Es ist zunächst ein ganz normaler Tag vergangenen Juli, als Herzogin Meghan, 39, morgens im Schlafzimmer ihrer Villa in der hügeligen Millionärs-Enklave Montecito wach wird, sich aus dem Bett schwingt, die Zähne putzt und sich anschliessend in ihrer Küche zu schaffen macht. Für die Ehefrau von Prinz Harry, 36, beginnt die tägliche Routine: Frühstück zubereiten, die beiden Hunde Pula und Guy füttern, Vitamine nehmen. An diesem Morgen findet Meghan noch eine verlorene Socke und hebt einen unter den Tisch gerollten Buntstift auf.
«Es ist qualvoll, wenn ein Paar sein Kind verliert. Meine Gedanken sind mit ihnen!»
Prinz Harrys Onkel Charles Spencer
Als sie ins Kinderzimmer huscht, bindet sich die Mutter noch schnell ihre Haare zum Zopf, ehe sie ihren Sohn Archie, 1, aus dem Bettchen hebt, um ihn zu wickeln. Sie hat gerade die Windeln des Kleinen gewechselt, als sie einen stechenden Krampf spürt. «Mit ihm in den Armen ging ich zu Boden.» Mit diesen Worten schildert Herzogin Meghan in einem Essay der «New York Times» vom Mittwoch ihre im Sommer erlittene Fehlgeburt (siehe S. 16). Meghan summt ein Schlaflied, «um uns beide zu beruhigen», erinnert sie sich. «Das fröhliche Lied – ein krasser Kontrast zu dem deutlichen Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Während ich mein erstgeborenes Kind umklammerte, wusste ich, dass ich mein zweites verlor.»
Meghans Worte gehen zu Herzen – und unter die Haut. Dass sie ihr Erlebnis jetzt mit der Öffentlichkeit teilt, habe mit ihrer Erkenntnis zu tun, dass in einem Raum von 100 Frauen 10 bis 20 schon einmal eine Fehlgeburt erlitten haben. «Viele erlebten es schon, aber nur wenige sprechen darüber.» Sie und Harry hätten in den Wochen nach dem für sie traumatischen Erlebnis gelernt, dass der Schmerz leichter werden könne, wenn man sich öffne und darüber spreche. Meghan: «Ein Kind zu verlieren, heisst, eine fast unerträgliche Trauer mit sich zu tragen.»
Laut der britischen BBC ist Meghan nach dem Erlebten inzwischen wieder bei guter Gesundheit. Sie und Prinz Harry würden sich weiterhin Zeit nehmen, um zu verarbeiten, was im Juli passierte. Der Königshof hat sich nach dem aufsehenerregenden Essay Meghans bisher mit einem öffentlichen Statement zurückgehalten. Ein Sprecher des Buckingham-Palastes sagte gegenüber BBC nur: «Das ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit, die wir nicht kommentieren werden.»
«Are you OK?» – «Geht es Ihnen gut?»
Herzogin Meghan
Zu Wort meldet sich dagegen Harrys Onkel Charles Spencer, 56. Der jüngere Bruder von Harrys 1997 verstorbenen Mutter Lady Diana ist gerade per Videocall in der britischen TV-Show «Lorraine» zugeschaltet, als die traurige Nachricht aus den USA bekannt wird. Er versucht, seinem Neffen und dessen Frau Trost zu spenden, sagt: «Ich kann mir nicht vorstellen, wie qualvoll es ist, wenn ein Paar auf diese Weise sein Kind verliert. Es ist so sehr, sehr traurig. Alle meine Gedanken sind heute mit ihnen.» Spencer ist Vater von zwei Söhnen und fünf Töchtern.
Wie sehr Harry gelitten hat, wird deutlich, als Meghan die Zeit nach ihrem Zusammenbrechen beschreibt. «Stunden später lag ich in einem Spitalbett und hielt die Hand meines Mannes. Ich küsste seine Fingerknöchel, die feucht waren von unseren Tränen. Während ich die kalten, weissen Wände anstarrte, wurden meine Augen glasig. Ich versuchte mir vorzustellen, wie wir je wieder heil würden.» Bei diesen Worten dürften manche Leserinnen der «New York Times» leer geschluckt haben. Es ist ein seltsamer Zufall: Genau vor einem Jahr hat sich das Paar in der TV-Doku «Harry and Meghan: An African Journey» des britischen Senders ITV so offen und verletzlich wie nie zuvor gezeigt. Nun gewährt Meghan erneut tiefe Einblicke in das Gefühlsleben ihrer jungen Familie. «Im Spitalbett sitzend. sah ich, wie das Herz meines Mannes brach, während er versuchte, die zerbrochenen Teile meines Herzens zusammenzuhalten.»
Worte, die Erinnerungen wachrufen! Erst im vergangenen Jahr gestand Meghan nach zahlreichen ätzenden Social-Media-Kommentaren, süffisanten Boulevard-Storys und indiskreten Veröffentlichungen privater Briefe der frisch geadelten Herzogin und frischgebackenen Mutter an ihren Vater Thomas Markle: «Er hat mein Herz in 1000 Stücke zerbrochen.» So sehr Harrys Frau derzeit mit Trauer und Tränen zu kämpfen hat, sie ist eine starke Frau, eine Kämpferin. Sie erinnert sich an die Frage, die ihr TV-Reporter Tom Bradby vor einem Jahr stellte: «Are you OK?» – «Geht es Ihnen gut?» Genau diese Worte richtet Meghan im Spital auch an ihren Mann: «Are you OK?» Harry hat bereits einmal einen über alles geliebten Menschen verloren. Er war gerade zwölf, als seine Mutter Diana bei einem Verkehrsunfall in Paris das Leben verlor.
Adelsexperte Alexander von Schönburg, 51, ist überzeugt, dass Meghan sehr viel Mitgefühl aus Grossbritannien zuteil werden wird und auch die Königsfamilie ihr Liebe und Mitgefühl entgegenbringt. «Ich kann mir vorstellen, dass die Queen zum Hörer greift und einfach anruft. Sie wird sicher auch mit Harry, ihrem Enkel, darüber sprechen wollen.» Meghan dürfte das gefallen. Beide werden bei der Queen Trost finden.