Darf man Geschichte mit Füssen treten? Bei David Bröckelmann, 47, und seiner Frau Salomé Jantz, 44, kommen Besucher gar nicht drumherum – zumindest, wenn sie im Garten des Comedy-Duos stehen. Das dort verlegte Natursteinpflaster zierte einst den Barfüsserplatz in Basel. Lange Zeit sind die Steine Teil einer Stützmauer, im Volksmund Klagemauer genannt. 1979 wird der «Barfi» umgestaltet, die Mauer verschwindet. Bröckelmanns Onkel, Chefrestaurator des Historischen Museums Basel, packt Stein für Stein in Schachteln, zurrt diese nach Feierabend auf seinem Töffli fest und knattert mit der Fracht heim nach Binningen BL, wo er einen Teil seines Gartens pflastert. Schön und zeitlos. Bröckelmanns Nachkommen stehen bis heute drauf.
Geschichten wie diese faszinieren das Schauspieler-Paar seit je – privat und beruflich. Ihr neues Kabarett-Programm «Bröckelmann + Bröckelfrau, 19:57, Gleis 12» nimmt Alltäglich-Absurdes beim Eisenbahnfahren aufs Korn. David und Salomé fahren selbst viel Zug, ob zu Auftritten im aargauischen Reinach und zürcherischen Höngg oder für Ferien auf der Kleinen Scheidegg im Berner Oberland oder an der Amalfiküste. Beide besitzen ein GA, das «Auti» (baseldeutsch für Auto) kommt nur in Notfällen zum Zug.
«Wir beobachten viele Situationen und Menschen – die beste Inspirationsquelle.» Fragen wie «Was machten Reisende einst im Zug, als es noch keine Handys gab?» oder «Wie teilte man früher mit, dass man zehn Minuten zu spät kommt?» parodieren Bröckelmann und Jantz unverblümt provozierend.
Das altertümliche Wählscheibentelefon im Flur ihres 110 Jahre alten Familienrefugiums erinnert auch an anno dazumal. «Selbst wenn wir wollten, wir könnten es nicht mehr nutzen, weil heute alles digital ist», sagt Salomé bedauernd. Als Deko sorgt der Fernsprechapparat bei Gästen bis heute für Gesprächsstoff.
Eingerichtet haben David und Salomé ihr Zuhause mit Erbstücken vom Estrich, Designklassikern vom Flohmarkt sowie Raritäten aus Brockenhäusern. «Wir mögen Zeitloses, kombinieren gern Alt und Neu.» Vor allem der Estrich des Einfamilien-Doppelhauses ist eine Fundgrube. Den Schaukelschwan muss Salomé nur entstauben, als sie ihn unterm Dach entdeckt. «Ein Magnet, wenn uns Freunde mit Kindern besuchen.» Besonders stolz ist Jantz auch auf ein kleines antikes Tischlein – das Glanzstück eines Schreinergesellen bei dessen Meisterprüfung 1887. «Ich hätte es schon mehrmals für viel Geld an Antiquitätenhändler verkaufen können», verrät Jantz. Doch Geschichte und Geschichten interessieren sie weit mehr als Geld.
«Ich bin die Gärtnerin im Haus. David ist fürs Holzspalten zuständig»
Salomé Jantz
Ins Geburtshaus von Davids Vater ist das Paar 2008 eingezogen. Drei Jahre später kaufen sie es. Bröckelmann ist als Kind nur ein paar Strassen weiter aufgewachsen. «Binningen ist meine Heimat, ich bin gern hier, sitze am liebsten im Garten unter einem Baum, geniesse den Sonnenuntergang.»
Auch zum Schreiben ziehts den Kabarettisten oft raus aus den vier Wänden. «Ich brauche eine inspirierende Atmosphäre, egal, ob Vögel zwitschern oder ich einfach nur in die Ferne blicke.» Seine Nachbarn wissen längst, dass sich Bröckelmann auch im Winter, eingepackt im dicken Mantel und eingewickelt im Schal, im Garten für bühnentauglichen Wortwitz inspirieren lässt. Oder wie er es formuliert: «Ohne Musse keine Muse, doch nach ihrem Kuss, kommt der Schweiss im Fluss …»
Das aktuelle Programm stammt vor allem aus Davids Feder. «Beim nächsten Bühnenstück hat vielleicht wieder Salomé den Lead.» Konkurrenzdenken oder Profilierungssucht ist den beiden fremd. Seit 15 Jahren leben und
arbeiten sie zusammen. «Früher war es für mich unvorstellbar, mit einem Partner den gleichen Beruf zu teilen», sagt Jantz. Bis sie Bröckelmann kennenlernt. «Ich musste meine Meinung um 180 Grad ändern», erinnert sich Jantz. Und ihr Mann ergänzt: «Es passt einfach zwischen uns.» In dieser Geschichte haben sich Bröckelmann und Bröckelfrau gefunden – nicht nur auf der Bühne.