Some falls are means the happier to arise («Manche Stürze bedeuten, dass man glücklicher aufsteht») schreibt Englands grosser Dramatiker William Shakespeare in seiner Tragödie «Cymbeline». Manche Stürze hat auch Henry Charles Albert David, Duke of Sussex, besser bekannt unter dem Kürzel Prinz Harry, hinter sich. Fehltritte und Skandale pflastern den Weg des jüngsten Sohnes von König Charles III. (75) seit je.
«Dirty Harry» und «Royaler Rebell» sind nur zwei Prädikate von vielen, die dem Prinzen anhaften. Einst Liebling der Nation, gilt Harry heute bei seinen Landsleuten als Antiheld der Monarchie. Jetzt wird Harry 40. Doch auch in der Lebensmitte angekommen, scheint der Prinz noch immer auf der Suche nach seiner Rolle – sowohl im englischen Königshaus als auch in seiner kalifornischen Wahlheimat. Dort besitzt er zwar ein Luxusanwesen, ist millionenschwer, hat mit Meghan (43) eine bildschöne Ehefrau an der Seite, dazu zwei bezaubernde Kinder, Archie (5) und Lilibet (3). Dennoch fühlt sich der Familienvater allein, verloren – sehnt sich nach der Heimat und seiner royalen Familie. Harry mutterseelenallein. Ein Prinz auf der andauernden Suche nach Glück und Liebe.
Kein einfaches Unterfangen! Zweiter Sohn des britischen Königs, jüngerer Bruder von Thronfolger William – und Sohn von Charles’ erster Frau Diana (†36), die als eine der grössten Medienfiguren des 20. Jahrhunderts gilt. Mehr Prominenz in der engsten Familie gibt es auf der Welt kein zweites Mal. Mittendrin im gleissenden Rampenlicht: Harry. Ewiger Zweiter. Reserve-Prinz.
Harry ist gerade einen Tag alt, als der kleine Prinz am 16. September 1984 von seinen Eltern der Presse – und damit der Welt – erstmals öffentlich präsentiert wird: Ihren Jüngsten in eine weisse Decke gehüllt, verlassen Charles und Diana gemeinsam das St Mary’s Hospital im Londoner Stadtteil Paddington. Diana wird in einem Interview später einmal sagen: «Harry ist mein Liebling!» Das Nesthäkchen wächst mit viel Liebe und besonderer Zuneigung der Mutter auf. Zeitlebens verbindet Diana und Harry ein speziell inniges Verhältnis.
Der Tod der Mutter löst ein Trauma aus
Die Trennung seiner Eltern 1992, der darauf folgende Rosenkrieg, dazu Schlagzeilen ohne Ende – all das setzt Harry gewaltig zu. Er fühlt sich hin- und hergerissen zwischen Charles und Diana – seiner «Mummy». Ihr früher Tod 1997 wird zu seinem Trauma. Das Bild des Zwölfjährigen, der mit gesenktem Kopf hinter dem Sarg der Mutter läuft – es wird zu einem der berührendsten Fotos des 20. Jahrhunderts.
Doch Mummys Liebling steht fortan nur noch stärker im Fokus der Medien. Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens lässt Harry fast nichts aus: Alkohol, Drogen, frivole Nacktfotos und ein dreister Auftritt mit Hakenkreuzbinde. Harry wird zum Skandalprinzen. Erstmals seinen Platz findet er im Militär. Dort erfüllt der Royal nicht nur seine Pflicht, sondern als Hubschrauberpilot hat Harry eine Aufgabe, die ihn erfüllt. Gegen den Willen der königlichen Familie dient der Prinz als Captain sogar im Krisengebiet von Afghanistan.
Die Ehe mit Meghan ist es, die ihm hilft, das Trauma seiner Kindheitstage aufzuarbeiten. Harry sieht mit eigenen Augen, wie seine Frau Meghan rassistischer Verfolgung durch die Presse ausgesetzt ist, dass sie verfemt und gejagt wird wie einst seine Mutter Diana. Seine royale Verwandtschaft sieht das anders – und keinen Handlungsbedarf. So kommts letztlich zum Bruch mit Vater Charles, seinem Bruder William (42) sowie dessen Frau Kate (42), die zeitweise sogar Harrys engste Vertraute war.
So unbeschwert Harry mit Meghan und den Kindern Archie und Lilibet seit dem «Megxit» im April 2020 in Kalifornien lebt, hin und wieder vermisst er seine Heimat. Etwa jüngst als Hugh Grosvenor (33) seiner Verlobten Olivia Henson (32) das Jawort gab. Dass er bei der Hochzeit des Kumpels im Juni nicht dabei gewesen ist, soll Harry schmerzen. Richard Eden, königlicher Kommentator der «Daily Mail», ist sich sicher: «Wie viele neue Showbiz-Freunde Harry auch in Kalifornien findet, es könnte eine Zeit kommen, in der er es bereut, den Kontakt zu seinen alten Freunden verloren zu haben.»
War Harry früher mit Händeschütteln und dem Erfüllen royaler Pflichten beschäftigt, nimmt er sich jetzt vor allem Zeit für seine Kinder Archie und Lilibet. Mit ihnen macht er Spazier-gänge am Strand, unternimmt Velotouren – oder lässt Drachen in den Himmel steigen. Nachbarn des Prin-zen berichten, dass er sich selten in der Öffentlichkeit zeigt und wenn, dann nur «sehr unauffällig».
Die Presse erschafft – und zerstört
Trotz seiner toxischen Beziehung zur Presse nutzt und sucht Harry sie regelmässig – wie schon seine Mutter Diana. Der Prinz braucht die Presse, um sich sein Leben in Freiheit überhaupt leisten zu können. Sicherlich hat er dabei aber auch den Ausspruch des ehemaligen britischen Königs Edward VIII., eines seiner Vorfahren, im Sinn: «Die Presse erschafft, die Presse zerstört.»
Harry muss jetzt sehr genau abwägen: Will er seine Erfahrungen mit «der Firma», wie sich die königliche Familie selbst sieht, weiterhin versilbern, indem er ausplaudert, was hinter Palastmauern passiert – oder die Klappe halten, getreu dem Motto: Schweigen ist Gold. «Er weiss, dass mit jeder weiteren Story über seine royale Vergangenheit die Chancen auf eine Versöhnung mit der Familie schwinden», sagt Königshaus-Expertin Leontine Gräfin von Schmettow (61). Harry gewinnt nur Vertrauen zurück, wenn er absolutes Stillschweigen bewahrt. Mit 40 reagiert er vielleicht weniger ungestüm als in der Vergangenheit. Ein Happy End im Familiendrama könnte so näherrücken – und der Prinz damit sein Glück und ein Stück Heimat wiederfinden.