Als interessierter Zuschauer verfolgte ich das Spiel der Österreicher gegen die Niederlande vor dem Fernseher. Unser Nachbar, der Underdog, gewann mit 3 zu 2 und holte sich in dieser schwierigen Gruppe mit Frankreich und Polen sogar den Gruppensieg. Ich spürte den Teamspirit der Österreicher selbst durch den Bildschirm hindurch. Was auffiel: Bei den Treffern liefen die Spieler sofort zu ihrem Coach. Für mich ein untrügliches Zeichen dafür, dass dieser Teamzusammenhalt funktioniert. Ja, wenn man erfolgreich ist, ist der
Zusammenhalt fantastisch.
Das ist auch bei der Schweizer Nati aktuell nicht anders. Das Team ist gegen Deutschland überragend aufgetreten. Das verbindet, das pusht, das gibt Energie ohne Ende. Und das ist überall zu spüren. Es gibt aktuell auch keine negativen Nachrichten über das Schweizer Team. Für den Trainer und den Staff ist es sicherlich nicht einfach, diesen Spirit zu erhalten. Alle Beteiligten leben für eine lange Zeit sehr nahe aufeinander. Da ist es wichtig, dass man sich gut organisiert neben den Trainings – mit Aktivitäten, vielleicht etwas Sightseeing, Spielen. Man darf nicht vergessen: Für Trainer und Staff ist diese Situation speziell. Normalerweise sind die Nati-Spieler nur an vier Tagen zusammen, sie absolvieren zwei, drei Trainings, ein Spiel und reisen dann zurück zu ihren Klubs.
Für mich ist besonders spannend zu sehen, wie flexibel Trainer Murat Yakin agieren kann. Er hat bisher die Startaufstellung bei jedem Spiel verändert. Damit macht er die Schweizer Mannschaft für die Gegner unberechenbar. Als Beispiel dient der gegen Italien gesperrte Silvan Widmer. Er wird in diesem Spiel fehlen, ganz klar. Seine Präsenz ist enorm wichtig. Aber Yakin könnte zum Beispiel Dan Ndoye dort spielen lassen.
Der junge Romand wächst an dieser EM immer mehr über sich hinaus, er kann das. Und Shaqiri könnte dann vorne eingesetzt werden. Oder Yakin bringt den Stuttgarter Leonidas Stergiou, auf Widmers Position ebenfalls top. Und nicht zu vergessen Fabian Rieder. An der Verteidigung muss der Trainer nichts ändern. Diese hat gegen Deutschland wieder hervorragend gespielt. Ich messe den Gegner oft daran, wie viel der Goalie zu tun hat. Muss Yann Sommer gegen ein Team wie Deutschland kaum einen Ball abwehren, hat die Verteidigung sehr vieles richtig gemacht.
Zum Schluss nun auch noch kurz ein Wort zu unserem Achtelfinalgegner, Titelverteidiger Italien. Eine kleine Anekdote zeigt für mich dabei vieles auf: An der WM 2006 in Deutschland scheiterte die Schweiz im Achtelfinal im Penaltyschiessen an der Ukraine. Ich stand im Tor. Einige italienische Spieler kommen noch heute zu mir und sagen, sie seien damals froh gewesen, nicht gegen die Schweiz spielen zu müssen. Die Italiener schlugen die Ukraine und wurden daraufhin Weltmeister. Wenn man sich die letzten Begegnungen anschaut, stellt man fest, dass die Schweiz gegen Italien oft gut abgeschnitten hat. Wir sind keine bequemen Gegner für Italien. Und das ist – neben mehreren anderen – vielleicht unser grosser Trumpf.
Die Fussball-Europameisterschaft der Männer findet vom 14. Juni bis am 14. Juli in Deutschland statt. Gespielt wird in zehn verschiedenen Städten, von München bis Hamburg. Die Schweiz startet am Samstag, 15. Juni, ins Turnier und spielt um 15 Uhr gegen Ungarn. Das zweite Vorrunden-Spiel der Schweiz ist am Mittwoch, 19. Juni, um 21 Uhr gegen Schottland, das dritte am Sonntag, 23. Juni, gegen Deutschland. Die Achtelfinale finden anschliessend ab dem 29. Juni statt.
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