Die Geschichte von der «Prinzessin auf der Erbse» ist und bleibt ein Märchen. Anstatt ihr Haupt auf 20 Matratzen und 20 Federliegen zu betten, wie vom dänischen Schriftsteller Hans Christian Andersen einst überliefert, schlüpfen echte Königstöchter von heute ins Feldbett – und essen Erbsen als Eintopf vom Feldküchen-Kanonenofen. Ob Leonor von Spanien (17) Victoria von Schweden, 46, Elisabeth von Belgien (21) Ingrid Alexandra von Norwegen (19) oder Catharina-Amalia der Niederlande (19) – Europas Kronprinzessinnen pfeifen darauf, nur bedient zu werden, und dienen selbst: im Militär. Für die adeligen Töchter bedeutet dies: Appell statt Audienz, Drill statt Tüll, Kanone statt Krone.
Dabei ist eine militärische Ausbildung in europäischen Königshäusern kein Muss. Sie war aber üblich, abgesehen von Ausnahmen wie der von Königin Margrethe II. «Daisy» von Dänemark (83). «Das lag vielleicht auch daran, dass wir es bisher überwiegend mit männlichen Thronfolgern zu tun hatten», sagt Königshaus-Expertin Leontine Gräfin von Schmettow, 60. Mittlerweile seien jedoch in fast allen europäischen Ländern Thronfolgeregelungen beschlossen, die männliche und weibliche Nachkommen gleichstelle.
Erst kürzlich rückte Leonor von Spanien in der Militärakademie Saragossa ein – pünktlich um zehn Uhr morgens. «Ich bin etwas nervös», gestand sie da. Für die 17-jährige Infantin ein Pflichttermin. Anders als bei der spanischen Bevölkerung ist die Wehrpflicht für Mitglieder des Königshauses nicht abgeschafft. Im ersten der drei Ausbildungsjahre büffelt die Thronfolgerin Theorie, danach trainiert sie bei der Marine und der Luftwaffe.
«Die ersten Tage werden hart», gab König Felipe VI. (55) seiner Ältesten mit auf den Weg. «Sie schafft das», ist er überzeugt. Während des Militärs stehen Leonor 417 Euro Sold zu. Die Prinzessin kündigte an, auf das Geld zu verzichten. Eines Tages wird die Kadettin, auf deren Uniformklappe die Nachnamen «Borbón Ortiz» prangen, die erste Oberkommandierende der Streitkräfte Spaniens sein.
In den Offiziersrang erhoben wird diesen Herbst Belgiens Kronprinzessin Elisabeth, die zuletzt in einem mehrwöchigen Bootcamp der Königlichen Militärakademie an ihren Führungsqualitäten arbeitete. Einmal mehr hiess es für die Studentin (Geschichte und Politik an der englischen Elite-Universität Oxford): raus aus dem Palast, rein in den Matsch. Wie ihre Kameradinnen schlief die 21-Jährige im Camp in Lagland auf einer Luftmatratze. Frühstück morgens um 6 Uhr, danach Fahnengruss und Singen der belgischen Nationalhymne, ehe es einen von 20 Hindernisparcours zu bewältigen galt.
«Ich musste mich schon sehr anpassen», erklärt Elisabeth. Doch sie habe während der Ausbildung «fantastische Menschen kennengelernt und neue Erfahrungen gemacht». Colonel Thierry Pirenne, Ausbildungsleiter der Königlichen Militärakademie, lobt die angehende Offizierin in den höchsten Tönen: «Es ist eine Freude zu sehen, dass sie sich so gut anpasst und wirklich den Drang verspürt, sich zu engagieren.»
Den Beispielen ihrer Kolleginnen folgend, beginnt auch Ingrid Alexandra von Norwegen 2024 eine einjährige Militärausbildung. Dabei wünsche sie sich für ihren Wehrdienst ausdrücklich «keine Sonderbehandlung». Sie wagte sogar schon einen Fallschirmsprung.
Ob im Leopard-Kampfpanzer rumkurven, im F-16-Kampfjet fliegen oder tauchen im U-Boot – furchtlos zeigte sich Catharina-Amalia der Niederlande bei einer Einführung bei den Streitkräften ihres Landes. 2022 erhielt die 19-Jährige einen umfassenden Einblick in die Arbeit des Militärs. Beim deutsch-niederländischen Panzerbataillon 414 trägt eine Formation sogar den Namen der Thronfolgerin: «Regiment Huzaren Prinses Catharina Amalia».