Musical-, Gastro- und Sportartikel-König: Freddy Burger (78) bekam im Laufe seiner langen Karriere viele Titel verliehen. Er managte die Musiklegende Udo Jürgens (1934–2014) bis zu seinem Tod, holte Weltstars wie die Rolling Stones in die Schweiz und schaffte es, die Rechte des legendären Disney-Musicals «The Lion King» für den hiesigen Markt zu sichern. In seiner Biografie «Liebe, Lust und Leidenschaft» blickt Freddy Burger auf sein bewegtes Leben zurück. Mit vielen Höhepunkten, aber auch Rückschlägen. Die es seiner Meinung nach auch gebraucht hat. Blick traf Freddy Burger in seinem Büro am Zürichberg zum Interview.
Herr Burger, Sie bekamen so viele Titel und Bezeichnungen. Welche sind Ihnen am liebsten?
Freddy Burger: Ich bin am liebsten einfach Freddy Burger. Diese ganzen Titel haben mich nie wirklich glücklich gemacht. Ich bin kein König, ich bin in Schwamendingen in der unteren Mittelschicht gross geworden. Diese Zeit hat mich geprägt und dafür bin ich dankbar. Und deshalb erwähne ich das auch immer wieder.
Auf Ihre Kindheit, aber auch auf Ihre grosse Karriere blicken Sie in Ihrer Biografie zurück. Wieso veröffentlichen Sie diese genau jetzt?
Eigentlich wollten wir sie zum 50-jährigen Firmenjubiläum im Jahr 2019 herausbringen, daraus wurde aber nichts. Während der Corona-Pandemie hatte ich Zeit, daran zu arbeiten. Und es war viel Arbeit. Seit 1967 habe ich jede Agenda von mir archiviert, auch alle Medienberichte seit 1963 habe ich gesammelt. Da habe ich mich durchgearbeitet und es kam immer wieder etwas Neues dazu. Insgesamt hat die Arbeit am Buch vier Jahre gedauert.
Sie schreiben über viele Rückschläge. Beispielsweise über den Suizid Ihres Sohnes Patrick. Wie emotional war die Arbeit am Buch?
Das hat mich immer wieder aufgewühlt. Aber es ich wollte damit auch zeigen, dass zu einer guten Karriere auch Rückschläge gehören. So kommt auch mein Burnout und die psychosomatischen Störungen vor. Das war mir wichtiger, als Geheimnisse zu lüften, mit wem welcher Künstler im Bett war und wer heimlich schwul gewesen ist.
Trotzdem packen Sie in der Biografie diverse Dinge aus. Es ist die Rede von einem feuchtfröhlichen Abend mit Hildegard Knef. Zudem schreiben Sie von einer Hochzeit von Udo Jürgens, die Sie über Jahre geheim hielten. Sie selbst scheinen skandalfrei. Ist dem so?
Ja. Ich bin weder alkoholsüchtig noch habe ich Drogen genommen. Ich habe in meiner Jugend Spitzensport gemacht, wollte immer gewinnen. Und zum Glück war das so. Im Business, in dem ich tätig war, lebt fast niemand so. Ich erlebte Manager und Künstler, die bis morgens an Partys sind, kiffen und tief ins Glas schauen. Ich war immer der Erste, der nach getaner Arbeit nach Hause ging.
Das klingt sehr gewissenhaft.
Ich wusste, dass mir das Ganze nichts bringt und ich wollte nie in so einen Zustand kommen, in dem die anderen waren. Das kam mir aber zugute, dass ich nie mitmachen wollte. Ich habe viele Künstler so erlebt. Cliff Richard und die Rolling Stones, wussten nicht einmal, dass sie in Zürich spielen, weil sie so bekifft waren. Diese Situation habe ich oft erlebt, aber keine Ahnung, welche Droge jeweils im Spiel war.
Während andere die Kontrolle abgaben, behielten Sie also den Überblick?
Ich war logischerweise auch die Person, die dann schaute, wie die Leute nach Hause kamen.
Was würden Sie heute anders machen?
Ich würde nichts anders machen, denn meine Erfahrungen haben mich geprägt. Für mich ist es ein Geschenk des Himmels, was ich mit Erfolg und Misserfolg gemacht habe. Was ich erleben durfte, können andere Menschen in drei Leben nicht.
Was war die herausforderndste Zeit für Sie?
Die Corona-Zeit. Alle meine Betriebe standen still. Ich hatte 250 Mitarbeiter über 600 Tage in Kurzarbeit und keinen Franken Einnahmen. Ich sass oft alleine am Pult in meinem Büro und heulte. Keine meiner Firmen war in Betrieb: Gastronomie, Nachtclub, Eventfirma, Entertainment. Alles war zu. Aber mein Lebensmotto ist ja «never give up».
Welche Botschaft haben Sie an die heutige Jugend?
Ich habe Hochbauzeichner gelernt und habe relativ bald gesagt, dass ich das nicht mehr mache. Ich stieg in ein Business ein, in dem ich von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte. Aber es war mein Hobby. Darum sage ich immer: Im Leben ist wichtig, dass man alles, was man macht, mit Empathie und Freude macht.
Wie viel von dem, was Sie machen, ist Spass, wie viel ist Arbeit?
Bei mir stand immer der Spass im Vordergrund. Logisch wusste ich bei einigen Dingen nicht, was auf mich zukommt und wollte alles immer perfekt machen. Und bin deshalb auch oft über meine Grenzen hinausgegangen. Da musste ich mir im Nachhinein eingestehen, dass das nicht gut war für meine Gesundheit.
Der Generation Z wird oft vorgeworfen, sie seien faul, weil sie mehr Ferien und Teilzeitarbeit fordern. Sie selbst haben sich 14 Wochen Familienzeit gegönnt.
Das war aber erst, als ich fünfzig Jahre alt war. Vorher habe ich wie verrückt gearbeitet und wusste nicht einmal, welcher Wochentag es ist. Ich hatte eine Familie mit Kindern, musste überall sein, auf Veranstaltungen, Premieren. Ich reiste in der Welt herum und hatte viel zu wenig Zeit für meine Seele und mich. Als ich fünfzig wurde, sagte ich mir, dass ich nicht mehr im Büro arbeite, wenn meine Kinder Schulferien haben. Und ich dachte zuerst immer, ich mache das für meine Familie. Dabei habe ich es für mich gemacht. Hätte ich diese Änderung nicht vollzogen, würde es mich womöglich gar nicht mehr geben. Mit 70 dann habe ich den nächsten Schritt getan und arbeite seither nur noch drei Tage die Woche im Büro und den Rest von zu Hause.
Wie schwierig war dieser Schritt?
Bis heute muss ich lernen, Nein zu sagen und mich abzugrenzen. Im nächsten Jahr werde ich 80 und ich bin immer wieder offen, wenn neue Möglichkeiten im Raum stehen. Ich bin als Macher auf die Welt gekommen und werde als Macher von dieser Welt gehen – wenn es die Gesundheit erlaubt.
Wie meinen Sie das?
Mein Wunsch wäre es, dass ich so von der Welt gehen kann wie Udo. Einfach umfallen und tot sein. Damals war das ein Schock für mich. Aber meiner Meinung nach gibt es keinen schöneren Tod.