Bernhard Russi, 71, zieht Bilanz: Vor 50 Jahren gewann der Urner seine erste Weltmeisterschaft in der Abfahrt im italienischen Gröden. Im Interview mit Claudia Lässer, 43, sagt er: «Es ist noch gestochen scharf. Ich kann dir alles genau erklären und weiss sogar noch, wo die Tore gestanden sind. Aber wenn du mir erzählst, dass das ein halbes Jahrhundert her ist – es ist schon unglaublich, wie die Zeit vergeht.»
Er habe recht früh gelernt, dass die Zeit laufe, und dass alles irgendwann vorbei sei, sagt Russi weiter. «Das gilt auch für Momente, in denen man hadert, sich fragt, ‹warum muss mir das jetzt passieren?›.»
Bernhard Russi ganz persönlich
Es habe auch einige auch extrem traurige Momente in seinem Leben gegeben, so der einstige Top-Abfahrer (10 Weltcup-Siege) weiter. «Ich hatte irgendwo her immer die Kraft, auch in dann an die schönen Zeiten zu denken. Wenn man jemanden verloren hat, denke ich an die Momente, die man zusammen hatte.»
Eine seiner schwersten Herausforderungen war der Tod seiner Ex-Frau Michèle Rubli. Die ehemalige Skirennfahrerin kam 1996 in Kanada in einer Lawine ums Leben. Mit ihr hat Russi seinen ältesten Sohn Ian, 39. Russi spricht nicht zum ersten Mal über diesen unglaublich schwierigen Moment. Dennoch muss er sich erst einmal sammeln, als er auf die Zeit damals angesprochen wird.
Eine lange Pause, ein tiefer Seufzer: «Ich kann es fast nicht erzählen», sagt der langjährige SRF-Experte mit erstickter Stimme. «Wenn du deinem Sohn erzählen musst, dass sein Mami umgekommen ist, das ist nicht gut. Das war wahrscheinlich der schwerste Moment in meinem Leben.»
Michèle Rubli und Bernhard Russi heiraten 1977. Drei Jahre später bekommen sie Sohn Ian. «Doch wir haben bald gespürt, dass wir nur eine Zweckgemeinschaft bilden», verriet er 2017 in einem Interivew mit der «Schweizer Illustrierten». 1984 lässt sich das Paar scheiden, bleibt aber freundschaftlich verbunden. Sie wohnen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt. «Wir wollten immer nur das Beste für Ian», sagt Russi damals.
Der Tod seiner Ex-Frau riss ihm damals den Boden unter den Füssen weg, sagt Russi. «Mein schwerster Schicksalsschlag! Eigentlich wollte Michèle in den Bahamas Golfspielen. Ich habe sie zum Heliskiing in Kanada überredet und ihr meine neuen, breiten Ski mitgegeben. Sie konnte nicht so gut im Pulverschnee fahren. Zwei Tage zuvor hat sie uns noch angerufen und gesagt, mit diesen Ski gehe es super.»
Als Russi mitten in der Nacht vom Tod Michèles erfährt, fährt er sofort von St. Moritz heim in den Aargau um bei seinem damals 16-jährigen Sohn Ian zu sein und ihn zu trösten. «In solchen Momenten findet man eigentlich keine Worte. Und doch funktioniert man.»
«Zoom Persönlich» mit Moderatorin Claudia Lässer und Gast Bernhard Russi ist in ganzer Länge am Mittwoch, 19. Februar 2020 um 20.00 Uhr auf Teleclub zu sehen.