Ein Bahnhof ist ein Ort der Bewegung. Jeder kommt oder geht. Hält kurz inne und zieht weiter. Auch das Gebäude selbst, obwohl aus massivem Sandstein erbaut, bewegt sich: Es wird verdreckt, übermalt, umgebaut, untertunnelt, verstellt und wieder freigelegt.
Der Südtrakt des Zürcher Hauptbahnhofs ist jener Teil, den man von der Bahnhofstrasse aus betritt. Zum Beispiel, um noch kurz in der Bahnhofsapotheke einzukaufen oder in einem der Restaurants zu essen, bevor der Zug fährt. Passiert man diesen Anbau, steht man in der Haupthalle mit dem bunten Engel von Niki de Saint Phalle an der Decke. Die markanten Säulen im Südtrakt waren im Laufe der Jahre wieder und wieder mit Farbe überstrichen worden.
«Wir wussten, dass sich darunter irgendwo der ursprüngliche Stuckmarmor verbirgt», sagt Gesamtprojektleiter Marc Brunkhorst, 52. Die Restaurateure lösten deshalb an einzelnen Stellen bis zu 13 Farbschichten ab – und wagten es dann, alles freizulegen. «Dass die Säulen so schön erhalten sind, hat uns doch überrascht», sagt Brunkhorst. Nun könne der Hauptbahnhof wieder richtig glänzen. «Man kann es gar nicht in Worte fassen, man muss es selber sehen!»
Zwei «Schuttengel» auf dem Dach
Auch auf dem Dach des Bahnhofs erlebten die Restaurateure eine Überraschung. Zwei Zinkengel wurden abmontiert und in die Werkstatt der Zürcher Spenglerei Scherrer Metec gebracht. Dort stellten die Profis fest, dass der hohle Innenraum der Figuren bei der letzten Sanierung Ende der 1970er-Jahre einfach mit Bauschutt und Beton gefüllt worden war, um sie stabiler zu machen.
«Nach Absprache mit Denkmalpflege, Architekten und Malern haben wir uns entschieden, die Füllung der Engel auszubohren», sagt Beat Conrad, 55, Partner bei Scherrer Metec. Dann wurden die beiden «Schuttengel» umfassend restauriert und dürfen seither wieder vom Dach des HB auf die Passanten blicken.
Restauriert wurden auch die Figuren über dem Eingangstor des Südtrakts: Zwei Frauenfiguren flankieren Helvetia und begrüssen die Reisenden mit einer Lokomotive und einem Schiffspaddel. Auch die Sandsteine der Fassade wurden gereinigt. Sie erhielten ein «Peeling»: Eine Paste wurde aufgetragen und nach dem Trocknen abgezogen.
Das Sanierungsprojekt der SBB kostet insgesamt 175 Millionen Franken. Für die Reisenden ändert sich auch das Angebot. Manche Restaurants ziehen aus, andere ein. Das Reisezentrum der SBB wechselt von einer Seite der Halle auf die andere. Und bis zum nächsten Bauprojekt geht es bestimmt auch nicht lange. Der Bahnhof bleibt in Bewegung.