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Hotelplan-Suisse-Chefin

«Fliegen war zu günstig»

Seit der Pandemie steigen die Flugpreise: Nicole Pfammatter, Chefin von Hotelplan Suisse, über Flugscham bei Teenagern, ihren Geheimtipp gegen lange Schlangen beim Check-In und das wachsende Interesse an Zugreisen.

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Nicole Pfammatter, Hotelplan, 2023

Nicole Pfammatter am Hauptsitz von Hotelplan in Glattbrugg ZH. Seit einem Jahr ist die gebürtige Walliserin Chefin von Hotelplan Suisse. 

David Biedert

Im gläsernen Bürogebäude von Hotelplan in Glattbrugg ZH stehen unzählige Pflanzen, Sonnenschir- me und Lounges, die an Hotellobbys erinnern. «Da kommt man in Ferienstimmung, oder?», sagt Hotelplan-Suisse-Chefin Nicole Pfammatter (51).

Laut der «NZZ am Sonntag» wird Fliegen wieder exklusiv. Sehen Sie das gleich?
Es kommt drauf an, welche Destination man wählt. Zentral ist zudem, ob man Economy oder Business fliegt. Die Business-Preise sind überproportional gestiegen, wohingegen Economyklasse-Billette ein anderes Bild zeigen.

Also greift man nicht tiefer in die Tasche als vor der Pandemie, wenn man etwa mit der Familie in die USA fliegen will?
Nach Nordamerika ist der Preis in der Economy mit einer ausländischen Airline gleich wie 2019 – bei der Swiss kostet der Flug drei bis fünf Prozent mehr.

Und nach Asien?
Da sind die Preise tatsächlich höher. Das asiatische Flugvolumen liegt bei 75 Prozent der früheren Kapazitäten. Sobald alle Flugzeuge wieder in der Luft und die Plätze verfügbar sind, werden sich die Preise bewegen. Wo wir ebenfalls eine klare Preissteigerung sehen – zwischen 30 und 45 Prozent –, ist in Europa. Flüge nach Kopenhagen, Paris, London oder München sind klar teurer geworden.

Woran liegts?
Die Airlines haben sich die nachhaltigere Fliegerei auf die Fahne geschrieben. Das heisst, sie investieren viel Geld in neue Entwicklungen – das kostet. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Städtereisen grösser ist als das Flugangebot. Wieso sollen die Airlines günstige Tarife auf den Markt bringen, wenn sie die Plätze sowieso verkaufen?

Hat man mit dieser grossen Nachfrage nicht gerechnet?
Nicht in diesem Tempo. Die Leute reisen wieder wie 2019. Die Airlines brauchen natürlich Zeit, um ihre Flieger wieder in Betrieb zu nehmen, die Crews zu aktivieren, Piloten aufzubieten. Sind die höheren Preise für Sie als Reiseanbieter ein Problem? Nein, unser Mehrwert ist, den Leuten aufzuzeigen, welche Destinationen mit ihrem Budget infrage kommen. Mit der Inflation sind die Kosten für Essen und Hotels etwa in den USA gestiegen. Nach Asien sind die Flugpreise zwar höher, aber die Kosten vor Ort tiefer.

Nicole Pfammatter, Hotelplan, 2023

Nicole Pfammatter steht 550 Mitarbeitenden und 82 Filialen vor. Sie verbrachte ihre gesamte Berufskarriere im Tourismus, spricht fünf Sprachen, ist verheiratet und lebt in Greifensee ZH.

David Biedert

War Fliegen früher zu billig ?
Ja, Fliegen war zu günstig. Ich finde die momentane Entwicklung richtig und sinnvoll. Ich verstehe nicht, warum eine Zugfahrt ins Wallis teurer sein soll als ein Flug nach London.

Steigen die Preise noch weiter?
Bis im Sommer bleiben die Flugpreise sicher auf diesem Niveau.

Und danach?
Die Frage ist, wie die Entwicklung aussieht, wenn alle Flugzeuge wieder in der Luft sind. Klar ist, dass die Airlines das Thema Nachhaltigkeit weiter vorantreiben, was sich teilweise in den Flugpreisen widerspiegeln wird. Also werden Flüge für Familien in Zukunft generell Luxusgut? Nein, sie werden kein Luxusgut. Aber man bezahlt einen adäquaten Preis.

Eine Rückkehr zum Preiskampf zwischen den Billig-Airlines schliessen Sie aus?
Das würde die heutige Zeit nicht mehr zulassen. Wir sind früher gerne für ein Wochenende irgendwo hingeflogen – einfach um etwas zu erleben. Heute sehe ich bei Freunden mit Teenagern, dass das Thema Fliegen zu grossen Diskussionen führen kann. Entweder wollen die Jungen mit dem Zug reisen oder sie sagen: Ich komme mit, aber nur, wenn ihr keine Fotos macht!

Verändern die steigenden Flugpreise das Reiseverhalten – sprich, steigen die Leute auf andere Verkehrsmittel um?
Bei Zugreisen sehen wir ein Wachstum. Allerdings geniessen die Zugunternehmen im Ausland noch nicht das Vertrauen, was etwa Pünktlichkeit angeht. Da gibts viel Potenzial gegen oben. Im umliegenden Ausland sind sie aber daran, Angebot und Service auszubauen. Im Gegensatz zu den Airlines, die in einem Dachverband organisiert sind, funktionieren Zugunternehmen als eigenständige Staatsorganisationen. Da ist das Abstimmen und Optimieren nicht ganz so einfach. Hinzu kommt, dass jedes Land noch seinen Regelbetrieb mit S-Bahnen und Intercitys hat, in welchen der Fernverkehr verzahnt werden muss. Für die Kundinnen und Kunden wäre ein gut funktionierendes Zugnetz wahnsinnig attraktiv. Zum Beispiel Paris: Da fährt man mit dem TGV direkt ins Herz der Stadt und isst sein Pain au Chocolat, während andere noch am Flughafen warten.

In und um Bangkok mit Hotelplan CEO Nicole Pfammatter.

Nicole Pfammatter spricht fünf Sprachen. Hier begleitete sie die SI im August 2022 nach Thailand.

Joseph Khakshouri

Ist Nachhaltigkeit auch bei den Hotels ein Trend? 
Immer mehr Hotels eliminieren Plastik oder planen, Fotovoltaik auf dem Dach zu installieren – für Warmwasser und Klimageräte. Wir sind bestrebt, unseren Kundinnen und Kunden vermehrt nachhaltige Unterkünfte anzubieten.

Ist die Nachfrage überhaupt da?
Zurzeit ist die Nachfrage, einen Klimabeitrag an einen Flug zu bezahlen, noch grösser, als in ein nachhaltiges Hotel zu gehen. Unsere Aufgabe ist aufzuzeigen, warum etwa ein Hotel ein nachhaltiges Label hat.

Die Pfingstferien stehen vor der Türe. Wie läuft das Geschäft?
Sehr gut.

Gemäss dem Vergleichsportal «Idealo» kommt es an Pfingsten für Flüge in den Süden zu einem durchschnittlichen Preisanstieg von 58 Prozent!
Auch hier: Es kommt drauf an, wo man hinfliegt. Wer nach Kreta, Kos, Rhodos, Mallorca, in die Türkei oder nach Zypern will, findet attraktive Preise –weil wir ja im Sinne unserer Kundschaft Kontingente eingekauft haben. Aber ja, die Nachfrage ist riesig, das Angebot teilweise knapp – das führt zu höheren Preisen. Vor allem für jene, die am Abend vor Auffahrt abfliegen und am Sonntag wieder zurück.

Welche Destinationen sind zu Pfingsten angesagt?
Die griechischen Inseln, Zypern. Der absolute Renner ist zurzeit Ägypten. Seit Corona profitieren die Leute übrigens vermehrt von Workation.

Workation?
Der Mix aus «Work und Vacation» – Ferien und Arbeit. So bucht eine Familie drei Wochen Ferien, und die letzte Woche arbeitet ein Elternteil am Laptop vor Ort. Der Rest der Familie geniesst den Strand.

«Nicht in den ersten beiden Sommerferienwochen fliegen»

Apropos: Wie läuft das Sommerferiengeschäft?
Läuft wie warme Weggli. Vor allem Mittelmeerdestinationen und Kanada.

Sollte man früh buchen oder spät?
Reist man mit der Familie, insbesondere wenn man ein Familienzimmer oder zwei angrenzende Zimmer will, unbedingt früh buchen. Wer flexibel ist, kann last minute noch Schnäppchen erwischen.

Letzten Sommer herrschte an den Flughäfen Europas Chaos. Auch in Zürich gab es diese Woche lange Schlangen. Was kommt auf uns zu?
Der Flughafen Zürich hat viel unternommen, damit sich die Wartezeiten verringern. Etwa mit dem 24-Stunden-Check-in vor Abflug. Die SBB haben ein neues Konzept: Sie holen den bereitgestellten Koffer einen Tag vor Reisebeginn ab. Die Krux ist, dass die Kantonspolizei nicht nachkommt mit dem Rekrutieren von Mitarbeitenden, welche die Sicherheitskontrollen machen, dort ist das Nadelöhr. Die Kapo empfiehlt, dass die Leute kein Handgepäck mitnehmen sollen. Allerdings gibt es ganz viele Tarife ohne aufgegebenes Gepäck. Dann nimmt man natürlich ein Handgepäck mit. Hinzu kommt: Viele Leute sind nach wie vor irritiert, dass man nur 100-ml-Fläschli – in einem Plastiksäckli – mitnehmen kann. Da sind wir etwas lernresistent (lacht). Aber ich habe einen Geheimtipp.

Wir sind gespannt!
Ab Flughafen Bern fliegen. Dort ist es, wie durch das Wohnzimmer zu laufen.

Aber die Destinationen sind begrenzt.
Wir fliegen in den Sommermonaten von Bern sechs Topdestinationen an.

Und was ist mit Basel und Genf?
Allgemein sind die Wege an kleineren Flughäfen kürzer und das Reisen daher unkomplizierter.

Noch ein Tipp zum Geldsparen?
Nicht in den ersten beiden Sommerferienwochen fliegen, lieber im August. Da sind die Preise attraktiver.

Was ist Ihre nächste Feriendestination?
Ich reise an Auffahrt eine Woche nach Madeira. Ich habe dort Schweizer Freunde, die ich jedes Jahr besuche. Flora und Fauna sind unglaublich.

Jessica Pfister
Jessica PfisterMehr erfahren
Interview: Jessica Pfister am 30. April 2023 - 17:30 Uhr