«Schön, bist du hier, Silvina. Grazie, mille grazie!» Maria Marinelli bedankt sich für den Besuch. Silvina Valente giesst der 85-Jährigen einen Espresso ein. «Nimm Platz», sagt diese, «ich hab dir viel zu berichten.» Und sie erzählt: wie es den drei Urenkeln geht, dass ihr Mann Antonio am Vortag feine Spaghetti gekocht hat, «fast zu scharf». Die Frauen lachen. Wie es ihrem rechten Bein gehe, fragt Silvina Valente die Seniorin. «Seit ein paar Tagen tuts wieder mehr weh. Nachher gehen wir trotzdem raus!» Valente lächelt: «Der Spaziergang gehört doch zu meinem Besuch.»
Die Mittwochvormittage sind ein Highlight im Alltag von Maria Marinelli, sie lebt mit ihrem Mann Antonio, 86, in Lausanne VD. Dann ist für jeweils zwei Stunden Silvina Valente zu Besuch. Die 49-jährige Einheimische ist als Freiwillige beim Besuchs- und Begleitdienst des Roten Kreuzes Waadt tätig. Dieser ist für Menschen da, die unter sozialer Isolation leiden, die betrifft vor allem über 65-Jährige, Männer wie Frauen.
«Mit dem Alter steigt die Gefahr von Isolation», sagt Silvina Valente, von Beruf Krankenpflegerin. «Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus.» Eine Studie hat ergeben, dass sich hierzulande 70 000 ältere Menschen allein fühlen. Im vergangenen Jahr wurde die Einsamkeit noch grösser. «Die meisten leiden still. Unsere Besuche geben ihnen wieder Lebensqualität.»
Wegen der Corona-Massnahmen konnte Silvina Valente viele Monate keine Besuche mehr machen bei den Marinellis. Dafür telefonierte sie zweimal wöchentlich mit ihnen, erkundigte sich nach ihrem Befinden. Maria Marinelli ist auf den Rollator angewiesen, sie hat eine Hüft- und eine Herzoperation hinter sich. Den Haushalt besorgt ihr Antonio. Die gebürtigen Italiener sind seit 67 Jahren verheiratet, 1971 zogen sie in ihre Wohnung.
Sohn Luigi wohnt ebenfalls in Lausanne – lange konnten sie ihn nicht mehr sehen. Maria Marinelli: «Während Wochen waren wir allein hier, immer in der Wohnung.» Vor Kurzem haben beide die zweite Corona-Impfung erhalten – nun darf Silvina Valente wieder vorbeikommen. 2700 Freiwillige standen 2020 während 120 000 Stunden für den Besuchsdienst im Einsatz; das SRK freut sich über weitere Freiwillige.
Seit 2019 ist Silvina Valente für die Marinellis da. Sie kennt die Gegend, aus der das Ehepaar stammt, spricht gut Italienisch. So war für die Marinellis, gleich nachdem sie Silvina Valente kennengelernt hatten, klar: Das passt! «Jeder Besuch ist ein Geschenk», sagt Maria Marinelli und greift nach ihrem Rollator. «Lass uns spazieren gehen!» Die Besucherin hilft ihr in die Jacke. «Grazie, Silvina, mille grazie!»
Infos: www.redcross.ch/besuchsdienst
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