Die Welt ist erschüttert über den Tod von Queen Elizabeth II. (†96). Doch wohl kaum jemanden wird der Verlust der Monarchin so sehr treffen, wie ihre engste Familie. Und für kaum jemanden wird sich das Leben nun so drastisch verändern wie für ihren ältesten Sohn Charles (73), der mit einem Schlag zum König wurde.
Wir alle können uns jetzt wahrscheinlich nur gerade schwer vorstellen, wie das Königshaus ohne die Queen funktionieren soll, denn immerhin sass sie ganze 70 Jahre auf dem Thron.
Das heisst, die meisten von uns wissen gar nicht, wie es ist, wenn eine andere Person die Krone Englands trägt. So fragen sich nun viele: Was wird Charles an der Monarchie verändern? Kann er das englische Königshaus überhaupt so stark prägen, wie dies seine Mutter getan hat? Das ist anzuzweifeln, denn die Wahrheit ist nun einmal, dass er längst nicht die Zeit haben wird, sich einen so markanten Platz in der Geschichte zu schaffen, wie es seine Mutter hatte.
Wovon man aber ausgehen kann: Charles wird als König nahbarer sein, als die Queen, denn als diese vor 70 Jahren gekrönt wurde, war es die Norm einer Monarchin, eine gewisse Distanz zum Volk zu wahren – damit wirkte sie als Oberhaupt des englischen Königshauses weiter weg, geheimnisvoller, perfekter. Wenn man das Volk nämlich nicht zu nah heranlässt, sieht dieses auch nicht so einfach die eigenen Makel und Fehler.
Anders bei Charles. In seiner Rolle als Kronprinz hatte er mehr Freiheiten als die Königin selbst, er konnte sich um seine Wohltätigkeitsorganisationen kümmern und auch gewissen Hobbies nachgehen. Der jetzige König ist mit der Bevölkerung eng verbunden, man weiss, dass er nicht ohne Fehler ist. Das macht ihn somit auch menschlicher. Dies ist etwas, wonach sich die Menschen heutzutage sehen – einen König zum Anfassen sozusagen. Im Gegensatz zur verstorbenen Queen wurde Charles nie glorifiziert.
Die junge Elizabeth wusste lange nicht, dass sie einmal auf dem Thron von England sitzen würde. Vielleicht war sie deshalb so sehr auf Tradition bedacht und strengte sich stets an, alles richtig zu machen. So konnte niemand behaupten, dass man merken würde, dass sie nicht in die Rolle hineingeboren wurde. Immer perfekt sein, sich keinen Fehltritt leisten – so überzeugt man das Volk, dass man die richtige Person für den Job ist. Charles hingegen ist tatsächlich zum König geboren. Nicht etwa, weil er sich stets so königlich gibt, aber weil er diese Position als Erstgeborener der Königin automatisch bekam. So hatte er sein ganzes Leben – und das war bisher schon sehr lang – Zeit, seiner späteren Rolle gerecht zu werden.
Eine Quelle gegenüber dem «Telegraph» sagt, Charles sei «viel offener als die Queen» gewesen, denn er stamme aus einer Generation, die viel allgemein offener sei. Von ihm als König könne man also Folgendes erwarten: «Wir werden seine Menschlichkeit und seinen Humor sehen, wie wir es immer getan haben.» Bereits aus den anderen europäischen Königshäusern haben wir in vielen Fällen schon sehen können, wie die neue Generation an Kronprinzessinnen und Kronprinzen die Dinge anders handhaben, als ihre Eltern. Dass sie moderner sind und sich volksnäher geben.
Mit seiner neuen Rolle als König wird sehr viel mehr Druck auf Charles lasten, denn durch seine neue Machtposition trägt er nun auch viel mehr Verantwortung. Angefangen mit den roten Koffern, die von nun an ihm jeden Morgen gebracht werden und welche Regierungsdokumente enthalten. Diese muss er dann, wie seine Mutter und sein Grossvater vor ihm, durchsehen, unterschreiben, sich über das tägliche Geschehen in der Welt informieren. Hinzu kommen Audienzen mit Botschaftern, Würdenträgern und unzähligen weiteren Pflichten, die es als Monarch zu erfüllen gibt – ohne dabei seine eigene Meinung zu äussern. Dies vor allem, wenn es um kontroverse oder politische Angelegenheiten geht.
Obwohl King Charles III. sicher etwas zurückfahren muss, wenn es um öffentliche Auftritte und den Einsatz von Herzensangelegenheiten geht, darf man trotz allem noch ein gewisses Engagement von ihm erwarten. Bloss weil er jetzt König ist, heisst das nicht, dass er die Dinge vernachlässigen wird, für die er sich Jahrzehnte so sehr eingesetzt hat, wie etwa die Natur und Umwelt.
Penny Junior, Biographin des Königshauses, ist sagt: «Ich vermute, dass er sich nicht auf offensichtliche Weise einmischen wird, aber er wird ganz bestimmt mit seinem Premierminister auf eine meinungsfreudigere Weise sprechen als seine Mutter.» Und auch Charles sagte 2006 in einem Interview mit Sir Trevor McDonald, dass ihm sein Land und die Menschen Grossbritanniens enorm wichtig seien und er es als fahrlässig erachten würde, in seiner Position nicht zu versuchen, Probleme zu lösen.
Ein Freund des Königs soll laut «Telegraph» auch einmal gesagt haben, dass Charles schon immer interessante Leute um sich versammelte und mit seiner neuen Position nicht damit aufhören werde. «Er lädt Menschen nach Sandringham für Strand-Wochenenden ein. Er könnte Mittagessen im Buckingham Palast veranstalten, um gewisse Personen zusammenzubringen. Er hat eine enorme Überzeugungskraft und wird sie auch weiterhin nutzen.»
King Charles III. hat es schon zu seiner Zeit als Prinz Charles häufig gesagt: die Monarchie ist zu teuer für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin. Als König wolle er die Einladungen für weniger relevante Mitglieder des Königshauses auf ein Minimum beschränken und den Gürtel damit enger schnallen. Ausserdem sei ihm bewusst, dass er gerne als extravagant betrachtet wird. Manchmal auch zu Recht. Aber Charles hat deutlich gemacht, dass die Monarchie nicht «unnötig teuer» sein sollte. Charles ist sehr nachhaltig unterwegs, recycelt und repariert Dinge, statt Neues zu kaufen.
Die Zeiten von gefüllten Balkons des Buckingham Palastes zu grossen Veranstaltungen dürften mit all diesen Gedanken also ebenfalls vorbei sein.
Dass Charles nicht unbedingt auf grossem Fuss lebt, ist demnach inzwischen bekannt. Doch eine Idee überrascht trotzdem zusätzlich: Schon des Öfteren brachte Charles am Hof den Gedanken auf, den Buckingham Palast für die Öffentlichkeit zugänglicher zu machen. Das könnte heissen, dass dieser länger im Jahr geöffnet wäre oder mehr kommerzielle Veranstaltungen organisiert. «Er hat nicht das Gefühl, dass er das ganze Gebäude braucht», sagt ein ehemaliger Adjutant über King Charles III.
Charles versteht laut einer Quelle zwar die Bedeutung des Buckingham Palastes als royaler Hauptsitz. Wenn es nach ihm ginge, würde er aber nur auf dem Land wohnen – und hätte wohl bei Weitem nicht so viele Immobilien. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der König Schloss Balmoral unter Umständen verschenken könnte. Das Anwesen ist seit der Regierungszeit von Königin Victoria im Besitz der Royals, seit Prinz Albert es damals 1952 kaufte. Ob Charles ausgerechnet den Sterbeort seiner Mutter nun allerdings weggeben wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht wäre aber genau das der ausschlaggebende Grund für ihn, da er nun mit Balmoral eine zu schmerzliche Erinnerung verbindet.
Was mit den anderen Anwesen passiert, ist derzeit noch unklar. Ein Insider sagt, dass Highgrove unter Umständen an seinen Enkel Prinz George (9) gehen könnte, Sandringham an Kronprinz William (40) und Herzogin Kate (40) – welche nun Prinz und Prinzessin von Wales sind – und Windsor könnte demnach als Wochenend-Haus für die ganze Familie dienen.
Es wird vermutet, dass Charles sehr eng mit seinem Sohn William, aber auch seinem Enkel George zusammenarbeiten wird und regelmässige «Vorstandssitzungen» abhalten wird. Diese werden ein Schlüsselelement von Charles' Regierungsstil werden. William soll also von Anfang an in grosse Entscheidungen mit einbezogen werden und diese gemeinsam mit seinem Vater beschliessen. Denn auch Charles weiss, dass alles, was er entscheidet, William und auch George eines Tages betreffen wird. Er wird seinen Nachkommen also eine bestmögliche Basis schaffen wollen.
Es wird vermutet, dass Charles keine Einsprüche einlegen wird, sollte ein Commonwealth-Staat während seiner Regierungszeit beschliessen, unabhängig werden zu wollen, eine Republik gründen will und ihn damit als Staatsoberhaupt ersetzen würde. Ein Freund von Charles sagt: «Er ist viel entspannter, als die Leute denken, was die Reaktion der Reiche angeht, und wenn sie sich entscheiden, etwas zu ändern, kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich darüber aufregt.» Ausserdem scheint der König es sowieso etwas lächerlich zu finden, dass das Staatsoberhaupt eines Landes am anderen Ende der Welt lebt.
Einen Titel, den bisher jeder Monarch und jede Monarchin seit King Henry III. vererbt bekam, war «Defender of the faith», also «Verteidiger des einen Glaubens». Charles hingegen möchte dieses Titel ändern in «Defender of faith», also «Verteidiger von Glauben». Ihm ist dabei bewusst, dass nicht alle mit dieser Entscheidung einverstanden sein werden, aber King Charles III. vertritt die Meinung, dass jeder Mensch das Recht darauf hat, den eigenen Glauben auszuüben.
Es bleibt spannend, was der neue König alles in der Monarchie verändern wird. Eines ist aber sicher: Es wird nichts mehr so sein, wie es mal war. Long live the King!