Der Platz vor dem Schulhaus in Boltigen BE ist brechend voll – alle warten, dass ihr Held erscheint. Das Dorf hat nur knapp 1300 Einwohner – hier kennt jeder jeden. «Wir sind so stolz auf ihn», erzählen die Geschwister Lisa und Emil Poschung. Zusammen mit den anderen Kindern des Skiclubs Boltigen dürfen sie Franjo von Allmen (23) auf einer Kutsche zum Empfang begleiten.
Sogar auf den offiziellen Strassen beschriftungen wird Franjo von Allmens WM-Coup gefeiert.
Nik HungerApplaus brandet los auf dem Schulgelände, als das Gespann einbiegt. «Franjo ist ein bodenständiger Typ», erzählt Alain Poschung, Gemeinderatspräsident und Vater von Lisa und Emil.
Albert Wampfler, Gemeindepräsident von Boltigen, Franjo von Allmen, Vize-Gemeindepräsident Alain Lüthi und Gemeinderatspräsident Alain Poschung (v. l.).
Nik HungerIrène Bieri erzählt, Franjo habe bereits an den Schülerskirennen stets gesiegt. Es habe einen Wanderpokal gegeben, doch wer ihn dreimal gewann, habe ihn behalten dürfen. «Die Schule musste ständig neue Pokale herstellen lassen.»
Rahel Trachsel war Franjos Lehrerin in der Oberstufe. Man habe Franjos Skitalent schon früh bemerken können.
Nik HungerIhr Ehemann Walter Bieri erinnert sich: «Franjo ist von der Schule mit dem Velo nach Hause gefahren – aber nicht normal, nein, er kam immer auf dem Hinterrad hier um die Kurve.» Rahel Trachsel war in der Oberstufe Franjos Lehrerin und ist stolz auf ihren ehemaligen Schützling. «Er war ein angenehmer, pflichtbewusster, entspannter, lustiger und sehr guter Schüler.» Ueli Kropf kommt mit Ehefrau Stefanie und Kindern Tessa und Christian. Diese hoffen, ein Autogramm zu ergattern. «Franjo redet mit jedem und ist einfach eine coole Socke.»
Franjos WM-Frisur nach der Abfahrt: Für Fan Walter Bieri ist sie Alltag. Er hat noch das Franjo-Logo hinzugefügt.
Nik HungerFranjo von Allmen, ist es nun bei Ihnen angekommen, dass Sie Abfahrts- und Team-Kombinations-Weltmeister sind?
Als ich nach Hause kam, dachte ich, es ist schon alles gesackt. Doch dann habe ich den Aufruhr hier gesehen und gemerkt, es sind nicht alle Emotionen verarbeitet. Ich glaube, das braucht noch ein paar Tage.
Das halbe Simmental ist auf den Beinen, um seinem Weltmeister Tribut zu zollen. Und dieser dankt es mit lustigen Sprüchen.
Nik HungerWas bedeutet Ihnen der Empfang hier in Ihrem Heimatdorf?
Es ist unglaublich schön. So viele bekannte Gesichter. Ich konnte mit vielen reden, es war sehr emotional. Für mich ist klar: Ich bleibe Franjo und möchte in meinem Dorf als einer von ihnen wahrgenommen werden. Manchmal kommen Kinder und haben fast Tränen in den Augen. Da wird mir meine Vorbildrolle bewusst.
Was bleibt Ihnen von der WM?
Die Haare zumindest mal nicht (lacht schallend). Ernsthaft: Unser Team-Spirit ist schon sehr einzigartig. Wir können uns aufbauen, wenn es nicht so läuft, und pushen, wenn es gut geht. Wir freuen uns füreinander. Das geht nicht vergessen.
Was bringt Sie bei einem Skirennen am meisten aus der Ruhe?
Wenn ich bei Interviews auf Französisch antworten muss (lacht). Die Team-Kombination, als ich Loïc zuschaute, war auch nervenaufreibend. Cool war, das aus dieser Perspektive zu sehen.
Hinten auf Ihrem Helm prangt die Nummer 96. Was ist der Grund dafür?
Eine sehr private Geschichte. Es geht um einen Freund, der einen schweren Töffunfall hatte und jetzt im Rollstuhl sitzt. Ich bewundere ihn für seinen Weg, er hat auch nach dem Unfall stets eine positive Einstellung. Das beeindruckt mich. Die 96 – das war seine Töffnummer – ist ihm gewidmet.