«Papa, komm auch auf den Bären!», ruft der vierjährige Henry. Strahlend reitet der Kleine auf dem riesigen Plüschtier. Er ist nicht etwa im Kindergarten – sondern beim Schuhkauf in der Kinderabteilung von Walder im Migros City in Zürich. Henry ist der Sohn von Geschäftsführer Daniel Walder (43). Heute gibts ein paar neue Kinderschuhe. «Der ist megacool», sagt seine Tante Martina (40). «Komm, stell deinen Fuss hier drauf», ermuntert ihn Tante Sandra (42) «wir schauen, wie gross deine Füsse schon sind.»
Martina Walder ist in der Geschäftsleitung für den Damen- und Herrenschuheinkauf, Sandra Furger-Walder für den Kinderbereich verantwortlich. «Wir vermessen zuerst die Füsse jedes Kindes», sagt sie. So könne sich die Schuhberaterin ein exaktes Bild machen: «Sie trifft eine Vorauswahl und bringt dann die passenden Modelle zum Anprobieren.»
Als Mutter von drei Kindern im Alter von 10, 11 und 12 Jahren weiss Sandra Furger-Walder bestens: «Die Kleinen bewegen sich viel. Da braucht es widerstandsfähige Schuhe mit optimalem Halt.» Weil Kinder meist nicht so gern shoppen, locken die Kinderabteilungen und die drei Spezialfilialen Walder Junior mit Clownteppich und Plüschtieren zu Spiel und Spass.
Beratungspersonal statt Verkaufspersonal
Walder beschäftigt 230 Mitarbeitende, 190 davon sind an der Front in den 28 Filialen in der ganzen Schweiz im Einsatz. Es sind keine Schuhverkäuferinnen – es sind Schuhberaterinnen. Sie werden in der eigenen Academy fit gemacht. «Ausbildung und Kundenservice sind für uns matchentscheidend», sagt Daniel Walder. Trotz des Onlinebooms investiert Walder weiterhin in den stationären Handel. Das sei ein Miteinander. Typisch dafür ihr Click-&-Collect-Angebot: Die Kundschaft kann die Schuhe online reservieren – und dann in einer Filiale mit fachkundiger Beratung probieren und, wenns passt, kaufen.
Enges Familienverhältnis stärkt auch das Business
Was beim Schuhkauf mit Klein Henry auffällt: Die Geschwister lachen und blödeln nicht nur mit dem Buben, sondern auch miteinander. Selbst im knallharten Daily-Business? «Seit der Gründung 1874 hatten zwanzig Familienmitglieder aus sechs Generationen die Leitung von Walder», so Sandra Furger-Walder. Es müsse in der Familie liegen, dass sie es gut miteinander können, meint sie und lacht. Klar, seien sie in der vierköpfigen Geschäftsleitung – neben den drei Walders noch Finanzchef Sven Gerspacher – nicht immer gleicher Meinung. «Doch wir finden falls nötig immer einen Kompromiss.»
Das liegt wohl auch daran, dass die Walder-Geschwister völlig vom Schuhvirus angesteckt sind. «Schon als Kinder verdienten wir unser Sackgeld beim Vorbereiten der gelieferten Schuhe für den Verkauf», erinnert sich Martina Walder. Und für Daniel war sein späterer Berufsweg schon in der Schule klar: «In die beliebten Freundschaftsbüchlein schrieb ich als Berufswunsch nicht Astronaut, sondern Schuhdirektor.»
Haben die drei einen Schuhtick? «Klar, ich schaue jeder Person zuerst auf die Schuhe», verrät Sandra Furger-Walder. Das sei so, wenn man von Kindesbeinen an mit Schuhen zu tun habe. Zu Hause im Schrank stehen bei ihr 20 bis 30 Paar. Bei Daniel sind es 30. «Bei mir zwischen 60 und 70», sagt Martina Walder. Als Verantwortliche für den Einkauf will sie möglichst viele Schuhe selber ausprobieren. «So sieht man die Topqualität.» Momentan beschäftigt sie sich stark mit Schweizer Marken: «Im Zürcher Sihlcity haben wir unser erstes Swiss Lab geschaffen.» Hier dreht sich alles um Schweizer Brands. Das ist auch eine kleine Erinnerung an die Anfänge: Vor 150 Jahren hat Walder selber als Schuhhersteller begonnen.