Während lange Zeit der Spruch gilt, hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau, zeigte ein Mann am britischen Königshaus seit 1952, dass sich mit Queen Elisabeth II., 93, durchaus eine Frau um die Geschäfte kümmern kann, während er ihr den Rücken frei hält: Prinz Philip, 99, Herzog von Edinburg, Prinzgemahl, der zwar zeitlebens mit «Königliche Hoheit» angesprochen wird, aber als Ehemann einer Königin nicht selbst den Titel König tragen darf.
Der Grund: Er würde sonst protokollarisch einen höheren Rang als die Königin belegen. Prinz Philip aber verzichtet für die Liebe zu seiner Frau freiwillig nicht nur auf Rang und Titel, sondern er ordnet sein Leben ganz der Krone Englands und damit seiner Frau, der Königin, unter. Ein emanzipierter Royal, der seiner Zeit weit voraus ist.
An dem Tag, der den Rest seines Lebens verändern und ihn auf ewig zum Mann in der zweiten Reihe machen soll, sitzt der 30-jährige Philip in einem Baumhaus in Kenia und beobachtet mit seiner Liebsten, Elisabeth Alexandra Mary Windsor, Elefanten. Die beiden haben fünf Jahre zuvor, am 20. November 1947, geheiratet, und die Safari am Fuss des Mount Kenya ist das Hochzeitsgeschenk der Kronkolonie an das Paar.
Als Philip und Elisabeth in die Sagana Lodge zurückkehren, erwartet sie dort am 6. Februar 1952 die traurige Nachricht: Elisabeths Vater, König Georg VI., ist gestorben. Die 25-Jährige wird damit über Nacht zur Königin. Und Philip ist ab sofort der Mann hinter der Königin. Als Elisabeth schliesslich am 2. Juni 1953 zur Königin gekrönt wird, steht er auf dem offiziellen Krönungsporträt hinter ihr.
Philip erfährt schon sehr früh, was es bedeutet, verzichten zu müssen. Als er 1921 als Jüngster von Prinz Andreas von Griechenland und Dänemark und dessen Ehefrau, Prinzessin Alice von Battenberg, auf der griechischen Mittelmeerinsel Korfu geboren wird, gilt die Ehe der Eltern bereits als zerrüttet. Seine Mutter will das jedoch nicht wahrhaben. Als die Eltern nach einem Militärputsch ins Exil gehen müssen, entscheidet sich Philips Mutter mit den fünf Kindern für Paris, während sein Vater Monte Carlo vorzieht und sich dort mit der Geliebten vergnügt. Der einzige Kontakt zwischen Vater und Sohn besteht fortan in Briefen.
Verwandte und Freunde unterstützen die fünffache Mutter, während Philips Vater keinen Cent herausrückt. Der Junge wächst nicht nur ohne Vater auf; er verliert auch noch früh seine Mutter. Alice erkrankt psychisch, zeigt Züge von Schizophrenie, gleitet mehr und mehr in eine Traumwelt ab. Ihr Bruder lässt sie in die psychiatrische Klinik Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen TG einweisen. Philip wächst fortan bei verschiedenen Verwandten und seinen älteren Schwestern auf. Ein Jahr lang besucht er sogar das deutsche Elite-Internat Schloss Salem am Bodensee, wechselt später auf Internate in England und Frankreich. Er spricht fliessend Englisch, Deutsch und Französisch, versteht zumindest Griechisch, auch wenn er die Sprache selbst nur rudimentär sprechen kann.
Mit der Thronbesteigung seiner Frau hätte das Königshaus eigentlich Philips Familiennamen Mountbatten übernehmen können. Doch sowohl die Grossmutter seiner Frau, Queen Mary, als auch Grossbritanniens Premierminister Winston Churchill sind strikt dagegen – und es bleibt beim Namen Windsor. Es ist das einzige Mal, dass sich Prinz Philip beklagt. «Ich bin der einzige Mann im Land, der seinen Namen nicht an seine eigenen Kinder weitergeben darf.»
Dabei hat er seinen ursprünglichen Familiennamen von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg bereits mit dem Wechsel zur britischen Staatsangehörigkeit in Mountbatten geändert, um Elisabeth 1947 überhaupt heiraten zu können. Und dabei auch auf seinen Titel, Prinz von Griechenland und Dänemark, verzichtet.
Ade sagen musste Philip seiner Ehefrau wegen auch seiner Karriere als Offizier bei der Royal Navy. Bis zu seiner Heirat hatte er mehrere militärische Höchstränge inne: Er ist Grossadmiral, Feldmarschall und Luftmarschall. Danach ist er nichts mehr.
Obwohl – er wird mit seiner teils raubeinigen und kauzigen Art zu einer idealen Ergänzung seiner Ehefrau, der allseits disziplinierten und oftmals kühl wirkenden Königin. Legendär sind Philips Sprüche und Fettnäpfchen, wobei er selbst im Dunkeln lässt, ob sie einfach schwarzem Humor geschuldet sind oder einer gewissen Rebellion als «Nur»-Ehemann.
So begrüsst er etwa 1997 den damaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl mit den Worten «Guten Tag, Herr Reichskanzler» oder meint bei einem Besuch auf Papua-Neuguinea trocken zu seinem Gegenüber: «Sie haben es also geschafft, nicht verspeist zu werden.»
Während der Prinzgemahl mit solchen und anderen undiplomatischen Scherzen manchen Protokollbeamten zum Schwitzen bringt, löst er bei den einfachen Briten eher Erheiterung aus und lässt sie nach Jahrzehnten so vergessen, dass er deutsche Wurzeln hat. Selbst seine Schwiegermutter bezeichnete ihn anfangs als «Hunnen», ein Schimpfwort der Briten für Deutsche, änderte aber später ihre Meinung und lobte ihn sogar als «englischen Gentleman».
So sehr Philip auch Verzicht geübt hat, seine Leistung als Ehemann hinter seiner starken Frau sind unumstritten. Am 17. April 2009 stellte der Herzog von Edinburgh sogar einen Rekord auf. An dem Tag steht er Englands Königin genau 57 Jahre und 71 Tage zur Seite – und gilt damit als dienstältester Prinzgemahl in der Geschichte des Königreiches. So sehr er in der öffentlichen Wahrnehmung als der Mann hinter einer starken Frau gilt, sagte die Queen selbst einmal über ihren Philip: «Er war, ganz einfach, meine Stärke und Ausdauer in all den Jahren.» Worte einer Königin über ihren «König».