Kurz nach sechs Uhr morgens geht Beatrice Egli, 32, auf einer Wiese in der Nähe ihres Elternhauses in Pfäffikon SZ in die Luft. Nicht ihre bevorzugte Tageszeit. Aber was muss, muss. «Je später es wird, desto stärker die Thermik», erklärt Ballon-Profi Walter Gschwendtner, der den Schlagerstar bei diesem Abenteuer begleitet. Die Aufwinde, die bei der Sonneneinstrahlung auf den Erdboden entstehen, könnten die Heissluft aus dem Ballon pressen. Das will niemand riskieren.
Schon gar nicht Beatrice Egli. Denn obwohl sie schon lange von einer Fahrt im Heissluftballon träumt, ist sie vor dem Start sichtlich hibbelig. Vielleicht auch deshalb, weil sie weiss, dass man dort oben nur bedingt kontrollieren kann, wohin man fährt – ja, das heisst so, kein Ballonfahrer würde je «fliegen» sagen.
Als der Korb den Bodenkontakt verliert, kreischt Beatrice auf, schlägt sich die Hände vor den Mund. Der Ballon gewinnt an Höhe, sie entspannt sich. «Unglaublich, wie ruhig und friedlich das ist.» Der Gedanke, dem Wind ausgeliefert zu sein, sich einfach treiben zu lassen, ist eigentlich gar nicht nach ihrem Gusto. «Ich bin stets auf ein Ziel fokussiert, zurzeit gerade auf die Veröffentlichung meines Albums. Aber ich lerne, auch den Weg dorthin zu geniessen. Etwas mehr im Hier und Jetzt zu leben.»
Dabei ist das Album, das am 14. August erschienen ist, eine Hommage an den Ort, an dem ihr Weg zum Schlagerstar begann. «Mini Schwiiz, mini Heimat» ist das erste Werk, in dem die Metzgerstochter ausschliesslich auf Mundart singt, abgesehen von je zwei Songs in Italienisch und Französisch.
Bei den Liedern handelt es sich um ihre Lieblinge von vergangenen Alben, denen sie neue Texte verpasst. «Ich liebe es, in Mundart zu singen. Es fühlt sich so authentisch an», schwärmt sie. Rechts glitzert der Zürichsee in der aufgehenden Sonne. «Wenn ich auf der Autobahn fahre und er in meinem Blickfeld auftaucht, überkommt mich dieses ganz spezielle, vertraute Gefühl. Dann weiss ich: Ich bin zu Hause.»
In der Ferne scheint die Stadt Zürich noch tief zu schlafen. Sie ist eine von Beatrice Eglis Lieblingsstädten. Hat sie Lust zum Flanieren oder Shoppen, zieht es sie allerdings in die Westschweiz, wo sie dies meist unerkannt tun kann.
«Oh, da unten, schaut, schaut», sprudelt es aus ihr. «Mein Schulhaus. Da bin ich drei Jahre lang in die Oberstufe gegangen.» Sie habe die Schule gemocht. «Nicht dass ich besonders gut gewesen wäre», meint sie. «Ich war eher künstlerisch begabt.» Mit 19 verliess sie die Schweiz und zog nach Hamburg, wo sie an die Schauspielschule ging.
Beatrice löst ihren Blick vom See und schaut Richtung Berge. «Sind sie nicht grossartig?» In ihrer Freizeit trifft man sie öfter auf einem der Mythen, in den Glarner Alpen oder im Wägital an. Auch als Kind sei sie gern gewandert. «Mit drei Brüdern war das recht unterhaltsam.» Überhaupt hat Familie Egli ihre Ferien fast immer in der Schweiz verbracht. «Meine Mami hat zehn Geschwister, da gabs immer irgendwo im Land einen Verwandten zu besuchen.»
Ballonfahrer Walter Gschwendtner lässt heisse Luft in den Ballon. Beatrice zuckt zusammen, Walter lacht. «Wir steigen nochmals ein bisschen, dann suchen wir uns langsam einen Platz zum Landen», erklärt er. Der gebürtige Österreicher fährt bei Heissluft- und Gasballon-Meisterschaften, ist dabei auch mal tagelang unterwegs, schläft und isst im Korb.
Wäre das etwas für Beatrice? «Ich reise gern und mag auch mal das eine oder andere Abenteuer – aber das wäre mir wohl etwas zu viel des Guten», gesteht sie.
Sie habe durchaus eine «bünzlige» Seite, erzählt die Sängerin. Das Wort bedeutet für sie nicht unbedingt «humorlos und so ‹cheibe chlikariert›», wie sie im Song «Bunt» singt. «Ich denke, es beschreibt eine urschweizerische Vorsicht und dass man gern ein bisschen weiter vorausschaut. In diesem Sinn würde ich schon sagen, dass ich auch ein bisschen ein Bünzli bin.»
So lebe sie zum Beispiel sehr sparsam. «Ich liebe es, auswärts essen zu gehen, leiste mir aber sonst viel weniger, als ich könnte. Ich brauche keine Villa und kein schickes Auto, um glücklich zu sein.» Sondern? «All das, was ich liebe. Musik, Familie, Freunde.»
Während des Lockdown hat sie viel davon «getankt» – und abends auch mal die beiden Neffen ins Bett gebracht. «Ich bin froh, muss ich das nicht jeden Tag!», meint sie grinsend.
Gschwendtner hat einen Landeplatz gefunden. Der Ballon verliert an Höhe, setzt sanft auf einer Wiese auf. Der Wind hat ihn – sehr passend – ins Dörfchen Allenwinden am Zugerberg geführt. So wird Beatrice Egli bei ihrer folgenden Aufnahme in den erlauchten Kreis der Ballonfahrer zur «Baronin von und zu Allenwinden» gekürt.
«Super. Ab sofort möchte ich so genannt werden», scherzt sie. «Na, ja, auf einem CD-Cover sieht das vielleicht ein bisschen komisch aus. Wir bleiben besser bei Beatrice.» Abheben würde sie jederzeit wieder. «Aber nächstes Mal nehme ich jemanden mit. Ich glaube, ich habe den perfekten Ort für ein erstes Date gefunden», meint sie augenzwinkernd.