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Zuhause bei der Selfmade-Millionärin

Baslerin Sonja Dinner lanciert App gegen Brustkrebs

Sie rettet Leben. Die Baslerin Sonja Dinner will im Kampf gegen den Brustkrebs weltweit eine Milliarde Frauen erreichen.

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Sonja Dinner

Wohnzimmer mit Hund: Sonja Dinner liest ein Buch. Labrador Max freut sich aufs Mittagessen.

Geri Born

Die sanften Hügel des Weserberglandes, der wundersame Teutoburger Wald, majestätische Renaissanceschlösser – und in fast jedem Ort fliesst blaues Blut. Sonja Dinner muss schmunzeln, wenn sie auf ihre Nachbarn angesprochen wird: «Wenn ein Adliger ein Schloss erbt, kann er sich glücklich schätzen. Wenn er zwei Schlösser erbt, hat er Pech gehabt.» Die 57-jährige Baslerin muss keine alten Gemäuer beheizen und marode Bausubstanz aufmöbeln. Ihr Heim ist ein Paradies aus Holz und Handwerkskunst – der Heinrichhof, das schönste Bauerngut weit und breit: «Das ist mein Kraftort. Wenn ich hier bin, laden sich meine Batterien wie von selber auf.» 
 

sonja dinner

Zug um Zug für eine bessere Welt: Sonja Dinner und Assistentin Pascale Flückiger (l.) gönnen sich beim Schach eine Auszeit.

Geri Born

Dinner war eine erfolgreiche Unternehmerin. Bis 2001 führte sie ihre eigene Firma im IT-Bereich mit 30 Mitarbeitern. Dann entschloss sie sich zum Frontenwechsel, gründete eine Stiftung (Dear Foundation), die sich vor allem für Kinder und Frauen in unterprivilegierten Regionen einsetzt. Weshalb sie sich aus der Privatwirtschaft zurückgezogen hat, erklärt sie simpel: «Weil wir in der Schweiz so viel Glück haben, dass wir es weitergeben sollten.» Ihr aktuelles Grossprojekt «DearMamma» ist eine App zur Früherkennung von Brustkrebs: «Wir wollen damit erreichen, dass sich alle Frauen regelmässig selber untersuchen.»

Aus einem Schicksalsschlag wurde Motivation

Die Sonne scheint, auf der Wiese vor Dinners Anwesen weiden ein paar Islandpferde. Doch die Idylle trügt. Die Selfmade-Millionärin setzt sich auf ihr breites Ledersofa. Die Stimme stockt: «Ich musste mich heute von meiner besten Freundin verabschieden, für immer.» Dinner spricht leise, unsicher – und zeigt ein Foto von Margarethe von der Borch. Sie lernte die deutsche Adlige, die in Russland die Arbeit mit behinderten Kindern revolutionierte, bei einem Hilfsprojekt in St. Petersburg kennen. Seither gingen die beiden Frauen durch dick und dünn. Nach jahrelangem Kampf erlag Margarethe – von den Medien «Engel von St. Petersburg» genannt – Anfang März mit 53 Jahren dem Brustkrebs. Dass die heimtückische Krankheit ausgerechnet jetzt in Dinners engstem Umfeld so hart zuschlägt, ist schon fast Zynismus des Schicksals. Denn so niedergeschlagen die Schweizerin auch wirkt, so bestärkt wird sie darin, ihr Projekt mit aller Kraft voranzutreiben.
 

Sonja Dinner

Reiten ist ihre Passion: Die Islandpferde überzeugen mit passender Frisur.

Geri Born
Sie hat weltweit 145 Projekte

Sonja Dinner entspricht kaum dem Klischee der barmherzigen Mutter Teresa. Dezent geschminkt, verströmt sie den Elan einer Geschäftsfrau, die mit ihrer Firma soeben einen Unternehmerpreis gewonnen hat. Ihr Lachen ist ansteckend, ihr Tatendrang förmlich spürbar. Ihre weltweit 145 Projekte sollen vor allem jenen ein besseres Leben ermöglichen, die sonst unbeschützt, ja ausgeliefert wären. 
 

Dabei setzt sie auf Eigenleistung und Pragmatismus: «Wenn wir die Mütter bilden, helfen wir der ganzen Familie. Denn letztlich sind es die Frauen, die die Kinder erziehen.» Dass sie dabei mit viel Leid und Elend konfrontiert wird, perlt nicht an ihr ab. «Was wir in den Projekten und in den Slums der Welt sehen, bewegt.» Um das Leid der Strassenkinder selber zu erleben, verbrachte Dinner in St. Petersburg eine Winternacht im Freien: «Wir mussten uns alle 20 Minuten wecken, damit wir nicht erfrieren.»

Sonja Dinner

Selbstversorgerin: Der Gemüsegarten des Heinrichhofs verspricht grosse Ernte.

Geri Born

Berührt erinnert sich Dinner an jene eisigen Momente. Gleichzeitig stellt sie aber klar: «Nennen sie mich nicht Gutmensch. Es gibt wohl niemanden auf der Welt, der nichts ohne Eigengewinn macht.» Dinner beschäftigt in ihrem Betrieb mit Aussenstellen in Jerusalem und Monrovia (Liberia) zehn Angestellte: «Wir haben alle ein klares Anforderungsprofil und beziehen einen marktgerechten Lohn.» Ihr Antrieb zur Philanthropie sei das Ziel, etwas bewegen zu können und im Kleinen und Grossen eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. 


Dazu gehört die Brustkrebsprävention. Jährlich sterben weltweit bis 700 000 Frauen an dieser Krankheit. Pro Jahr gibts 1,5 Millionen neue Fälle. Diesen Prozess will Dinner verlangsamen. Die App wendet sich vor allem an Frauen, die weder lesen noch schreiben können: «Wir wollen damit eine Milliarde Frauen ansprechen.» Es ist ein grosses Ziel. Doch wer Sonja Dinner zuhört, ist sich sicher, dass mit Einsatz, Demut und Enthusiasmus fast alles erreicht werden kann. 
 

Die App

Sonja Dinner app
Geri Born

Die App «Dear Mamma» zeigt mit Bildern und Filmen, wie Frauen ihren Körper selber untersuchen können.

Von Thomas Renggli am 12. Mai 2019 - 17:22 Uhr