Grund zum Feiern hat Christa Rigozzi gleich doppelt: In ein paar Tagen wird die Tessinerin 40. Ausserdem startet ihre neue Sendung auf Sat.1 Schweiz. In «Fashion Taxi» begleitet sie Menschen, die sich für einen besonderen Anlass einkleiden wollen. Dabei kann sie ihre Kernkompetenzen voll ausspielen: ihr Gespür für Menschen und ihren Sinn für grosse Auftritte. Im SI-Modeshooting greift sie beherzt mit der Gabel in den Spaghettiteller – ihr Lieblingssujet, schliesslich kocht sie daheim selber gern Spaghetti und postet das auf den sozialen Medien. Christa Rigozzi ist ein Herzensmensch und verbreitet im Studio sofort beste Stimmung. Aber sie hat auch klare Vorstellungen davon, was sie will: Hinter der Kamera steht mit Oliver Rust ein Fotograf, den sie selbst eingebracht hat, mit dem sie immer wieder arbeitet, weil sie sich bei ihm wohlfühlt. Auch die Stylistin Julia Grunz begleitet sie schon lange. «Ich bin ein sehr loyaler Mensch», sagt Christa Rigozzi. Sie hat auch die Spaghetti fürs Foto bereits vorbestellt und tippt zwischen den Aufnahmen immer wieder ins Handy: «Es läuft grad extrem viel», sagt sie und lächelt.
Christa Rigozzi, wie beschreiben Sie sich jemandem, der Sie nicht kennt?
Ich bin natürlich und bodenständig, eine reife Frau, die in den letzten Jahren viel erlebt hat. Eine glückliche Mutter, eine stolze Schweizerin und Tessinerin. Ich bin offen für vieles und immer neugierig. So ist Christa.
Und auf der anderen Seite: Wo sind Sie verletzlich?
Ich bin sehr ehrlich und emotional. Mit langjährigen Partnern ergeben sich Freundschaften. Verhält sich dann jemand nach vielen Jahren plötzlich unfair, kündigt etwa die Zusammenarbeit ohne weitere Erklärung auf, verletzt mich das.
Wie gehen Sie mit diesem Frust um?
Ich bin wütend, ich weine. In solchen Momenten hilft mir mein Mann Gio. Ich erzähle ihm alles. Er sagt mir dann: Denk nicht weiter darüber nach. Mach deinen Weg, du bist sowieso erfolgreich. Und Raffy, mein Manager, setzt auf Rationalität. Er sagt dann zu mir: Du bist zu freundlich. Es ist immer noch ein Job, vergiss das nicht, die Reaktion ist nicht böse gemeint. In solchen Situationen so gelassen zu bleiben, muss ich noch lernen.
«Früher war bei mir alles too much»
Und was treibt Christa an?
Ich will unterhalten. Ich liebe den Kontakt zum Publikum, liebe es, im Austausch mit Menschen zu sein. Aber: Ich bin auch gern alleine. Nach einem Auftritt mit Hunderten von Leuten höre ich daheim kein Radio, keine Musik. Dann will ich einfach nur Ruhe und für mich sein.
Wie merken Sie bei Ihren Moderationen, dass der Funke zum Publikum überspringt?
Ich bereite mich immer noch sehr sorgfältig auf jeden Auftritt vor. Aber in den 17 Jahren, in denen ich nun moderiere, bin ich routiniert geworden. Ich habe ein Gespür für das Publikum, vielleicht weil ich so viele Menschen kennengelernt habe. Mittlerweile weiss ich, was die Leute sich wünschen, welches gemeinsame Ziel wir anstreben.
Gingen auch mal Auftritte von Ihnen komplett in die Hose?
Ich erinnere mich an einen Abend ganz am Anfang meiner Karriere, in einem Klub. Ich sass in der Jury und sollte den besten von einigen Hobbypiraten wählen. Das Ganze lief aus dem Ruder. Am Schluss haben die Leute tatsächlich Rohfleisch auf die Bühne geworfen. Heute würde ich so etwas nie mehr machen.
«Ich bin ehrlich und emotional. Wenn jemandunfair ist, verletzt mich das»
Christa Rigozzi
Sie vertreten als Botschafterin gleichzeitig mehrere Partner: eine Automarke, eine Pizzeria, Schmuck, Schuhe. Manchmal zu viel des Guten?
Ich bekomme täglich Anfragen und sage 50 Prozent ab. Ich muss hinter einem Produkt stehen können, sonst kann ich meinen Job nicht machen. Ich achte ausserdem darauf, nicht mehrere grosse Kampagnen gleichzeitig umzusetzen. Früher war das manchmal anders. Dann sagten die Leute irgendwann: Wow, Christa macht zu viel.
Stört Sie diese Kritik?
Nein. Es stimmte ja in dem Moment.
Wie geduldig sind Sie?
Als Stier habe ich viel Geduld, ich kann jahrelang Geduld haben, ich verzeihe. Aber irgendwann kommt bei mir der Punkt, an dem ich nach Enttäuschungen radikal werde. Wenn ich mich mal abgewandt habe, dann kommt von mir nichts mehr. Heute kann ich mir das auch leisten, jetzt bin ich 40.
Sie haben ursprünglich Kommunikationswissenschaften in Fribourg studiert …
Ja, und Strafrecht und Kriminologie im Nebenfach und Politikwissenschaft in Französisch. Ich wollte eigentlich Pressesprecherin der Polizei werden. Ich habe das Studium abgeschlossen und mich zur Miss-Schweiz-Wahl angemeldet. Danach habe ich meine Leidenschaft fürs Moderieren entdeckt und auch, dass ich dafür ein wenig Talent habe (lacht).
Wenn Sie heute auf der Bühne stehen, werden Sie als ehemalige Miss angekündigt, nicht als Politologin. Stört Sie das?
Reduziert mich jemand ausschliesslich auf die Miss Schweiz, nervt mich das schon – als hätte ich in 17 Jahren nichts anderes gemacht. Aber die Miss-Schweiz-Wahl war für mich ein Sprungbrett. Gleichzeitig ist es schön, dass ich das Studium an der Uni heute noch in der Praxis nutzen kann.
Inwiefern?
Zum Beispiel hat mich mein ehemaliger PR-Professor Othmar Baeriswyl einen Grundsatz gelehrt, an den ich mich bis jetzt halte. Er hat auch Bundesräte beraten und sagte immer: Wenn ihr ein Problem mit der Presse habt, dann gebt keine weiteren Interviews, rechtfertigt euch nicht. Sagt einfach: No comment! Fertig. Sonst wird immer nur weiterberichtet.
Welche medialen Krisen mussten Sie meistern?
Die allererste – das war so lustig, jedenfalls im Nachhinein – passierte, gleich nachdem ich meine Krone abgegeben hatte. Wir waren für einen Anlass in Zermatt, ich konnte noch nicht so gut Deutsch und habe im Interview Wörter verwechselt. Auf die Frage «Wie findest du Walliserdeutsch?» wollte ich sagen: schwierig. Dummerweise sagte ich schrecklich, und das im Fernsehen, live. Am nächsten Tag schrieben alle: Christa beleidigt die Walliser. Ich fühlte mich furchtbar und wollte mich verteidigen. Aber dann kam mir Othmar Baeriswyl in den Sinn. Ich habe mich also entschuldigt und dann nichts mehr gesagt. Nach drei Tagen war der Spuk vergessen. Später habe ich sogar eine Anfrage bekommen und als Tessinerin für das Wallis Werbung gemacht.
«Das Alter war nie ein Problem. Ich fühle mich besser als mit 20.Auch wenn ich weniger knackig bin»
Christa Rigozzi
Sie zeigen auf den sozialen Medien nicht nur sich selbst, sondern auch regelmässig Ihre Familie. Warum?
Als ich Mutter geworden bin, war von Anfang an klar: Ich bin eine öffentliche Person, ich exponiere mich, meine Kinder werden automatisch auch exponiert sein, ob sie wollen oder nicht. Anfangs wurde mir vorgeworfen: Du zeigst deine Kinder! Ja, aber auch wenn ich sie nicht zeige, dann kommt die Presse und fotografiert sie.
In welchen Situationen denn?
Als die Mädchen erst ein paar Monate alt waren, hatte ich einen Auftritt in Bellinzona. Giovanni ist mit ihnen vorbeigekommen. Die Fotografen haben in den Wagen hineinfotografiert. Wir waren geschockt. Und haben dann entschieden, ab und zu selbst von ihnen Bilder auf unseren sozialen Medien zu zeigen. So können wir das Ganze besser kontrollieren. Ansonsten halten wir sie aber konsequent aus den Medien raus. Dass wir für diesen Artikel das Familienalbum öffnen und sehr private Fotos zeigen, die nie veröffentlicht wurden, ist eine einmalige Ausnahme.
Sie zeigen auf Ihren Posts eine Bilderbuchfamilie.
Ja. Ich versuche, authentisch zu sein, zeige mich ungeschminkt, koche, bin privat. Allerdings gibt es Grenzen: Ich halte rein gar nichts davon, schwierige Momente zu posten, etwa einen Aufenthalt im Spital, einen verletzten Fuss, wie ich einen Pickel ausdrücke oder mit jemandem streite. Das geht zu weit. Ich gebe so viel von mir preis. Ein Teil muss auch privat bleiben.
Vermitteln Sie damit zum Teil nicht auch ein falsches Bild – ein zu perfektes Leben?
Bei uns ist überhaupt nicht immer alles perfekt. Es gibt schwierige Zeiten, in denen es beispielsweise Menschen in meinem nahen Umfeld nicht gut geht. Dann möchte ich mich am liebsten komplett zurückziehen, nichts mehr von mir hören lassen. Dennoch werde ich meine Probleme nicht öffentlich besprechen. Mein Job ist es, die Leute zu unterhalten, nicht zu belasten. Wenn deshalb jemand denkt «Ah, bei Christa ist alles immer nur gut, ich sehe sie nur auf dem roten Teppich und in bester Laune», dann kann ich damit leben. Es müssen mich nicht alle mögen.
«Das schönste Kompliment? Dass ich ein grosses Herz habe»
Christa Rigozzi
Sie sind seit 23 Jahren mit demselben Mann zusammen …
Ja, und ich hatte nicht damit gerechnet. Es hat sich so ergeben, und es ist wunderbar. Wir sind sehr jung zusammengekommen. Wir sind bewusst nicht sofort zusammengezogen. Und das Wichtigste: Wir haben uns vor der Miss-Schweiz-Wahl kennengelernt. Die Beziehung ist nicht entstanden, weil einer von uns berühmt werden wollte. Gio hat mich immer unterstützt, er war nie der eifersüchtige Mann. Mit oder ohne Miss Schweiz, mit einem Macho wäre ich nie zusammengekommen. Ich mag sensible Männer, die sich zeigen, wie sie sind, und auch mal weinen.
Wie hat sich Ihre Beziehung entwickelt?
Zuallererst ist da die Liebe, dann natürlich das Glück, dass wir uns gefunden haben. Dazu ist über die Jahre das Vertrauen gewachsen, Unterstützung, Respekt. Das bedeutet nicht, dass Christa und Gio das perfekte Paar sind. Gar nicht, das wäre langweilig. Eine Beziehung wachzuhalten, ein Paar zu bleiben, bedeutet Arbeit. Ich bin ein Stier, Giovanni ist ein Fisch. Wir streiten. Aber wir streiten heute über andere Themen als vor 20 Jahren. Früher waren wir emotionaler, heute sind wir rationaler, wir diskutieren über alles, die Schule, die Kinder, Freunde, Familie. Wir diskutieren, bis wir eine Lösung finden. Vielleicht werden wir uns nicht einig, aber zumindest reden wir. Wir sind auch beide ruhiger geworden, grosszügiger.
Was schätzen Sie besonders an Giovanni?
Er ist bis heute mein grösster Fan, aber auch der ehrlichste. Er sagt mir immer noch: Da warst du gut, oder da warst du gar nicht gut – selbst wenn andere mich in den Himmel loben. Er hat mich auch von Anfang an unterstützt als Mutter, ich habe mir immer Kinder gewünscht, aber für eine Frau kann die Entscheidung schwierig sein, jedenfalls für mich war sie es. Ich wollte auch Karriere machen, ich hatte Angst, dass ich nicht beides leisten kann, das hat mich gebremst. Giovanni hat mir Mut gemacht, er sagte: Nein, mach das, du kannst das. Ich möchte 100 Prozent Papi sein.
Freuen Sie sich auf den bevorstehenden Geburtstag?
Ja. Ich habe mir über das Alter nie Sorgen gemacht, im Gegenteil, heute fühle ich mich besser als mit 20. Mit 20 war das Leben super: Party, reisen, entdecken. Aber unabhängig war ich irgendwie doch auch nicht. Und: Ich habe sehr starkes Make-up getragen, nach dem Motto «Mehr ist mehr». Heute fühle ich mich wohler, obwohl ich vielleicht nicht mehr so knackig bin (lacht).
Welches ist das schönste Kompliment, das man Ihnen machen kann?
Die meisten Menschen sagen, dass ich ein grosses Herz habe. Und ich weiss, es stimmt. Manche sagen auch, dass ich zu viel gebe. Aber ich gebe gern. Es muss nichts zurückkommen. Es stimmt so für mich.
Welche Frage mögen Sie nicht mehr beantworten?
Was ist das Geheimnis deiner Liebe oder deines Erfolgs. Es gibt kein Rezept! Und keine eindeutigen Antworten auf solch fixfertige Fragen. Ich werde lieber gefragt: Wie geht es dir, was bewegt dich?
Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?
Dass es allen gut geht. Und das ist durchaus egoistisch gemeint. Denn wenn es allen gut geht, dann muss ich mir keine Sorgen machen, dann drehen sich in meinem Kopf weniger Gedanken. Dann geht es mir auch gut.