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BMX-Profi Nikita Ducarroz über Ihre Angststörung

«BMX hat ihr das Leben gerettet»

Kleines Velo – grosse Leidenschaft: Nikita Ducarroz fühlt sich in den USA und in der Schweiz zu Hause. Bei den Grosseltern in Genf erzählt der BMX-Profi, wie sie mit dem waghalsigen Sport ihre Panikattacken bekämpft.

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Nikita Ducarroz est une coureuse cycliste suisse et américaine, spécialiste du BMX freestyle. Genève juin 2023. © Nicolas Righetti / Lundi13 Nikita Ducarroz

Im Garten ihrer Grosseltern in Genf findet Nikita Ducarroz Ruhe. Etwa fünfmal im Jahr kommt sie aus den USA zu Besuch.

Nicolas Righetti/ Lundi13

«Warum konnte es nicht ein weniger gefährlicher Sport wie Pétanque sein?» Diese Frage stellt Grossmutter Rosemarie Ducarroz (82) ihrer Enkelin Nikita (26) öfter mal. Doch dann lacht Rosemarie – auch weil sie weiss, dass BMX einen besonderen Platz in Nikitas Leben einnimmt: «Dieser Sport hat ihr das Leben gerettet. Und dafür bin ich dankbar.» Nikita Ducarroz ist die Weltnummer 2 im BMX-Freestyle. Bei dieser Disziplin geht es um akrobatische Sprünge und kreative Tricks. Ducarroz wuchs als Tochter eines Schweizers und einer Amerikanerin in Nordkalifornien mit zwei jüngeren Brüdern auf. Etwa fünfmal im Jahr besucht sie ihre Grosseltern in Genf. Sie spricht mit ihnen Französisch, ihre Muttersprache ist Englisch.

Julien 20 ans,Rose Marie 82 ans, Nikita Ducarroz 26 ans et Jean Danièle 80 ans Nikita Ducarroz

Familie Ducarroz: Bruder Julien, Grossmutter Rosemarie, Nikita und Grossvater Jean-Daniel auf dem Balkon in Genf.

Nicolas Righetti/ Lundi13

Ihre Familie ist sportlich, bereits in der Kindheit spielt Nikita Fussball und Baseball. Mit elf Jahren entwickelt sie ohne ersichtlichen Grund eine Angststörung und bekommt Panikattacken. Mit 14 wird die Angst so stark, dass sie das Haus nicht mehr verlassen und die Schule nicht mehr besuchen kann. Ihre Eltern sind ratlos. Damals verliert sie Freunde, verbringt ihre Zeit auf Youtube. Ein glücklicher Zufall: Ducarroz stösst auf ein BMX-Video, das sie sofort packt. Sie fängt an, vor ihrem Haus kleine Rampen zu bauen und mit ihrem Mountainbike rüberzuspringen. Der Rest ist Geschichte.

Nikita Ducarroz tritt dem BMX-Verein in ihrer Gegend bei, nimmt an Wettkämpfen teil, wird Europameisterin und gewinnt zweimal Silber bei den Weltmeisterschaften. Ihre Angststörung wird besser, der Sport und der Druck vor Wettkämpfen lenken sie ab.

Switzerland's Nikita Ducarroz during the first heat of the women's final of the BMX Freestyle 2022 European Championships Munich at the Olympiaberg in Munich, Germany, on Friday, August 12, 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Die Schweizerin Nikita Ducarroz beim ersten Lauf des Damenfinales der BMX Freestyle Europameisterschaft 2022 am Olympiaberg in München, Deutschland. Sie sagt: «Ich habe manchmal auch Angst vor dem Springen.» (KEYSTONE/Georgios Kefalas) 

keystone-sda.ch

Der Olympia-Traum

2017 kürt das Internationale Olympische Komitee BMX Freestyle zur olympischen Disziplin. Vier Jahre später tritt Ducarroz an der Olympiade in Tokio an. Sie gewinnt Bronze. «Es war wie im Traum.» Ihre Medaille hängt in ihrem Zimmer. «Wenn ich weggehe, verstecke ich sie. Ich habe Angst, dass sie jemand klaut!» Heute geht es Nikita besser. Sie nimmt Medikamente, macht Atemübungen und wird von ihrem Team unterstützt. Ganz verschwinden wird die Angststörung aber wohl nie. «Ich habe gelernt, besser damit umzugehen», sagt sie.

Das nächste Ziel ist die Olympiade 2024 in Paris. «Natürlich möchte ich wieder eine Medaille. Aber dieses Mal wird es schwieriger.» Seit BMX Freestyle olympisch geworden sei, gebe es viel neue Konkurrenz. Ducarroz tritt erneut für die Schweiz an. Ihr Leben lang fühlte sie sich zerrissen zwischen ihren zwei Heimaten. Sie entschied sich schlussendlich, mit dem Schweizerkreuz auf dem Rücken anzutreten: «Die Schweiz hatte noch keine Fahrerin. Also wollte ich die Erste sein und dem Land den Sport näherbringen.» Und wie viel Schweiz steckt sonst in Ducarroz? «Meine Pünktlichkeit und der Sinn für Frieden sind sehr schweizerisch. Und meine Liebe für Raclette!»

Von Yara Vettiger am 2. Juli 2023 - 18:00 Uhr