Ein bisschen nervig seien sie schon, die Klischees, die man gemeinhin mit dem Wallis verbinde, findet David Constantin (38). Bei einem Thema ticken er und sein Jugendfreund Dragan Vujic (35) allerdings genau so, wie man das von Wallisern erwartet. «Raclette ist das Beste, was man aus Käse machen kann», stellt Dragan beim Outdoor-Zmittag klar.
Nicht nur in der SRF-Serie «Tschugger» verbindet das Duo eine enge Freundschaft, sondern auch im Leben. Damit, dass die absurd-überdrehte Komödie um die Polizisten Bax (Constantin) und Pirmin (Vujic) dermassen erfolgreich sein würde, hätten ihre Macher nicht gerechnet. Über 30 Prozent Marktanteil ergatterte die erste Staffel auf SRF 1, dazu kommen Hunderttausende Streaming-Aufrufe online. David Constantin ist der Erfinder von «Tschugger» und führt auch Regie. Die Rollen hat er fast ausschliesslich mit Laien besetzt. Wie eben mit Dragan, den er aus Kindertagen kennt.
Geboren in Serbien, kommt Vujic im Kindergartenalter mit seinen Eltern ins Weindorf Salgesch. Am Anfang wird er geplagt, wegen des ausländischen Nachnamens und weil er grösser und breiter ist als die anderen in seinem Alter. Bis sich einer für ihn starkmacht: David Constantin, Winzersohn, drei Jahre älter, angstfreier Skateboarder. «Er tat mir leid», sagt David. Zumal er die Situation aus eigener Erfahrung kennt, wurde ihm doch seines Überbisses wegen der Spitzname Bax (in Anlehnung an den Comic-Hasen Bugs Bunny) verpasst. Dragan nennt seinen Freund heute noch so – liebevoll.
Nach der Schule trennen sich die Wege der beiden. David geht nach Brig ans Gymnasium, Dragan beginnt eine Lehre in Siders. Die Freundschaft bleibt. Und ihre Biografie zu dieser Zeit liest sich recht ähnlich. David bricht diverse Studien ab, bis er schliesslich bei Wirtschaft hängen bleibt und als Betriebsökonom abschliesst. Dragans Weg pflastern einige abgebrochene Lehren, inzwischen ist er ausgebildeter Mediamatiker.
Davids Hobby «Trashfilmli drehen» wird immer zeitintensiver, aber auch professioneller. Als er 2012 die Online-serie «Tschutter» über den FC Salgesch dreht, ist schnell klar, wer mit von der Partie sein soll: «Ds Dragi kann das!» Schliesslich sass dieser in jungen Jahren genauso oft wie David selbst bei Spielen auf der Ersatzbank. Der eine freiwillig – «ich hab gern trainiert, aber ich hasste diese Competition», sagt David –, der andere nicht. «Ich hätte gern mal ein Match gespielt, aber ich glaube, ich war zu pummelig», sagt Dragan. Und als klar ist, dass David Constantin in «Tschugger» die Hauptrolle selbst übernimmt, kommt für den Part des Pirmin nur einer in Frage.
Dabei ist die Zusammenarbeit von Regisseur David und Schauspieler Dragan trotz – oder gerade wegen – aller Liebe nicht nur einfach. Zum Beispiel wenn Dragan vor der Kamera ein Auto schrotten soll – was nicht ganz so einfach ist, wie es aussieht. «Bax fährt Zug. Er hat sehr eigene Vorstellungen davon, was mit einem Auto möglich ist», so Dragan. Nicht selten kommts dann zu Konversationen wie: «Machs anders, Dragi.» – «Wie anders?» – «Anders!» – «Idiot!» Bei einem Glas Grenadinensirup in der Dorfbeiz «Frohheim» ist die Welt dann aber wieder in Ordnung.
Zum Raclette im Rebberg der Constantins gibts natürlich nicht Sirup, sondern Weisswein. Davids Eltern Hans-Peter (66) und Eve-Marie (63) gehört eines der grössten Weingüter in Salgesch, geführt wird es seit Kurzem von Davids Schwester Simone (35) und deren Mann. Die Kinder Sophia (4) und Jonah (3) wuseln zwischen den Reben herum. Sophia ist der grösste Fan ihres Göttis David, hat ein grosses «Tschugger»-Poster an ihrer Zimmertür. «Gesehen hat sie natürlich nur jugendfreie Ausschnitte», versichert ihre Mama.
Ob sich für die Familie Constantin etwas geändert hat seit dem grossen Erfolg von «Tschugger»? «Nicht wirklich», meint Hans-Peter. Ab und zu gäbe es im Dorf mal einen Spruch zum «Tschugger», zum Beispiel zum «kreativen Wortschatz in der Serie», erzählt Eve-Marie. Witziges Detail: In Davids Kindheit war fluchen zu Hause ein absolutes Tabu. Ob er das nun in der Serie nachholt? «Vielleicht», meint seine Mutter lachend.
Es ist Zeit, aufzubrechen. David muss den Zug nach Bern erwischen, er pendelt zwischen der Hauptstadt und Zürich. Dragan wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Österreich. Zurück nach Salgesch kommen beide immer wieder gern. Ob sie sich vorstellen können, wieder hier zu leben? «Eines Tages wieder neben Dragi auf der Ersatzbank beim FC Salgesch sitzen – warum nicht?», sagt David. Dragan nickt. «Der Ort, an dem du aufgewachsen bist, prägt dich für immer.» Das Wallis bleibt den «Tschuggern» ins Herz gemeisselt.
Die zweite Staffel «Tschugger» läuft von 18. bis 21. 12. auf SRF 1 und ist jetzt auf Sky verfügbar.