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Ninja Warrior Joel Mattli

«Die Fans von früher sind heute meine Gegner»

Höher, schneller, weiter. Der Ninja-Sport entwickelt sich. Und er hält mit: Der Zürcher Joel Mattli ist einer der Stars der deutschen Ninja-Szene. In der neuen Staffel will er sich zum «Ninja Warior Germany» krönen.

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Joel Mattli, 2024

Trainiert bis in die letzte Fingerspitze. Aktuell laboriert Joel Mattli allerdings an einer Schulterverletzung.

David Biedert

Wer Joel Mattli (30) in Jeans und Lederjacke am Katzensee sitzen sieht, Gitarre spielen und singen hört, würde nicht gleich auf die Idee kommen, dass er ein Profisportler ist. Jeder Ton sitzt. Dazu hat er ein abgeschlossenes HSG-Studium. Seine Brötchen verdient der Zürcher aber als Ninja Warrior.

Entdeckt hat er seine Leidenschaft während eines Austauschjahres in den USA. «Damals kam dieser neue Sport dort auf und hat mich sofort fasziniert. Ich habe angefangen, alles Mögliche zu trainieren, habe Street-Workouts absolviert, mit Eigengewicht gearbeitet.» Mattli wird immer besser, leitet im Sand von Kalifornien Bootcamps. «Als ich zurück in der Schweiz war, kam die Show nach Deutschland. Ich habe mich sofort angemeldet, sie haben mich aber nicht genommen», sagt er lachend.

Joel Mattli aus der Schweiz in der Vorrunde. BB: Neunte Staffel, Vorrunde, AZ 13.04.2024, AZ 1 Joel Mattli, Ninja Warrior Winner

Joel Mattli an einem «Ninja Warrior»-Hindernis. Anfangs abstürzen ist weniger schlimm als im Final – so kurz vor dem Ziel.

RTL / Markus Hertrich

Der Ehrgeiz ist geweckt. Immer mehr Energie und Zeit steckt Joel Mattli in seine Leidenschaft, eignet sich Griff- und Fingerkraft an. Ein Jahr später wird er von «Ninja Warrior Germany» eingeladen, an der Show teilzunehmen, und er schafft es bis in den Halbfinal. «Mich fasziniert, dass du alles trainieren kannst, und alles hilft. Es braucht auch die Fähigkeit, im richtigen Moment die beste Leistung abzurufen. Und es kommt immer wieder etwas, das selbst wir alten Hasen noch nie gesehen haben.»

Bei «Ninja Warrior» geht es darum, verschiedene Hindernisse möglichst schnell und fehlerfrei zu überwinden. Es gibt Sprunghindernisse, einige verlangen Koordination, am häufigsten müssen sich die Athletinnen und Athleten aber zum nächsten Hindernis hangeln. «Anfangs hatten Boulderer grosse Vorteile gegenüber anderen Sportlern», weiss Joel Mattli. Inzwischen hat sich der Sport grundlegend verändert. «Was ich am Anfang konnte, reicht heute bei Weitem nicht mehr. Früher kamen verschiedene Sportler zusammen, Boxer, Boulderer, Fussballer, und jeder zeigte sein Bestes. Heute ist Ninja eine eigene Sportart mit einer eigenen Community und riesigen Hallen, wo bereits Kinder trainieren. Meine früheren Fans sind heute meine grössten Konkurrenten.»

Einmal holt er sich den Titel

Trotzdem: Mattli hat sich nie abhängen lassen, hat seine Leistung den gesteigerten Anforderungen angepasst. Seit 2018 kommt er in der deutschen Version stets in den Final. In Österreich gelingt ihm sogar einmal der Sieg, 2022 wird er zum «Ninja Warrior Austria» gekürt. «Der Sieg kam nicht von ungefähr», erzählt Joel Mattli und wirkt zum ersten Mal nachdenklich. «Ein Jahr vor diesem Sieg starb mein Vater an Krebs. Er hat mich immer unterstützt, ich habe unzählige Videos mit ihm analysiert, er hat stets an mich geglaubt.» Er sei seit seiner Kindheit in einem Zwiespalt gewesen, habe sich nicht getraut, voll auf eine Karte zu setzen. «Ich wollte in St. Gallen studieren und trotzdem Profisportler sein.»

Joel Mattli, 2024

Mit der Gitarre am Katzensee. Die Musik hilft Joel Mattli, sich zu erden und zu entspannen.

David Biedert

«Eine Sprachnachricht meines verstorbenen Vaters motiviert mich jeden Morgen»

Joel Mattli

Im Jahr nach dem Tod seines Vaters Felix konnte Mattli alles auf eine Karte setzen, trainieren, beweisen, was in ihm steckt. «Das Training war auch eine Art Therapie. Ich bin jeden Morgen geweckt worden von einer Sprachnachricht, in der mein Vater mir sagte, ‹du wirst Ninja Warrior›. Das hat mich motiviert.» Er kommt in Deutschland bis kurz vor das letzte Hindernis, den «Mount Midoriyama», in Österreich erklimmt er dieses – das ist bisher weltweit nur wenigen Sportlern gelungen.

Das Glück der Kinder zählt

Nicht nur Papa Felix wäre stolz. Auch Mama Elfie (63) und Schwester Lorina (33) stehen Joel zur Seite. «Seit dem Tod meines Mannes habe ich eine andere Sicht auf das Leben», erzählt Elfie Mattli. «Für mich ist das Wichtigste, dass meine Kinder glücklich sind und sie das tun, was ihnen Spass macht. Ich habe keine Angst um Joel. Er hat eine solide Ausbildung gemacht, ich habe keine Bedenken, dass er mal abstürzen könnte.» Angst hat Mama Elfie eher, «wenn ich verrückte Fotos von Joel auf irgendeinem Berggipfel sehe».

Joel Mattli mit Schwester Lorina (l.) und Mutter Elfie (m.), 2024

Mit Schwester Lorina (l.) und Mama Elfie im Wohnzimmer. Die Frauen sind stolz auf Joels Leistungen, begleiten ihn oft zu Shows.

 

David Biedert

Inzwischen kann Mattli auch gut von seinen Einnahmen als Influencer leben, hat eine riesige Fanbase. Zudem besucht er Schauspielcastings. Sein Traum wäre es, in einem Actionfilm mitzuspielen, die Leidenschaft für den Sport mit der für die Schauspielerei zu verbinden. «Ich reise sehr gern, lerne Sprachen, bin offen für fremde Kulturen. Und ich bin Unternehmer, vertreibe ein eigenes Fitnessgerät.»

Erst aber richtet sich sein Fokus auf die neue Staffel von «Ninja Warrior Germany». Wie weit kommt er? Er grinst verschmitzt. Das darf er nicht verraten. Ein Geheimnis gibt er doch noch preis: «Das Wasser, in das wir fallen, wenn uns ein Hindernis misslingt, ist kalt.» Ins Wasser plumpsen will er in der aktuellen Staffel auf keinen Fall. Doch Joel Mattli weiss auch: Fallen ist okay. Wenn man danach wieder aufsteht.

Von Nadine Gerber am 4. November 2024 - 06:00 Uhr