Zwei Herzchen von ihrem grossen Idol Ana-Maria Crnogorcevic. Aufmunterung von Captain Lia Wälti: «Ich bin mir sicher, dass du stärker zurückkommst.» Sogar der ehemalige Schweizer Internationale Gelson Fernandes hinterliess auf dem Instagram-Account von Iman Beney ermutigende Worte: «Bravo Championne! Du wirst sehr schnell zurückkommen.» Iman (16) war erst kurze Zeit Teil der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft der Frauen – aber die Herzen aller hat sie im Sturm erobert. Nur etwas mehr als eine Woche ist es her, dass sie als jüngste Spielerin zur Weltmeisterschaft in Neuseeland aufgeboten wurde. Und dann das: Im Training vor dem letzten Spiel in Winterthur gegen Marokko reisst Beneys rechtes Kreuzband. Sie sagt: «Es hat knack gemacht. Ich wusste sofort: Jetzt ist etwas Schlimmes passiert.» Für die junge Fussballerin platzt ein Traum.
Physisch hat Beney im Moment fast keine Schmerzen mehr. Aber seelisch: Nur vier Tage nach der Verletzung ist die Schweizer Nationalmannschaft nach Christchurch in Neuseeland abgeflogen. Nun bereiten sich ihre Kolleginnen in Dunedin auf das Turnier vor, das am 20. Juli beginnt. Und Iman sitzt auf dem Sofa in Savièse VS. «Es tut weh, dass sie ohne mich abgeflogen sind», sagt sie. Auch ihre Familie leidet mit. Ihre Eltern waren gerade aus den Ferien zurück, als der Anruf von Iman kam. Mutter Cleo (45) ist den Tränen nahe, wenn sie darüber spricht: «Es war ein Schock. Und es tut weh, sein Kind so leiden zu sehen.»
Eine Fussballfamilie
Vater Nicolas (42) kann das gut nachempfinden. Er war ebenfalls Fussballprofi, Goalie in Sion, Schaffhausen, Aarau und Wil. Kurz vor dem Cupfinal Fussballerin Iman Beney in Savièse. Gehen kann sie nur an Krücken. Die WM verfolgt sie am TV statt auf dem Rasen. 2004 riss auch sein Kreuzband. Seine Mannschaft Wil siegte. Er sagt: «Die WM ist natürlich nicht vergleichbar mit einem Cupfinal. Aber ich weiss, was Iman durchmacht.» Verletzungen würden zum Sport dazugehören. «Jeder Zeitpunkt ist schlecht dafür. Aber dieser ist der denkbar schlechteste.» Iman Beney gilt als Ausnahmetalent. Fussball ist in ihren Genen. Ihr älterer Bruder Roméo (18) spielt beim FC Basel in der U21. Und Tante Noémie Beney bestritt zu ihrer Zeit mehr als 45 Länderspiele für die Schweiz. Auch dieses Jahr darf sie an die Weltmeisterschaft fliegen: Als Kommentatorin für das Fernsehen RTS.
Mama Cleo ist als Brasilianerin ebenfalls eng mit dem Fussball verbunden. Vater Nicolas: «Die Passion für das Spiel und die Lebensfreude hat Iman von ihrer Mama bekommen.» Nur der Jüngste der Familie, Pablo (13) tanzt wortwörtlich aus der Reihe: Seine Leidenschaft ist das Ballett. Eigentlich wäre er jetzt bei seinen Grosseltern im Waadtland in den Ferien, als er aber vom Unfall seiner grossen Schwester erfuhr, wollte er zu Hause bleiben.
«Iman tut alles, um ihre Ziele zu erreichen»
Nicolas Beney, Imans Vater
Iman Beney wurde nach der jordanischen Prinzessin Iman bint Abdullah benannt. Ihrer Mama gefiel der Name. Schon als Kind hat Iman den grossen Traum vom Fussballstar: «Ich sah meinen Bruder und meinen Vater zusammen spielen und wollte immer mitmachen.» Von klein auf trainiert sie beim FC Savièse. Mit elf Jahren sagt sie zu ihrem Vater: «Ich möchte nach Biel an die Fussball-Academy.» Mit zwölf Jahren zieht sie dort bei einer Gastfamilie ein. Nach Stationen bei Sion und Saxon gibt sie letztes Jahr ihr Debüt in der ersten Mannschaft von YB, wird bereits ins Team der Saison gewählt. Mit zwei YB-Mitspielerinnen lebt sie in einer Wohnung in Bern. Während ihr Bruder Roméo sich nur auf Fussball konzentriert, macht Iman nebenbei noch die Handelsschule. Ihren Eltern ist das wichtig, da die Löhne der Frauen im Fussball immer noch viel tiefer sind.
Jeden Tag Physiotherapie
Seit dem Unfall geht Iman jeden Tag in die Physiotherapie. Zu jemand Besonderem: Nicolas Mathieu (60) ist seit 33 Jahren Physiotherapeut und betreute bereits ihren Vater. Die Familie vertraue ihm, und das sei wichtig für die Genesung. In einer Woche ist die Operation. Iman ist tapfer. Immerhin habe sie auch schon an beiden Knien den Meniskus operieren müssen. Dass einige Sportler nach Kreuzbandrissen ihre Karriere aufgeben mussten, weiss Iman. Sie sagt: «Ich bin aber noch jung und habe Zeit für eine richtige Genesung. Ich habe keine Angst.» Auch Physiotherapeut Mathieu prophezeit eine Rückkehr nach frühestens neun Monaten. Er sei aber positiv gestimmt. «Es hat keine Entzündungen, und Iman kann die Übungen alle sehr gut mitmachen. Sie ist eine Maschine!»
Und sie ist eine Kämpferin: Die ersten Tage nach der Verletzung waren hart für Iman, erzählt Papa Nicolas. Aber er sei stolz, wie sie mittlerweile damit umgehe. «Im Leben gibt es immer wieder Rückschläge. Aber schon mit 16 Jahren zu sagen: Ich muss nach vorne schauen, zeigt grosse innere Stärke.» Iman sei schon immer ein sehr entschlossener Mensch gewesen. Und jemand, der alles dafür tue, seine Träume zu verwirklichen. Zwei weitere Ziele hat sie bereits im Fokus: Eines Tages möchte sie beim FC Barcelona spielen. Und an der Europameisterschaft 2025 endlich die Schweiz vertreten. Und das nachholen, was ihr dieses Mal verwehrt geblieben ist.