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50 Jahre Frauenstimmrecht

«‹Die Frauen› als homogene Gruppe gibt es nicht»

Durch eine eidgenössische Abstimmung wurde 1971 in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt. 50 Frauen blicken für die Schweizer Illustrierte zurück – und wagen einen Blick in die Zukunft. Heute: Ökonomin Monika Bütler.

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Monika Buetler, HSG-Professorin / Oekonomin portraitiert am 6. Dezember 2017 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Befürworterin der Angleichung des Rentenalters: Ökonomin Bütler.

Keystone
Monika Buetler, HSG-Professorin / Oekonomin portraitiert am 6. Dezember 2017 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Monika Bütler

Die Frauen müssen länger arbeiten: Der meistgehörte Satz zur diskutierten AHV-Reform lässt mich als Befürworterin der Angleichung des Rentenalters etwas ratlos zurück. Denn «die Frauen» als homogene Gruppe gibt es nicht. Für Anna ist das «länger arbeiten müssen» ohne Bedeutung, weil sie ihre kranken Eltern pflegt und im Alter so oder so auf Ergänzungsleistungen angewiesen ist. Berta hat einen interessanten Job, in ihrer Pensionskasse gilt längst Rentenalter 65. Für Carla schliesslich, nicht erwerbstätige Frau eines gut verdienenden Mannes und ohne Betreuungspflichten, ist die AHV unbedeutend.

Gibt es denn gar keine Benachteiligungen der Frauen? Doch, die gibt es. Aber es lohnt sich, die Gründe dafür auseinanderzuhalten. Gewisse Faktoren hängen tatsächlich mit dem Geschlecht zusammen.

Die wissenschaftliche Evidenz zeigt eindeutig, dass Frauen und Minderheiten für gleiche Leistungen harscher beurteilt werden oder dass ihnen, gerade in der Teamarbeit, ein Erfolg weniger oft zu-geschrieben wird. Dies führt tendenziell zu Lohnunterschieden, ungleichen Beförderungschancen und tieferen Löhnen in Frauenberufen. Es ist richtig, hier anzusetzen.

Monika Buetler, Vizepraesidentin National COVID-19 Science Task Force, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur aktuellen Situation des Coronavirus, am Donnerstag, 14. Januar 2021 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
keystone-sda.ch
Zur Person

1961 geboren, gehört die Aargauerin zu den einflussreichsten Ökonominnen und Ökonomen der Schweiz. In ihrer Forschung beschäftigt sich Monika Bütler mit der Alterung der Gesellschaft, dem Arbeitsmarkt sowie politökonomischen Fragestellungen. Sie ist Mitgründerin und Herausgeberin des Blogs batz.ch. Bütler ist selbstständig, Honorarprofessorin an der HSG und Mitglied diverser Gremien in Wissenschaft und Wirtschaft.

Andere Unterschiede hängen nur indirekt vom Geschlecht ab, weil Männer und Frauen unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Nicht entschädigte Freiwilligenarbeit wird zu zwei Dritteln von Frauen geleistet. Nur: Das heisst auch, dass ein Drittel von Männern übernommen wird.

Für die gesellschaftlich wichtige Care-Arbeit braucht es gezielte Instrumente ohne Bevorteilung des einen Geschlechts. Mit einem generellen Frauenbonus werden die Rollen zementiert und der alleinerziehende Vater mit kleinem Einkommen gegenüber der privilegierten Carla benachteiligt.

Wenn Ungleichheiten mit Ungleichheiten aufgewogen werden, erreichen wir keine Gleichstellung. Wir müssen die Probleme dort angehen, wo sie sich stellen. Das tiefere Rentenalter ist kein Pfand für Zugeständnisse in anderen Gebieten, sondern eher eine Ausrede, nicht hinzuschauen zu müssen, wo es wirklich nötig ist.

Von Monika Bütler am 17. Juni 2021 - 11:28 Uhr