Erinnert ihr euch noch, wie märchenhaft die Geschichte von Herzogin Meghan, 37, begann? Die Welt dachte schon, der arme Prinz Harry, 34, werde nie mehr eine Liebe finden. Bis sie kam: Die schöne, schwarzhaarige Meghan Markle. Das Scheidungskind mit gehässiger Familie. Alle hatten Mitleid mit ihr, hatten feuchte Augen, als sie und Harry sich das Jawort gaben.
Ein Jahr später kann es Meghan niemandem mehr Recht machen. Plötzlich hat es jeder schon immer gewusst: Meghan passt nicht zu den Royals, Harry hätte eine Bessere verdient – und sowieso will sie nur Ruhm, Titel und Geld. Was aber gibt uns das Recht zu diesem Urteil? Denn betrachtet man die Fakten, hat Meghan nichts falsch gemacht.
In Grossbritannien etwa wird Meghan aktuell mit Königin Marie Antoinette der 1780er-Jahre verglichen, als Synonym für Verschwendung pur. TV-Moderator Piers Morgan listet für diesen Vergleich Kosten für die Hochzeit, die Renovierung des neuen Zuhauses oder die Baby-Shower-Party auf. Und auch, dass sich Meghan regelmässig in teuren Designerkleidern zeigt, passt niemandem.
Was aber ist dran an den Vorwürfen? Die Hochzeit von Harry und Meghan verfolgten Millionen vor dem Fernseher – und das gerne. Vielleicht hätten Harry und Meghan auch lieber privater geheiratet, sie haben uns alle aber an ihrem Glück teilhaben lassen. Nun denn: Ein solches Grossereignis kostet, hat es übrigens auch bei Herzogin Kate, 37, und Prinz William, 36. Gleiches gilt für die Renovierung ihres Frogmore-Cottages, die gleich teuer kam, wie die Renovierung von Kates und Williams Appartement im Kensington-Palast. Und die Baby-Shower-Party? Bezahlten zu einem Grossteil Meghans Freundinnen.
Bleiben noch die teuren Designkleider. Seien wir mal ehrlich: Würdet ihr euch nicht auch ab und zu gerne etwas Schönes leisten? Schliesslich arbeitet Meghan ja auch genug. Und Harrys Vermögen wird auf 35 Millionen Franken geschätzt. Ausserdem ist es ihre Aufgabe, als Herzogin zu repräsentieren. Und dass sie in den letzten Monaten nur wenige Kleider recycelt hat, liegt vielleicht auch schlicht daran, dass sie noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist. Und rund neun Monate davon zum ersten Mal in ihrem Leben schwanger war.
Eigentlich hätte dem britischen Königshaus nichts Besseres passieren können als Meghan Markle: Eine Schauspielerin, die zumindest bereits ein wenig Erfahrung hat mit dem Leben in der Öffentlichkeit. Aber auf diese Rolle hätte sie wohl niemand wirklich vorbereiten können – denn das ist ein anderes Level von Prominenz.
Stellt euch vor, auf euch würden bei jedem «Freigang» dutzende Fotografen und Fans warten. Jeder eurer Schritte würde aufs Genauste beobachtet – und ständig kritisiert. Wärt ihr nicht auch längst schon eingeschüchtert, würdet vielleicht an euch selber zweifeln? Ruhm, Titel und Geld hin oder her!
Meghan lässt sich davon nicht abschrecken. Sie nahm trotzdem bis vor wenigen Wochen fleissig Termine war – teilweise fleissiger als ihre Schwägerin Kate. Dass ihr dabei hochschwanger und bei all der Kritik nicht immer zum Lachen zumute war, ist nur menschlich. Ihr deswegen Arroganz vorzuwerfen jedoch nicht.
Wohl ebenfalls nicht hilfreich für ein lockeres Auftreten sind all die Regeln, die Royals befolgen müssten. Vor allem, weil sich die Öffentlichkeit genüsslich auf jeden Fehler der Herzogin stürzt. Sie gibt ein Autogramm, ihr Rock ist zu kurz, ihr Knicks zu schräg, ihre Schuhe zu hoch... Ich würde ja gerne die Kritiker an Meghans Stelle sehen. Ausserdem: Wer sagt, dass nicht auch eine Monarchie etwas moderner werden kann? Vor allem für jene Personen, die in der Thronfolge so weit hinten sind wie Harry und Meghan?
Der letzte Aufschrei dann kam vor wenigen Wochen, als Harry und Meghan bekanntgaben, dass sie die Geburt ihres Babys privat halten wollen. «Darf man doch nicht!», meinten einige. Es gibt aber kein Gesetz, dass Royals ihr Baby wenige Stunden nach der Geburt vor einem Spital in die Kameras halten müssen. Und vielleicht hat sich die Öffentlichkeit diesen Entscheid auch ein wenig selber zuzuschreiben. Würdet ihr der Presse nach der Hetzjagd in den letzten Monaten wirklich auch noch den Gefallen tun und einen der intimsten Momente in eurem Leben öffentlich zelebrieren?
Ein grosser Teil dieser Hetzjagd gründet auch auf dem angeblichen Streit zwischen Meghan und Catherine. Anscheinend herrscht bei vielen noch immer das antiquierte Bild vor, dass sich zwei schöne, moderne Frauen unweigerlich anzicken müssten. Ich persönlich (auch wenn dies ebenfalls Spekulation ist) kann und will aber einfach nicht glauben, dass sich die zwei nicht verstehen. Oder zumindest respektieren.
Aus Sicht von Kate muss Meghan doch eine Erlösung sein. Sie hat jetzt weibliche Unterstützung, muss vielleicht den einen oder anderen Termin weniger wahrnehmen und kann sich die mediale Aufmerksamkeit wenigstens ein bisschen teilen. Und auch Meghan dürfte doch froh sein um eine Freundin, mit der sie abends am Telefon ein bisschen lästern kann und die genau weiss, wovon sie spricht: Weil sie beide das Gleiche erleben. So zumindest stelle ich mir das vor.
Stattdessen soll Meghan nun dafür verantwortlich sein, dass Harry und William nicht mehr miteinander sprechen, dass sie die Haushalte getrennt haben, dass Harry und sie aus dem Kensington-Palast ausgezogen sind. Kann es nicht auch einfach sein, dass Harry und Meghan wirklich mehr Ruhe wollten? Und endlich ihr eigenes Zuhause, wo ihr Baby weitab des öffentlichen Rummels aufwachsen kann?
Ich hoffe, dass sie diese Ruhe in ihrem neuen Zuhause wirklich finden. Und Baby Sussex die Öffentlichkeit wieder etwas besänftigt. Denn auf was auch immer das ewige Rumgehacke auf Meghan gründet – auf Fakten nicht.
Fakt ist einzig: Irgendwann im Laufe der letzten Monate wurde Meghan zum öffentlichen Eigentum erklärt, das man ungestraft mobben darf. George Clooney hatte gar nicht so unrecht, als er im Februar meinte, dass Meghan inzwischen wie Diana gejagt werde. Auch bei der Königin der Herzen, †36, begann alles märchenhaft. Und endete tragisch. Vielleicht sollten wir deshalb einmal einen Schritt zurückstehen und uns überlegen: Braucht es wirklich in jedem Märchen eine böse Hexe?