Wer der Hübschere auf dem Foto sein werde, sei klar, sagt der Lange. Hastig stülpt er die Milchkanne über seinen Kopf. Der Kurze nimmt dafür langsam den Deckel. Chapeau, wie die zwei sich ergänzen. Wenn Christian Höhener (53) und Peter Winkler (54) in den Bühnenkostümen in ihrem Wohnort Dietikon ZH unterwegs sind, werden sie als Lapsus schnell erkannt. Neben der Milchkanne tragen die Komiker noch zwei Alphörner und Schweizer Fahnen, an denen Bohrmaschinen montiert sind, mit sich – Fahnenschwingen leicht gemacht. «Am ‹Gfätterle› und ‹Tüftle› haben wir Freude, auch an ‹Grätli›», begründet Winkler.
Das Komikerduo Lapsus verwendet gerne «Grätli» wie Beamer (um sich auf der Leinwand zu vervielfachen) oder Drohnen (um mit Duftbäumchen gegen Geruch anzukämpfen). Aber vor allem ist Lapsus bekannt für seine zwei Bühnenfiguren: Seit 1995 schlüpft Peter Winkler in die Rolle des hastigen Langen, genannt Theo Hitzig, stets im zu kleinen Anzug. Christian Höhener verleiht dem Kurzen, namens Bruno Gschwind, im orangen Bauarbeiter-Mantel einen verpeilten Touch. Hitzig tut gern witzig und erteilt Befehle, Gschwind verpennt sie gemütlich. Und nicht zuletzt kombiniert das Duo Lapsus Humor mit Akrobatik. «Wir machen Boden- und Altersakrobatik», sagt Winkler mit einem Lachen. Höhener geht demonstrativ in den Handstand – fit sind beide.
Aktuell überlassen sie die Akrobatik aber lieber Topartisten und amten als Gastgeber und Co-Produzenten ihres 17-köpfigen «Circus Lapsus Helveticus» (11. 3. bis 2. 4., Maag-Halle Zürich). Das Angebot, einen Zirkus mit Volksmusik zu realisieren, kam für sie genau im richtigen Moment. Nach acht Programmen brauchte das Duo eine Pause, war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Doch ausgerechnet Volksmusik? «Nein, diesen Swissness-Trend wollte ich nicht mitmachen», sagt der Lange (Winkler). Darauf der Kurze, ein St. Galler: «Ich musste den Zürcher erst überzeugen, dass Volksmusik nicht ‹Hudigääggeler› bedeutet», so Höhener. «Als Jugendlicher war ich an ‹Stubeten› und wusste, wie freudig und auch berührend ehrliche Volksmusik sein kann.» – «Das weiss ich jetzt auch! Wir verbinden Akrobatik mit moderner Volksmusik und Jodel, richtig cool und sphärisch.» Aber letztlich überzeugt hatte ihn ehrlicherweise ein anderes Argument vom Kurzen: «Wir waren noch für jede Herausforderung bereit!»
Seit nunmehr 28 Jahren stellt sich Lapsus jeder Herausforderung. 1991 treffen die beiden an der Dimitri-Schule in Verscio TI aufeinander. Winkler ist gelernter Tiefbauzeichner. «Deshalb fand ich Christian wohl auch gleich von Anfang an sympathisch», witzelt er bezüglich dessen Körpergrösse. «Und dir kam zugute, dass ich ausgebildeter Primarlehrer bin!», entgegnet Höhener. 1995 gründen sie ihr Duo, kreieren ihr erstes Stück, eine Schwingnummer – schliesslich war der Kurze als Kind «erfolglos im Schwingverein». 2007 touren sie mit dem Circus Knie, werden fast zeitgleich Gastgeber des Arosa Humorfestivals. «Unser Durchbruch ist fliessend. Wir haben keinen Schnellschuss gelandet. Es ging einfach immer weiter aufwärts», so der Lange. Seit je können sie von ihrer Kunst leben, werden auch für Firmenanlässe gebucht. «So quersubventionieren wir unsere anderen laufenden Projekte wie aktuell den Circus Lapsus Helveticus.»
«Wir sind unsere längste Beziehung», sagt Peter Winkler. Beide sind liiert, Väter von zwei Kindern und heute wohnhaft in Dietikon. Ferien machen sie getrennt, eine gemeinsame Firma existiert nicht, dafür teilen sie sich ein «Lapsus»-Konto, das wie vieles bei ihnen auf Vertrauensbasis genutzt wird. Das Geheimnis ihrer Beziehung? «Peter ist ausgebildeter Gewalt- und Konfliktberater», begründet der Kurze mit einem Schmunzeln. «Und wir haben beide eine sehr hohe Toleranzgrenze», ergänzt der Lange. «Wir langweilen uns beide schnell, haben den gemeinsamen Wunsch, immer zu überraschen.»