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Er gewann einst Olympia-Gold – nun ist er tot

Das tragische Leben von Radprofi Robert Dill-Bundi

Er war eine Ausnahmefigur im Radsport. In Moskau gewann Robert Dill-Bundi 1980 Olympia-Gold. Doch zuletzt geriet sein Leben aus der Bahn.

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Robert Dill-Bundi, l’ex-champion olympique, lutte contre un cancer du cerveau

Stolz und von den Hirnoperationen gezeichnet: Seine Walliser Heimatgemeinde Chippis hat ihn mit einer eigenen Strasse geehrt.

Charly Rappo/arkive.ch

Es war ein ikonischer Moment in der Schweizer Sportgeschichte – jener Abend am 26. Juli 1980, als der 21-jährige Walliser Robert Dill-Bundi im Sportkomplex von Krylatskoje im Nordwesten Moskaus niederkniete und die Holzbahn küsste. Mit dieser Geste ehrte Dill-Bundi die Wettkampfstätte, die dank ihrer makellosen Oberfläche Geschwindigkeiten zuliess wie sonst kaum eine andere Bahn der Welt. Dass der Schweizer später in der Heimat Anfeindungen erleben musste, weil er sich mit dieser Geste zum Kommunismus bekannt haben sollte, war komplett an den Haaren herbeigezogen.

Urs Freuler (65) langjähriger Weggefährte von Dill-Bundi und damals Teamkollege im Bahn-Vierer, sagt heute: «Robert war unglaublich stark und besass Voraussetzungen wie nur ganz wenige in unserem Sport. Hätte er nicht einen so sturen Walliser Kopf gehabt, wäre in seiner Karriere noch mehr möglich gewesen.» Doch auch so schaffte Robert Dill-Bundi Einmaliges. Sein Triumph in Moskau ist bis heute der einzige Olympiasieg eines Schweizer Bahnfahrers geblieben. Später gewann er in der Einzelverfolgung auf der offenen Rennbahn in Zürich (1983) WM-Silber – und ein Jahr später in Barcelona im Keirin Gold.

--- Olympische Spiele Moskau 1980: Olympiasieger Robert Dill-Bundi#Olympic Games Moscow 1980: Olympic champion Robert Dill-Bundi

An den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau küsst Robert Dill-Bundi nach seinem Sieg die Holzbahn im Oval von Krylatskoje.

RDB by Dukas

Spricht Freuler, der im November 1958, zwölf Tage vor Dill-Bundi, geboren wurde, von dessen «Sturheit», meint er damit den Eigensinn, wenn es ums Training ging. Beispielsweise habe er auf der Bahn in Oerlikon Runden gedreht – und dabei einen an einer Leine befestigten Autopneu mitgezogen. «Das stand in keinem Lehrbuch.» Die unorthodoxe Vorgehensweise hatte ihre Ursprünge wohl in Dill-Bundis Kindheit. Robert wuchs in Chippis VS als Kind einer alleinerziehenden Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf. Zum Radsport kam er eher zufällig: Um während der Ausbildung etwas zu verdienen, arbeitet er auf einem Golfplatz als Caddie. Mit den 600 gesparten Franken will er ein Motorrad kaufen. Doch der Händler winkt ab. Dafür gebe es höchstens ein Rennrad.

«Robert war unglaublich stark und besass Voraussetzungen wie nur ganz wenige in unserem Sport.»

Urs Freuler, langjähriger Weggefährte von Dill-Bundi

Es war der Ausgangspunkt einer aussergewöhnlichen Karriere. Neben den Triumphen auf der Bahn gewann Dill-Bundi unter anderem eine Etappe des Giro d’Italia (1982) sowie den Prolog der Tour de Romandie (1983). Nach seinem Rücktritt kämpfte er vor allem mit sich selber. 1999 diagnostizierten die Ärzte einen Hirntumor. Mehrere Operationen, eine Chemotherapie und eine riskante Elektrotherapie später galt er 2010 als geheilt.

Doch privat geriet sein Leben aus der Bahn. 2013 verursachte er einen schweren Autounfall. Seine erste Ehe scheiterte. Er verliebte sich in eine Kubanerin – und zog mit ihr in deren Heimat. Und verlor dort all sein Geld. Er kehrte in die Schweiz zurück und lebte als IV-Rentner in seiner Heimatgemeinde am Existenzminimum. Vergangene Woche endete das Rennen seines Lebens – kurz vor seinem 66. Geburtstag. Robert Dill-Bundi hinterlässt drei erwachsene Kinder. Die Schweiz verneigt sich vor einem grossen Champion – und vor einem liebenswürdigen Kämpfer.

Von Thomas Renggli am 21. September 2024 - 12:00 Uhr