Die royale Bilanz für das Jahr fällt wenig fröhlich aus. Keine glanzvollen Hochzeiten, wenig herzige Familienfotos. 2021 wird vor allem als Jahr der Abschiede in Erinnerung bleiben – mit Prinz Philip (1921–2021) und Fürstin Marie von und zu Liechtenstein (1940–2021) verlor die Welt des Hochadels zwei treue Ehepartner: Philip stand jahrzehntelang an der Seite der Queen, 95, und Marie unterstützte Fürst Hans-Adam, 76. Beide gehörten zu den Konstanten der regierenden Häuser. Lockdown und Kontaktbeschränkungen zwangen zu stilleren Abschieden – bei Prinz Philip durften nur exakt 30 Trauergäste am Abschiedsgottesdienst teilnehmen.
Es gab aber auch spektakuläre freiwillige Abschiede. Schlagzeilen machte der wohl endgültige Bruch zwischen dem Ehepaar Prinz Harry, 37, und Meghan, 40, und der britischen Krone – und, wie es immer wahrscheinlicher scheint, auch innerhalb der royalen Familie. Meilenstein ist das Interview des Paars bei US-Talk-Königin Oprah Winfrey, 67.
Ein offenes Interview, in dem einem bis heute nicht genannten Mitglied der königlichen Familie rassistische Äusserungen vorgeworfen werden. Harry beklagt auch, quasi über Nacht von seinem Vater Charles, 73, finanziell im Stich gelassen worden zu sein. Peinlich: Bankunterlagen des Hofes beweisen, dass weitaus länger Zahlungen geleistet wurden, als Harry behauptet hat.
Menschliche Werte sind auch bei den Royals wichtig – zumindest in Zukunft
Gastautor Andreas C. Englert
Die Folgen des «Megxit»
Auch die Geburt von Tochter Lilibet im Sommer versöhnt die Familie nicht – im Gegenteil, die Sprecher der Queen lassen verlauten, dass die Verwendung des Kinder-Kosenamens der Königin als Taufname für Harrys Tochter nicht vorher abgesprochen war. Eine Taufe des Babys in Windsor findet wohl nicht statt, royale Familien-Weihnachten in Sandringham ohne Harry und Meghan. Die grossen Hollywood-Angebote, die sich Ex-Serienstar Meghan wünscht, bleiben bisher aus. Trotz allem: Der «Megxit» sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Es ist eine Familiensaga um gekränkte Gefühle und gezielte Indiskretionen, eine royale Tragikomödie mit beachtlichem Unterhaltungswert.
Der Skandal-Prinz
Den Stoff für einen Thriller liefert ein anderer: Prinz Andrew, 61. Das FBI und US-Staatsanwälte stufen ihn als «Person of Interest» ein, was bedeutet: Er steht unter ihrer Beobachtung, im besten Fall als Zeuge – im schlimmsten als Beschuldigter oder Angeklagter. Dabei geht es um schwere Vorwürfe. Virginia Giuffre, heute 38, behauptet, als 17-Jährige auf Partys des pädophilen US-Milliardärs Jeffrey Epstein und dessen Komplizin Ghislaine Maxwell zum Sex mit dem Prinzen genötigt worden zu sein. Epstein starb unter mysteriösen Umständen 2018 im Gefängnis, zurzeit steht seine Kumpanin Maxwell vor Gericht.
Andrew reagiert lange nicht auf die Vorwürfe. Dann arrangiert er ein peinliches TV-Interview, in dem er angibt, sich nicht an Virginia erinnern zu können, obwohl gemeinsame Fotos existieren. Seine Anwälte versuchen, ihm nachträglich diplomatische Immunität zu verschaffen. Das würde ihm wohl einen Aufenthalt im Gefängnis ersparen, allerdings warnen die Juristen vor einer Zivilklage, bei der bis zu 100 Millionen Dollar gefordert werden könnten.
Alle Titel verloren
Andrew kündigt an, keine Weihnachten zu feiern und rund um die Uhr mit seinen Anwälten eine Lösung zu suchen. Die Strafe in seiner Heimat hat er – ohne Urteil – bekommen: Der Prinz musste alle militärischen und sonstigen Ehrentitel und -uniformen ablegen, seinen offiziellen Status als Royal abgeben und ist mit Abstand das unbeliebteste Familienmitglied der Royals seit Beginn aller Umfragen.
Ärger mit der Justiz hat auch König Juan Carlos von Spanien, 83, – seit 2014 als König offiziell zurückgetreten. Er setzt sich in das Emirat Abu Dhabi ab, lebt dort in gediegenem Luxus – und scheint derzeit keine Rückkehr in die Heimat riskieren zu wollen. In Spanien ermitteln die Behörden wegen der Annahme von Schmiergeldern in Höhe von rund 70 Millionen Franken aus Saudi-Arabien, illegal kassiert und nicht versteuert. Pikant: Seine einstige Intima in Privat- und Geschäftsangelegenheiten, die deutsch-dänische Unternehmerin Corinna zu Sayn-Wittgenstein, 57, behauptet, die enorme Summe sei ein «unaufgefordertes Geschenk» des Ex-Königs an sie gewesen.
Positives von den Frauen
Überdies veranlasste sie Ermittlungen gegen Juan Carlos wegen Körperverletzung – sie behauptet, er habe sie stalken, bedrohen und überwachen lassen, es seien Schüsse auf eine ihrer Immobilien abgegeben und dort Einbrüche durchgeführt worden. Da sie in Grossbritannien lebt, ermitteln die Londoner Behörden. Die Taktik von Juan Carlos’ Anwälten: Der Ex-Monarch sei dank seiner verfassungsmässigen Stellung «nur der Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofs von Spanien» unterworfen.
Ein Graf für Eingeweihte
Mal kein Skandal, aber ein politisch-amüsantes Intermezzo: Ein Graf, der nur Insidern als solcher bekannt ist, räumt nach kurzem Regnum seinen «Thron». Alexander Schallenberg, 52, Österreichs Bundeskanzler für 52 Tage. Im «Genealogischen Handbuch des Adels» heisst er Alexander Georg Nicolas Christoph Wolfgang Tassilo Graf von Schallenberg, seine Familie zählt seit rund 450 Jahren zum Hochadel. Den schönen Titel darf er allerdings nicht führen, das verbietet das österreichische Gesetz von 1919 über die «Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden». Dafür hat Schallenberg aber keinerlei Ärger mit Familie und Justiz.
Vor allem royale Frauen aus jüngeren Generationen haben 2021 für positive Schlagzeilen gesorgt – etwa Prinzessin Sofia von Schweden, 37, die sich in den schlimmsten Phasen der Coronapandemie ehrenamtlich als Hilfskraft in einer Klinik engagiert. Und sich nicht zu schade ist, auch Gänge zu putzen. In Grossbritannien zeigt Sophie Wessex, 56, Ehefrau von Prinz Edward, 57, ähnliches Engagement. Kronprinzessin Amalia der Niederlande, 18, gibt nach einem guten Schulabschluss in einer Biografie offen zu, sich psychologische Hilfe zu suchen, wenn ihr alles zu viel wird. Die lange unterschätzte Königin Mathilde der Belgier, 48, überzeugt durch fehlerfreies Auftreten, Empathie und menschliche Wärme.
Leider zählt zur Ladys-Liga auch das derzeit grösste Sorgenkind des Adels: Fürstin Charlène von Monaco, 43. Erst verbringt sie wegen einer HNO-Erkrankung Monate in ihrer alten Heimat Südafrika. Nur für wenige Tage kehrt sie im November nach Monaco zurück und reist weiter in eine Klinik in der Schweiz. Ungewöhnlich offen sprach Fürst Albert, 63, über die Krankheit seiner Frau – zwar ohne Details zu nennen, aber stets bemüht, darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um eine Ehekrise, sondern um ernsthaft gesundheitliche Probleme handle. Ihre eben sieben Jahre alt gewordenen Zwillinge Jacques und Gabriella zeigten am Nationalfeiertag vom Balkon Plakate, um ihrer Mutter das Beste zu wünschen.
Berührende Bilder
Die Bilder davon rührten Millionen Menschen in aller Welt. Und beweisen, dass heute die menschlichen Werte auch bei Royals wichtig sind – alte Standesdünkel, schamlose Vorteilsnahme und das Ignorieren von Gesetz und Moral selbst in diesen Kreisen endgültig überholt sind. Eigentlich eine gute Perspektive – zumindest für die Zukunft.