Sie ist der Shootingstar der deutschen Politik. Und bald Bundeskanzlerin? Der Bundesvorstand der Grünen nominierte Annalena Baerbock soeben als Kanzlerkandidatin. Die 40-Jährige ist damit nicht nur die erste grüne Kanzlerkandidatin, sondern auch die jüngste der Geschichte.
Mit Dossiersicherheit, Akribie und Hartnäckigkeit katapultierte sich Baerbock in die oberste politische Liga. Der ehemalige Aussenminister Joschka Fischer sagte laut tagesschau.de über sie: «Annalena kommt für mich aus dem Nichts.»
Spektakuläre Höhenflüge ist sich Baerbock bereits gewohnt – sie war Trampolinspringerin und als Leistungssportlerin dreimal Dritte bei den Deutschen Meisterschaften. Baerbock, die seit 2018 mit Robert Habeck die Doppelspitze der Grünen Bundespartei bildet, sieht durchaus Parallelen zwischen dem Springen auf politischem und sportlichen Parkett, wie die mögliche Nachfolgerin von Kanzlerin Angela Merkel gegenüber dem Magazin «Zeit» sagte: «Wenn man etwas Neues schaffen will, dann muss man den Mut haben, den Absprung zu schaffen, sonst wird sich nichts verändern und man lernt auch nichts dazu.»
Ihre Laufbahn bei den Grünen wurde von ihrem Elternhaus praktisch schon vorgespurt. Sie wuchs mit zwei Schwestern und zwei Cousinen auf einem Bauernhof in der Kleinstadt Pattensen bei Hannover auf. Ein Greenpeace-Poster hing an ihrer Wand und mit ihren Eltern – die Mutter Sozialpädagogin, der Vater Maschineningenieur – besuchte Baerbock bereits als Kind Friedensdemonstrationen und Demos gegen die Atomkraft.
Nach dem Abitur studierte sie Recht und Politikwissenschaften und machte den Masterabschluss in Völkerrecht an der London School of Economics bevor sie in die Politik einstieg. Seit 2013 ist Baerbock Mitglied des Deutschen Bundestags.
Kritiker monieren, dass die Frau, die für die neue, pragmatische Generation der Grünen steht, für das Kanzleramt Regierungserfahrung fehle. Politische Ämter ausserhalb der Partei hatte sie nämlich noch nie inne. Baerbock entgegnet, sie «trete an für Erneuerung».
Und die Frage der Zeitung «Bild», ob sie denn die psychischen und körperlichen Kräfte habe, den Kanzler-Job durchzustehen, kontert sie souverän: «Glauben Sie mir: Drei Jahre als Parteichefin, Abgeordnete und Mutter kleiner Kinder stählen ziemlich», sagt die mit Politikberater und PR-Manager Daniel Holefleisch, 48, verheiratete Mutter zweier Töchter im Primarschulalter.
Wie bei vielen Frauen in der Öffentlichkeit, musste sich Baerbock auch schon unangebrachte Bemerkungen zu ihrem Aussehen gefallen lassen. Zum Beispiel, als sie vor einem Jahr im Talk mit Anne Will ein Blümchenkleid trug. Für ihre Outfitwahl gabs auch Spott und Hohn nach dem Motto: Wer sich so kleide, könne in der Politik nicht ernst genommen werden.
Annalena Baerbock beweist das Gegenteil. Am Parteitag im Juni soll die Bestätigung ihrer Kandidatur folgen – reine Formsache. Die Entscheidung, ob sie tatsächlich die Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird, fällt voraussichtlich am 26. September.