Bei Sylwina Spiess, 30, daheim in Zürich ist zum Znacht eine vegetarische Weltreise angesagt. Vom orientalischen Kürbishummus bis zur mexikanischen Fajita – die Influencerin tischt grosszügig auf. «Habe ich Gäste, sollen sie etwas Neues erleben.» Am langen Holztisch sitzen die sechs Aushängeschilder des ersten digitalen TV-Senders der Schweiz. Es ist das «letzte Abendmahl» des Moderations-Sextetts, bevor Blick TV startet. «Danach moderiert immer jemand von uns», sagt die Influencerin, die sich auch als Lifestyle- und Food-Bloggerin einen Namen gemacht hat.
Das Team ist eine hungrige Truppe. Neben etwas Dessert bleibt nur der Appetit auf die ersten Live-Sendungen übrig. «Ich hoffe, es wird zukunftsweisend. Die Medienhäuser fragen sich alle, wie es mit dem Fernsehen weitergeht», sagt Lena Wilczek. «Blick TV wagt jetzt als Erstes den ersten Schritt.» Die 25-Jährige ist die Jüngste im Team und hat zuletzt bei Telebasel gearbeitet. Trotz Arbeitsort Zürich bleibt sie in Basel wohnhaft, «da ich gerade den Schweizer Pass beantrage», erklärt die griechisch-deutsche Doppelbürgerin.
Als Pendlerin gehört Lena Wilczek zur Zielgruppe von Blick TV, das Nachrichten ausschliesslich digital anbietet. Alternierend präsentieren die sechs stündlich News, und das jeden Tag. «Wir sind alle zu 100 Prozent angestellt, ausser die beiden Papis Nico Nabholz und Reto Scherrer.» – «Die Hausmänner haben ein kleineres Pensum», sagt Scherrer. «Mit euren 80-Prozent-Pensen seid ihr noch keine Hausmänner», kontert Wilczek.
Reto Scherrer, 44, ist ein alter TV-Hase. Der Thurgauer moderierte vorher die älteste Unterhaltungssendung der Schweiz, «Samschtig-Jass», und war beim Radio SRF 1 zu hören. «Ich habe einen relativ sicheren Job gehabt», sagt der dreifache Vater. Doch dann konnte der fünffache Vater, Blick-TV-Chef Jonas Projer, ihn für sein neues Projekt gewinnen. «Das Team ist definitiv frischer und jünger», sagt Scherrer. «Aber nicht der Altersunterschied macht mir Mühe. Manchmal verstehe ich meine Gspönli mit all ihren englischen Wörtern nicht mehr.»
«Deep», «connected», «sophisticated» – beim Essen füttern Anglizismen das Gespräch. Simone Stern, 27, ist zweisprachig mit Deutsch und Englisch aufgewachsen. Die Zürcherin ist die einzige Quereinsteigerin, dafür ein Tausendsassa. Nach einem Fulbright-Stipendienjahr in Rom, einer Yogaausbildung in Indien, Schauspielerei und Modeln in Los Angeles kehrte sie 2017 in die Schweiz zurück. «Mein Lebenslauf liest sich sehr international. Also entschied ich mich, meine Vita schweizerischer zu gestalten.» In Luzern beginnt sie ihr Masterstudium und tritt in Bern eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Schweizer Armee an. «Als Moderatorin kann ich nun erstmals alle meine Interessen vereinen.»
Nico Nabholz lässt sich von Gastgeberin Sylwina Spiess das Taboulé erklären. «Ich bin der Mann der 100 Allergien. Wenn ich Sesam oder gewisse Nüsse esse, wirds unangenehm», sagt der 37-Jährige und nimmt gleich eine mögliche Schlagzeile vorweg. «Nein, ich bin nicht in einem staubfreien Haushalt aufgewachsen, sondern sehr ländlich auf einem Bauernhof.» Als langjähriger Reporter, Videojournalist und Live-Moderator bei TeleZüri gehört Nabholz zu den erfahrensten Journalisten in der Runde. Seit 2017 ist er zudem als Medientrainer im Einsatz.
Gerade zeigt er seinem Tischnachbarn Damian Betschart, 35, eine persönliche Video-Nachricht seines zweijährigen Sohnes: «Damian, jetzt schaffe, hopphopp.» Betschart lacht. Sonst ist er derjenige, der im Whatsapp-Chat Blick-TV- «Modis» mit Videos und Fotos unterhält. Der gebürtige Schwyzer hat zuletzt als Moderator und Musikredaktor bei Radio Pilatus gearbeitet und Events moderiert. «In Politik und Wirtschaft bin ich nicht so stark, aber jetzt habe ich diese mehr auf dem Radar.» Als Erster hat er wegen seiner fürsorglichen Art bereits einen Spitznamen erhalten: Daddy D. «In dieser kurzen Zeit sind wir sehr schnell zusammengewachsen. Wir spürten gleich gute Vibes, es hat sofort gematcht.» – «Wie bitte?!», bringt Reto Scherrer die andern zum Lachen. Zumindest Humor verstehen alle.
Lest hier die Steckbriefe der Moderatorinnen und Moderatoren von Blick TV.
Jonas Projer, was macht Blick TV besser als bisheriges Fernsehen?
Jonas Projer: Unsere Ambition ist es, uns konsequent aufs Internet und die mobilen Plattformen einzustellen.
Was also ist neu?
Klassisches TV geht von linearen Sendungen aus, die dann fürs Internet portioniert und gekürzt werden. Wir machen es genau umgekehrt. Wir fragen uns: Wie muss der Clip aussehen, der am Ende auf der Website zu sehen ist? Ein Beispiel: Im Internet kommt das beste und stärkste Bild zuerst, erst danach die Moderation. Und entsprechend bauen wir auch unsere Live-Sendung so.
Wieso brauchts Moderatoren?
oderation bringt Emotion in eine Sendung, einen Bezug zum Nutzer, eine persönliche Note. Sie kann Fakten und Einordnung vermitteln, zu welchen es zum Zeitpunkt der Sendung noch keine Bilder gibt.
Moderiert wird auf Mundart. Wie englisch darf die Sprache sein?
Ich bin da ganz entspannt. Wenn wir Breaking News anbieten wollen, können wir uns doch nicht über englische Ausdrücke aufregen! Anglizismen sind vielleicht nicht sehr cool, aber eindeutig part of life.
Wie wollen Sie Geld verdienen?
Mit Werbung, Kooperationen im Unterhaltungsbereich und Sponsoring. Wir sind Journalisten, unsere Aufgabe ist es, ein gutes Programm zu machen. Aber nicht nur! Ringier investiert hier mit Nachdruck in den Journalismus, was ich absolut grossartig finde.