diejenigen Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich spontan für einen Besuch am ESC entschieden haben. Die Preise sind in den letzten Wochen wieder um 70 Prozent gesunken. Und auch jetzt, in der Woche des Finales, kann man für moderate Preise in die Eurovision-Stadt reisen.
Auch wenn die Preise an den Wolken kratzten, kommt der eine oder andere Tourist. Fast alle diese Menschen sprechen Englisch. Da kam so manch ein israelischer Taxi-Fahrer im Vorfeld ins Schwitzen. Die Stadt Tel Aviv und private Anbieter haben «Verhaltens-Kurse» für Serviceangestellte angeboten. Kurse, in denen vor allem Taxi-Fahrer ihre Englischkenntnisse auffrischen konnten und etwas über freundlichen Small-Talk lernten (wie ihr im angefügtem Video unschwer erkennen könnt).
Auch am bekannten Carmel-Markt wurden Gemüse- und Souvenir-Verkäufer darin unterrichtet, wie man mit internationalen Gästen kommuniziert. Sogar Polizisten nahmen teil. Nicht, dass Tel Aviv sonst keine Touristen kennen würde. Aber an einem solchen Grossevent möchte man sich von der besten Seite präsentieren und die Touristen mit der doch sehr direkten israelischen Art nicht einschüchtern.
Der ganzen Eurovision-Hysterie wurde an dem Tag die Krone aufgesetzt, an dem bekannt wurde, dass Superstar Madonna, 60, am Finale singen wird. Ein nettes Geschenk des israelischen Milliardärs Sylvan Adams, der den Auftritt der Queen of Pop finanziert: Eine schlappe Million Dollar lässt sich Madonna das Singen von zwei Songs kosten. Kann man machen.
Mit oder ohne Madonna, mit oder ohne Touristenflut: Die Stimmung in der Partymetropole des Nahen Ostens ist super. Ein Jahr lang hat Tel Aviv auf diese Woche gewartet und endlich ist sie da. Endlich geht der Balagan – das Chaos, wie man auf Hebräisch sagt – los. Yalla, Balagan!